Der Gartenzwerg - geliebt, verpönt, "befreit"
Hamburg (dpa) - Der "Skandal" in Nürnberg über einen Wichtel mit "Hitlergruß" hat ihn einmal mehr in den Blick gerückt: den Gartenzwerg. Er wird geliebt oder gehasst.
Ob aus Ton oder schnödem Kunststoff - die Wichtel spalten die Welt in Gegner und Anhänger. Für die einen Symbol vermeintlich spießiger Schrebergarten-Mentalität gilt er bei vielen Gartenfreunden als unverzichtbarer Schmuck des heimischen Rasens. Seine Freunde sollen mittlerweile mehr als 25 Millionen Exemplare in Deutschland aufgestellt haben.
Auch in der Schweiz, Österreich, Frankreich und Nordamerika breiten sich die Zipfelmützen immer mehr aus.
Der klassische Gartenzwerg ist mittelalterlichen Bergleuten nachempfunden. Er trägt Schaufel, Laterne, Lederschürze und rote Mütze. Als Heimat gilt Thüringen. Hier sollen die possierlichen Figuren im 19. Jahrhundert gleichsam als Statue für Bürgerliche entstanden sein. Richtig populär wurden die Gartenzwerge erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Vorbilder waren entsprechende Zwergenstatuen in barocken Schlossgärten. "Der erste Gartenzwerg wurde 1872 in einer Terrakotta-Manufaktur im thüringischen Gräfenroda geboren", bestätigt "Zwergenpapst" Fritz Friedmann, Vorsitzender der Internationalen Vereinigung zum Schutz der Gartenzwerge (IVZSG).
Moderne Varianten stoßen nicht nur bei Anhängern traditioneller Modelle auf Ablehnung. Schon mehrfach beschäftigten Gartenzwerge mit entblößtem Hinterteil, einem Messer im Rücken oder erhobenem Mittelfinger in den vergangenen Jahren die Gerichte, weil Nachbarn sich provoziert fühlten.
Die 1990er Jahre brachten den Zwergenbesitzern neues Ungemach. In Frankreich wurde die "Front zur Befreiung der Gartenzwerge" gegründet. Bei "Befreiungsaktionen" wurden seit 1996 zahlreiche Zwerge aus Gärten verschleppt und nachts in Wäldern ausgesetzt. Obwohl die Gruppe bald ein Ende ihrer Aktionen ankündigte, schlugen Nachahmer auch in den Jahren danach immer wieder zu.
Schon früh hatten sich die Anhänger vor die bedrohten Zwerge gestellt. So wurde bereits 1980 in Basel die IVZSG gegründet. Friedmann und seine Freunde wollen die Gartenzwerge vor Gewalt, Verschleppung und Pulverisierung schützen. Auch der Missbrauch in der Werbung soll ein Ende haben. Nach eigenen Angaben werden die hehren Ziele von Mitgliedern auf vier Kontinenten unterstützt.
Mit dem Film "Die fabelhafte Welt der Amélie" gelang den Gartenzwergen der große Hüpfer auf die Leinwände in aller Welt. Millionen wollten das Schicksal des entführten und um die Erde reisenden Wichtels sehen, der vor dem Kreml, den Pyramiden oder einem griechischen Tempel posiert. Am Ende steht der Gartenzwerg genauso plötzlich, wie er verschwand, wieder im heimischen Garten. Der Film bestätigte eindrucksvoll das Motto von Zwergenfreund Friedmann: "Die wahre Größe liegt im Kleinen."
Die Diskussion ist geschlossen.