Cathy Hummels als großes Vorbild: Ist Influencer ein richtiger Beruf?
Influencer präsentieren sich selbst und die unterschiedlichsten Produkte. Manche von ihnen werden damit reich. Wie wird man Influencer? Und ist das ein Beruf?
Mal im Kleidchen vor einer saftig grünen Hecke, mal im knappen Oberteil, mal lachend mit Ehemann Mats Hummels und Sohn: Cathy Hummels ist nicht nur die Frau des Profifußballers, sondern auch erfolgreiche Influencerin. Als solche postet sie im sozialen Netzwerk Instagram Bilder aus ihrem – vermeintlichen – Privatleben. Denn Hummels verdient ihr Geld mit Werbung für Produkte, die sie auf ihren Fotos zeigt. Was ihr den Vorwurf der Schleichwerbung einbrachte und kürzlich erst einen Prozess vor dem Oberlandesgericht München – den sie gewann.
Ist Influencer ein Beruf? Die Branche ist rasant gewachsen
Hummels verdient ihr Geld in einem rasant gewachsenen Tätigkeitsfeld. Einem, in dem die Grenze zwischen Privatem und Beruf oft verschwimmt. Und nicht einmal klar ist, ob „Influencer“ überhaupt ein Beruf ist.
Auch Vreni Frost, die unter anderem in Augsburg studierte, ist ein bekanntes Gesicht im Netz. Sie bezeichnet sich selbst als Bloggerin der ersten Stunde. Vor mehr als zehn Jahren gründete die Medienwissenschaftlerin den Blog „neverever.me“. Damals noch als „reines Hobby“. Sie schreibt über die Themen Mode, Lifestyle, Reise oder Beauty. So wie es viele junge Frauen in sozialen Netzwerken inzwischen tun. Als sie begann, habe es nur etwa „30 relevante Mode-Blogger“ gegeben. Ihr Glück, meint Frost rückblickend. Nach etwa sechs Jahren wurden erste Werbepartner auf sie aufmerksam, irgendwann machte sich Frost selbstständig. Ihr erster Kunde, ein Online-Schuhshop, zahlte 80 Euro, damit sie ihn auf ihrer Seite bewarb. „Ich war begeistert, dass mich jemand für mein Hobby bezahlt“, sagt sie. Heute würde sie dieses Angebot nicht mehr annehmen. Erfolgreiche Influencer erhalten Medienberichten zufolge bis zu 38.000 Euro pro Beitrag.
Großer Wandel in der Branche: Die Konkurrenz der Influencer ist enorm
Vieles hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Die Konkurrenz ist enorm, die Branche hat sich professionalisiert. Jugendliche äußern bereits als Berufswunsch: Influencer. Doch wie wird man das?
Darauf hat Marlis Jahnke, Geschäftsführerin einer Influencer Marketing Agentur, eine Antwort: Netzwerke aufbauen, aus dem Privaten heraus über Freunde Reichweite generieren, die richtige Nische finden. Ab einem gewissen Bekanntheitsgrad kommen dann Agenturen wie ihre ins Spiel: Ihr Geschäftsmodell besteht darin, Influencer mit passenden Unternehmen zu verknüpfen.
Wie groß die Reichweite wird, hängt dabei stark von Algorithmen ab – Computerprogrammen, die nach bestimmten Kriterien entscheiden, wann Nutzern welche Inhalte angezeigt werden. Was bedeutet: Täglich bis zu vier Beiträge und 20 Storys – kurze Videos – veröffentlichen, sagt Frost. Sonst sinken Reichweite und Einnahmen. „Viele der großen Influencer sind durch das Fernsehen bekannt“, erklärt die Bloggerin dazu. Auf diese Weise gelinge der Einstieg in die digitale Werbewelt einfacher. Der Druck auf Influencer, stetig neue Inhalte zu produzieren, ist sehr hoch.
Ein Richter muss entscheiden, ob es Schleichwerbung ist
Ein Ausbildungsberuf ist Influencer trotz der Entwicklung der vergangenen Jahre aber noch lange nicht. Bislang gibt es keine konkrete Berufsbeschreibung, Regularien müssen sich erst finden – und mit der Unterscheidung zwischen Werbung und privaten Inhalten haben sogar Richter ihre Schwierigkeiten. Ist es Schleichwerbung, ein Produkt in einem Beitrag zu zeigen, für das Influencer nicht bezahlt werden? Mal entscheiden Gerichte so, mal so.
Auch Vreni Frost erlebte vor Gericht beides, wie auch Cathy Hummels. Diese hatte auf Instagram Produkte in ihren Beiträgen veröffentlicht, ohne diese als Reklame zu kennzeichnen. Ende Juni entschied das Oberlandesgericht München, es sei keine „geschäftliche Handlung“ erkennbar, die Influencerin habe keine Vergütung erhalten.
Marketingexpertin Marlis Jahnke empfiehlt Influencern, Marken gar nicht erst zu verlinken. Die Erfolge von Hummels oder Frost vor Gericht könnten ihrer Ansicht nach richtungsweisend sein. Gleichwohl gilt grundsätzlich auch im Online-Marketing, dass Werbung gekennzeichnet sein muss. So wie die Trennung von redaktionellen Inhalten und Anzeigen.
Vreni Frost versieht ihre Beiträge mittlerweile mit dem Wort „Werbung“ – selbst wenn es sich um private Inhalte handelt. Wenn sie von ihrer Arbeit spricht, distanziert sie sich vom Begriff „Influencer“. Der Fokus ihrer Arbeit liege auf redaktionellen Inhalten, sagt sie. Werbung nutze sie als Finanzierungsmittel. Selbst ihr fällt es schwer, zu erklären, was genau ein Influencer ist. „Der Begriff ist noch unscharf. Für mich sind es Menschen, die sich in eher oberflächlichem Kontext auf Instagram abbilden und auf Kommerz ausgerichtet sind.“ Damit identifiziere sie sich nicht. Sie vergleicht ihren Blog mit Lifestyle-Magazinen. Er gehört der Vergangenheit an, Frost hat ihn stillgelegt. Sie ließ sich zur Synchronsprecherin ausbilden und arbeitet nun fast ausschließlich als Autorin, Sprecherin und Moderatorin.
Lesen Sie hierzu auch:
- Werbung auf Instagram muss klar gekennzeichnet werden
- Audio, Influencer und Big Data: Trends im Digitalmarketing
- Loredana, der Gangsta-Rap und das wahre Leben
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.
Die Diskussion ist geschlossen.