Bryan Adams: Der unglamouröse Rockstar wird 60
Der Kanadier Bryan Adams ist nicht nur mit der Gitarre in der Hand äußerst erfolgreich. Am Dienstag wird er 60 Jahre alt.
Es gibt da diese hübsche kleine Geschichte vom Rockstar, den keiner wahrnimmt: Bryan Adams, der mehr als 100 Millionen Tonträger verkauft hat, saß auf einem kleinen Platz in Ulm und aß eine Brezel – und keiner erkannte ihn. Er war gerade auf Besuch beim Pressesprecher der Zeiss-Werke in Oberkochen, der ein Ulmer ist. Was hat Bryan Adams mit Zeiss zu tun? Dort werden zwar keine Gitarren hergestellt, dafür aber hochwertige Linsen, die der Rockstar für sein zweites künstlerisches Standbein benötigt, die Fotografie. Bryan Adams ist der wohl unglamouröseste Popstar, den man sich denken kann. Er sieht mit seinem tief gekerbten Gesicht nicht wie ein Posterboy aus, doch dafür hat er viel mehr Platten verkauft als etliche der schönen Stars und Sternchen, deren Poster allerdings auch zügig wieder von der Wand verschwinden. Heute feiert er seinen 60. Geburtstag – und rockt auch nach 40 Karrierejahren einfach weiter, wenn auch weniger hemdsärmelig und weniger kraftvoll als früher.
Der Hardrock von Bryan Adams war nie grob
Weil Bryan Adams nun mal aus Kanada stammt und stets unkompliziert gestrickte Lieder spielte, wurde er früher gerne mal in die Holzfäller-Ecke geschoben, doch da gehört er nicht hin. Sein Hardrock war nie grob und unbehauen, sondern hatte stets fein gedrechselte Mitsing-Refrains, die von Adams’ Sandpapier-Stimme schön aufgeraut waren. Mit solchen Stimmbändern lassen sich auch wunderbar Balladen singen, die das gewisse Etwas an Ungeschliffenheit besitzen. Vor allem mit Schleichern wie „(Everything I Do) I Do For You“ oder „All For Love“ hat Bryan Adams seine kommerziellen Triumphe gefeiert und Radiohörer glücklich gemacht.
Cover-Rockbands bringen dagegen die Massen gerne mit seinen unverwüstlichen Rockern vom Schlage „Run To You“ und vor allem „Summer Of ’69“ in Schwung. Wobei gerade dieser Song, der wie die nostalgische Rückschau auf eine wilde Rockband-Jugend klingt, eher damit zu tun hat, dass Bryan Adams schon früh ein horizontales Vergnügen für sich entdeckte, das sich mit der Zahl 69 ausdrücken lässt. Heute spielt er zwar immer noch Rockmusik, doch die tönt glatt gebügelter und gefälliger als in den 80er und 90er Jahren.
Bryan Adams im Dienst der guten Sache
Hart und schonungslos zeigt sich Bryan Adams zuweilen mit der Kamera. Sein Bilderzyklus „Wounded – The Legacy Of War“ zeigt britische Veteranen der Kriegseinsätze in Afghanistan und im Irak: Männer und Frauen mit furchtbaren Narben, ohne Arme, ohne Beine, gezeichnet fürs Leben. Doch Bryan Adams gibt ihnen ihre Würde zurück, zeigt sie selbstbewusst und trotz aller Versehrtheit stark. Er kann eben deutlich mehr als nur unterhalten. Nicht selten stellt der überzeugte Veganer seine Unterhaltungskunst in den Dienst der guten Sache, rockt gegen Hunger und Not, für den Regenwald und die Rettung der Wale. Das ist zwar unglamourös, aber höchst verdienstvoll.
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