Was ist Christopher Street Day - und seit wann gibt es CSD in Deutschland?
Christopher Street Day - auch als CSD oder Gay Pride bekannt - wird jedes Jahr am 28. Juni begangen. Der Tag erinnert an einen Aufstand von Homosexuellen vor 50 Jahren.
Der „Christopher Street Day“ 2019 (CSD) erinnert an den Aufstand Homosexueller gegen Polizeigewalt und Repressionen vor genau 50 Jahren im New Yorker Stadtteil Greenwich Village. Weltweit demonstrieren Schwule, Lesben, Transgender und Bisexuelle an diesem Tag für ihre Rechte und gegen Ausgrenzung - oft in Form farbenprächtiger und fröhlicher CSD-Paraden.
Geschichte und Bedeutung: Was ist Christopher Street Day - und warum ist er am 28. Juni?
Am 28. Juni 1969 feierten rund 200 Menschen, darunter viele Homosexuelle, in der beliebten Bar "Stonewall Inn" in der Christopher Street im Greenwich Village, als auf einmal acht Polizisten hereinkommen. Alkohol-Ausschank an Schwule war damals in den USA verboten, miteinander tanzen durften sie auch nicht. Doch die Razzia, eine von vielen zur damaligen Zeit, war anders als zuvor. Denn als die Polizisten eine lesbische Frau abführten und im Handgemenge mit einem Schlagstock traktierten, hatte die feiernde Menge genug.
Es kam zu offenem Protest und Widerstand, der später als Stonewall-Aufstand bekannt werden soll. "Wir hatten nichts, und so hatten wir nichts zu verlieren", erinnert sich Tommy Lanigan-Schmidt, der damals dabei war. Flaschen und Steine fliegen auf die Polizisten, die sich bald von 600 Menschen bedrängt sahen. Die Krawalle rissen auch in den Folgetagen nicht ab und das "Stonewall Inn" wurde zur Keimzelle der Protestbewegung der Schwulen gegen Ausgrenzung und Polizeigewalt.
Wann wurde der Christopher Street Day erstmals gefeiert?
Schon zum ersten Jahrestag der Krawalle zogen rund 4000 Homosexuelle durch New York und forderten Gleichberechtigung. Heute erinnert der jährliche Christopher Street Day (CSD) weltweit an die Vorfälle. Er steht für das Selbstbewusstsein der LGBTQ-Gemeinschaft (englische Abkürzung für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle und queer) und ihren Widerstand gegen Diskriminierung.
Seit wann gibt es CSD in Deutschland?
In Deutschland dauerte es noch bis 1979, ehe Homo- und Transsexuelle mit einer öffentlichen Demonstration auf ihre Situation aufmerksam machten. Sie litten besonders unter dem Paragraphen 175 des Strafgesetzbuches, der sexuelle Handlungen zwischen Männern unter strenge Strafe stellte. In Berlin und Bremen fanden die ersten Demonstrationen statt. Am Berliner Savignyplatz trafen sich etwa 450 Schwule und Lesben, anschließend spazierten sie geschlossen über den Kurfürstendamm.
Heute wird der CSD in Deutschland zu verschiedenen Terminen mit Paraden, Straßenfesten und Demonstrationen gefeiert. In Köln zieht die CSD-Parade am 7. Juli durch die Stadt, in Berlin am 27. Juli.
Meilensteine der Homosexuellen-Bewegung in Deutschland
Heute sind Schwule und Lesben Heterosexuellen in Deutschland rechtlich fast gleichgestellt. Doch das war kängst nicht immer so. Ein Rückblick:
- 1949: Die neu gegründete Bundesrepublik lässt den von den Nazis verschärften Strafrechts-Paragrafen 175 bestehen. Er bestraft "widernatürliche Unzucht zwischen Männern" egal welchen Alters.
- 1969: Die sozialliberale Regierung von Willy Brandt entschärft den Paragrafen 175. Ab dem 1. September ist praktizierte männliche Homosexualität unter Erwachsenen nicht mehr strafbar.
- 1971: "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt" von Rosa von Praunheim wird uraufgeführt. Der Film kritisiert die Gesellschaft, aber auch die verzagte Schwulen-Szene.
- 1972: In Münster findet die erste Schwulendemo in der Geschichte der Bundesrepublik statt.
- 1979: In Bremen und Berlin finden erstmals Demos als Christopher Street Day (CSD) statt.
- 1990: Erster schwuler Fernsehkuss in der ARD-Serie "Lindenstraße". Bei RTL geht die Komikerin Hella von Sinnen bereits seit 1988 in der Spielshow "Alles Nichts Oder?!" offen mit ihrem Lesbischsein um.
- 1991: In der RTL-Show "Explosiv - Der heiße Stuhl" outet Rosa von Praunheim in ihrer Abwesenheit Hape Kerkeling und Alfred Biolek.
- 1994: Der "Schwulenparagraf" 175 fällt. Im Westen Deutschlands galt ein höheres Schutzalter für gleichgeschlechtlichen Sex als im Osten.
- 2001: Die eingetragene Lebenspartnerschaft für Homosexuelle wird deutschlandweit eingeführt.
- 2001: Der Spitzenkandidat der Berliner SPD, Klaus Wowereit, improvisiert auf einem Sonderparteitag den Satz "Ich bin schwul, und das ist auch gut so".
- 2009: Als erster offen schwuler Politiker wird FDP-Chef Guido Westerwelle Vizekanzler und Außenminister.
- 2014: Dreizehn Jahre nach Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft leben und wohnen 84 000 Menschen so zusammen. (AZ)
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