
GEZ will Geld von toten Kindern

Die Eltern bekamen einen Schock, als sie die Post öffneten. Die GEZ hat ihre beiden Kinder zur Anmeldung ihrer Rundfunkgeräte aufgefordert. Doch die Kinder sind vor über 18 Jahren gestorben.
Die GEZ hat zwei Kinder, die schon vor über 18 Jahren gestorben sind, zur Anmeldung ihrer Rundfunkgeräte aufgefordert. Inzwischen "bedauert" man die Schreiben.
Für die Eltern aus dem baden-württembergischen Alb-Donau-Kreis waren die Briefe der GEZ, die kürzlich eintrafen, ein Schock: "Es ist alles wieder hochgekommen", sagte der Vater der beiden toten Kinder der Südwestpresse. Im Jahr 1990 starb die Tochter zweijährig, 1992 der Sohn mit neun Monaten. Beide Briefe kamen am selben Tag, den zweiten hat das Paar erst gar nicht mehr geöffnet.
In dem Standardschreiben der GEZ stand: "Sie verdienen bereits eigenes Geld und halten im Haushalt Ihrer Eltern Rundfunkgeräte zum Empfang bereit? Dann müssen Sie die Rundfunkgeräte in ihrem Zimmer oder in dem auf sie zugelassenen Kraftfahrzeug extra anmelden."
Wie es zu diesem "dicken Schnitzer der GEZ" kommen konnte, erklärt Evelyn Keßler von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg auf Nachfrage von AZ-Online. Sie vermutet dahinter einen Adresshändler, der die Daten möglicherweise aus standesamtlichen Mitteilungen bekommen haben könnte. Die kauft dann die GEZ. "Leider erlaubt das sogenannte Listenprivileg den Adresshandel in Deutschland ohne ausdrückliche Zustimmung des Adressinhabers", sagt Keßler. Auch Kommunen würden Daten verkaufen. Wer sich dagegen schützen will, so Keßler, muss ausdrücklich Widerspruch einlegen.
Als weitere Quellen kämen Umfragen, Kundenkarten oder Preisausschreiben infrage: "Preisausschreiben dienen in erster Linie der Adressakquise. Niemand hat etwas zu verschenken", sagt die Verbraucherschützerin.
Überall, wo man sich registriere, sei es schwer, zu kontrollieren, was mit den Daten passiert. Will man aus den Adresssammlungen getilgt werden, könne dies zu einer mühsamen Odyssee werden, weiß Keßler. Wenn Kunden beispielsweise persönlich adressierte Werbepost bekommen, haben sie das Recht, Nutzung und Weitergabe zu unterbinden und zu erfahren, woher der Anbieter die Daten hat. So kann es passieren, dass man von einem Adressnutzer zum nächsten gereicht wird. Ob dann die geforderte Datenlöschung tatsächlich stattfindet, kann der Verbraucher nicht kontrollieren: "Wenn es dumm läuft, habe ich einen Rattenschwanz von Einschreibebriefen und doch keine Sicherheit", sagt Keßler.
Die GEZ bedauert den Fall inzwischen "zutiefst". Auf Nachfrage von AZ-Online sagte eine Sprecherin der GEZ, dass sich der zuständige Abteilungsleiter bereits bei der Familie entschuldigt und auch der Geschäftsführer ein Entschuldigungsschreiben geschickt habe.
In dem Brief sei auch der Name des Adresshändlers genannt wurde. Darum, dass die Namen der Kinder gestrichen werden, muss sich die Familie aber selbst kümmern: "Dies können nur die betroffenen Personen selbst", sagt die GEZ. Intern seien die Namen bereits in eine anonymisierte Sperrdatei aufgenommen worden.
Zudem weist die GEZ darauf hin, dass die Daten nicht gekauft worden seien, sondern gemietet. Gleichzeitig übt die Gebühreneinzugszentrale Kritik am Datenhändler: "[Die Adresshändler] sind vertraglich dazu verpflichtet, die an uns übermittelten Adressen vorab gegen Verstorbenen-Dateien abzugleichen." Dies geschah offensichtlich nicht.
Neben Adresshändlern bezieht die GEZ laut eigener Aussage die Daten von den Einwohnermeldeämtern. Außerdem ist sie vom Gesetz berechtigt, im Markt erhältliche Adressen anzumieten. Dass es dabei auch vorkommt, dass Adressen von Verstorbenen einfließen, sei bedauerlich.
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