Döner-Morde: Verfassungsschützer unter Verdacht
Kassel/Nürnberg (dpa/lby) - Nach der bundesweiten Serie der so genannten Döner-Morde an neun Kleinunternehmern ist ein Beamter des Hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz ins Visier der Fahnder geraten. Gegen den Mann habe sich ein dringender Tatverdacht aber nicht erhärtet, obwohl er nur eine Minute vor dem letzten Mord in Kassel am Tatort war, teilte die Kasseler Staatsanwaltschaft am Freitag mit und bestätigte damit einen Bericht der "Bild"-Zeitung.
Bei der Durchsuchung der Wohnung des Beamten wurde zwar ein Polizeibuch über Serienmorde gefunden, nicht aber ein Indiz, dass ihn mit dem Kasseler Verbrechen oder den anderen Fällen in Zusammenhang bringt.
Die beispiellose Mordserie begann im September 2000. In Nürnberg gab es drei und in München zwei Morde, andere Tatorte waren Hamburg, Rostock und Dortmund. Als letztes Opfer der Mordserie war am 6. April ein türkischer Betreiber eines Internet-Cafés erschossen worden. Der in Nordhessen wohnende Verfassungsschützer habe privat in dem Internet-Café gesurft, sei aber angeblich eine Minute vor der Tat weggegangen, sagte die Staatsanwaltschaft. Von dem Verbrechen will er erst später erfahren und den zeitlichen Zusammenhang nicht gesehen haben. Deshalb habe er sich nicht von sich aus bei der Polizei gemeldet. Bislang hat die Polizei keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass der Mann sich auch an den Orten der übrigen Verbrechen aufgehalten hat.
Bis zur Auswertung sämtlicher Spuren bleibe der Beamte aber formal ein Beschuldigter, betonte die Staatsanwaltschaft. Der Mann sei vom Dienst suspendiert worden. Außerdem laufe gegen ihn ein Disziplinarverfahren, erklärte das Innenministerium in Wiesbaden.
Bis auf einen Griechen waren alle Opfer türkischer Abstammung. Alle Morde wurden mit derselben Waffe begangen, einer tschechischen Pistole der Marke Ceska, Kaliber 7,65. Sie ist das einzige Bindeglied zwischen den Taten. Ein klares Motiv haben die Ermittler bislang nicht gefunden. Die Opfer waren Gemüse- oder Blumenhändler, hatten eine Dönerbude, eine Änderungsschneiderei oder einen Kiosk.
Nach dem achten Mord hatte der Dortmunder Staatsanwalt Heiko Artkämper gesagt: "Alle Taten zeigen Züge einer Exekution. Immer wurden die Unternehmer in ihren Läden aufgesucht und mit mehrfachen Kopfschüssen niedergestreckt."
Bei der Suche nach dem Täter tappe man weiter im Dunkeln, erklärte die Kasseler Staatsanwaltschaft. Auch der Mitarbeiter des Verfassungsschutzes habe der Polizei bei seiner Befragung keine Anhaltspunkte zur Aufklärung des Falles liefern können.
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