Ex-Todeskandidatin Milke klagt offenbar gegen US-Justiz
25 Jahre hat es gedauert, dass Debra Milke von dem Mord an ihrem Sohn freigesprochen wurde. Die gebürtige Berlinerin erhebt nun schwere Vorwürfe gegen die amerikanische Justiz.
Die frühere US-Todeskandidatin Debra Milke hat der Justiz im US-Bundesstaat Arizona schwere Vorwürfe gemacht. "Ich hatte absolut nichts mit dem brutalen Mord an meinem Sohn zu tun", sagte die gebürtige Berlinerin am Dienstag (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz nach der Einstellung ihres Verfahrens. Sie habe immer daran geglaubt, dass ihre Unschuld bewiesen würde.
Ex-Todeskandidatin hat immer Unschuld beteuert
"Ich habe nur nicht gedacht, dass es 25 Jahre, drei Monate und 14 Tage dauern würde, um so einen eklatanten Justizirrtum zu berichtigen", sagte die 51-Jährige. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft sei "bösartig" gewesen. "Meine Unschuld spielte keine Rolle bei ihrem Streben nach einer Verurteilung", fügte sie hinzu.
Im Dezember 1989 hatten Polizisten Milkes vierjährigen Sohn Christopher in der Wüste nahe Phoenix gefunden, im Kopf des Jungen steckten drei Kugeln. Die Polizei nahm Milke fest, weil sie zwei Bekannte zu der Tat angestiftet haben soll - angeblich, weil ihr das Kind lästig gewesen sei und sie es auf eine Versicherungsprämie abgesehen habe.
Milke soll ihrem Sohn versprochen haben, dass er in einem Einkaufszentrum den Weihnachtsmann besuchen dürfe. Der kleine Christopher fuhr mit Milkes Mitbewohner Jim Styers und dessen Freund Roger Scott los - und kam nicht wieder. Scott hatte die Polizei damals zur Leiche geführt und in Verhören Milke beschuldigt.
Ermittler beschuldigte Milke zu Unrecht am Mord ihres Sohnes
Die Tochter einer Deutschen und eines US-Bürgers wurde 1990 wie ihre beiden Bekannten zum Tode verurteilt. Das Urteil gegen Milke stützte sich vor allem auf die Aussage des leitenden Ermittlers Armando Saldate, dem sie ihre Beteiligung an dem Verbrechen angeblich gestanden hatte.
Ein unterschriebenes Geständnis gibt es aber ebenso wenig wie Tonaufnahmen oder Zeugen. Die damaligen Geschworenen erfuhren auch nicht, dass Saldate bereits wegen Falschaussage unter Eid aufgefallen war.
Am Montag stellte das Gericht das Verfahren gegen Milke ein
Milke beteuerte stets ihre Unschuld. Ein Bundesberufungsgericht kippte im März 2013 schließlich das umstrittene Todesurteil. Im September des gleichen Jahres durfte Milke das Gefängnis gegen Kaution verlassen. Die Staatsanwaltschaft von Arizona klagte die gebürtige Berlinerin aber zum zweiten Mal an und erklärte, erneut die Todesstrafe zu fordern. Allerdings wollte Saldate nicht noch einmal in den Zeugenstand treten, weil er befürchtete, sich mit einer Aussage selbst zu belasten.
Vergangenen Dezember hob ein Berufungsgericht in Arizona die Anklage wieder auf, weil laut US-Recht niemand für dasselbe Verbrechen zwei Mal vor Gericht gestellt werden dürfe. Der Oberste Gerichtshof von Arizona lehnte es vergangene Woche ab, sich mit einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts zu befassen. Daraufhin stellte das Bezirksgericht von Maricopa County bei Phoenix am Montag das Verfahren gegen Milke endgültig ein. Nach mehr als 20 Jahren in der Todeszelle: Jetzt ist Debra Milke frei
US-Medien: Milke könnte hohen Schadenersatz erstreiten
"Ich habe bei Herrn Saldate kein Geständnis abgelegt", bekräftigte Milke in der Pressekonferenz. Ein Kind durch einen Mord zu verlieren sei "eine verheerende Tragödie mit einem unbeschreiblichen Schmerz". Noch schlimmer sei aber, fälschlich beschuldigt zu werden, am Tod des eigenen Kindes beteiligt gewesen zu sein. "Mein kleiner Sohn Christopher bedeutete alles für mich", sagte sie. "Ich vermisse ihn schrecklich und ich denke jeden Tag an ihn."
US-Medienberichten zufolge reichte Milke Zivilklage gegen die verantwortlichen Behörden ein und könnte eine hohe Schadenersatzsumme erstreiten. Die beiden Männer, die Milkes Sohn im Dezember 1989 ermordeten, warten in der Todeszelle auf ihre Hinrichtung. afp
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