Expertenteam beantwortet letzte Rätsel im Fall Kampusch
Eine Expertenkommission hat die letzten Rätsel um die Entführung von Natascha Kampusch gelöst.
Ihr Schicksal hat die Welt elektrisiert. Angesichts zahlreicher Widersprüche bei den Ermittlungen blieben aber verschiedene Fragen offen. Und es verstummten die Stimmen nicht, die behaupteten, dass kein Einzeltäter, sondern ein Kinderschänderring hinter der spektakulären Entführung der Natascha Kampusch in Wien stecken würde. Bis zuletzt gab es zudem Gerüchte, sie sei von ihrem Entführer geschwängert worden.
Rund 270 000 Seiten Aktenmaterial, zig Zeugenbefragungen, Spurensuche vor Ort – neun Monate lang ermittelte ein internationales Expertenteam im Fall Kampusch, um die letzten Rätsel zu lösen. Seit gestern liegt der Abschlussbericht vor, der in Wien vorgestellt wurde. Die Kernfrage lautete: Gab es neben Wolfgang Priklopil noch weitere Täter oder Mitwisser? Der Präsident des deutschen Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, verneinte dies bei der Präsentation des Evaluierungsberichtes. Zwar sei ein endgültiger Beweis nach wissenschaftlichen Kriterien nicht möglich, „weil Herr Priklopil nicht mehr am Leben ist“, so Ziercke. Aber: Verbindungen des Entführers zur Rotlicht- oder Pädophilenszene „konnten nicht festgestellt werden“.
Kampusch war acht Jahre im Keller gefangen
Auch von einer Schwangerschaft ist nicht mehr die Rede. Zur Erinnerung: Die damals zehnjährige Natascha Kampusch war am 2. März 1998 entführt und mehr als acht Jahre lang in einem Keller gefangen gehalten worden. Erst am 23. August 2006 gelang der inzwischen 18-Jährigen die Flucht, Entführer Priklopil beging kurz darauf Selbstmord. Obwohl die polizeilichen Ermittlungen zum Ergebnis kamen, dass der Entführer alleine gehandelt hatte, und auch Kampusch selbst dies bestätigte, waren anderslautende Verschwörungstheorien nie verstummt. Ein parlamentarischer Unterausschuss hatte daraufhin eine weitere Untersuchung des höchst umstrittenen Falles beschlossen. Dabei bestätigten sich die ursprünglichen Ermittlungsergebnisse.
Doch von der Kommission wurden durchaus „Fahndungspannen“ und „Fehleinschätzungen“ festgestellt. Dazu gehört auch, dass anfangs Hinweisen auf Priklopil nicht nachgegangen wurde. Allerdings verwies Ziercke darauf, dass das Verlies Kampuschs wohl auch bei einer Hausdurchsuchung ohne konkreten Hinweis nicht hätte gefunden werden können. Werner Amon, Vorsitzender des Unterausschusses im Wiener Parlament, ist zufrieden: Es könne nun ausgeschlossen werden, dass Kinder und Jugendliche heute durch weitere Tatbeteiligte gefährdet sind. Außerdem könnte künftig bei vergleichbaren Fällen effizienter ermittelt werden.
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