Fall Amanda Knox: Wird das Mordurteil aufrechterhalten?
Das Opfer lag mit zahlreichen Messerstichen am Boden: Nun geht das Justizdrama um Amanda Knox in die nächste Runde. Italiens oberstes Gericht entscheidet über ein Mordurteil.
Ein jahrelanges Justizdrama geht in die nächste Runde: Im Fall des blutigen Mordes an der britischen Studentin Meredith Kercher im italienischen Perugia 2007 entscheidet das oberste Gericht Italiens am Mittwoch über die Verurteilung der früheren US-Studentin Amanda Knox und ihres italienischen Ex-Freundes Raffaele Sollecito. Entschieden wird, ob das Mordurteil aufrechterhalten wird. Sollte dies der Fall sein, würde sich Sollecito umgehend wieder hinter Gittern befinden, während um Knox ein juristisches Tauziehen beginnen dürfte.
Der grausame Fall hatte weltweit für Schlagzeilen gesorgt: Die damals 21-jährige Kercher war am 2. November 2007 halbnackt und mit durchgeschnittener Kehle in der Wohnung in Perugia entdeckt worden, die sie sich mit Knox teilte. Ihre Leiche wies 47 Messerstiche auf, die Studentin war vergewaltigt worden.
Bei erstem Prozess: Im Januar 2014 wurde Knox erneut des Mordes schuldig gesprochen
In einem ersten Prozess sprach ein Gericht in Perugia Knox und Sollecito des Mordes schuldig, sie wurden zu 26 und 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Ein Berufungsgericht sprach die beiden jedoch 2011 nach vier Jahren Haft frei, woraufhin Knox umgehend in die USA zurückkehrte. Ein neuer Prozess in Florenz wiederum wurde 2013 vom obersten italienischen Berufungsgericht angeordnet, das Unzulänglichkeiten im Berufungsverfahren sah.
Im Januar 2014 dann wurde Knox erneut des Mordes schuldig gesprochen und in Abwesenheit zu 28 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Sollecito erhielt 25 Jahre Haft, sein Pass wurde eingezogen.
Sollecito, der am Donnerstag 31 Jahre alt wird, will am Mittwoch vor Gericht erscheinen. "Nicht zu erscheinen wäre, als wenn man sich in einer Ecke im Haus vor einem Tsunami versteckte - man würde trotzdem fortgerissen", sagte Sollecito kürzlich in einem Interview. "Ich hatte die letzten acht Jahre kein Leben."
Amanda Knox werde "bis zum Ende" kämpfen, um nicht wieder ins Gefängnis zu müssen
Knox dagegen erklärte kürzlich, sie werde nie wieder freiwillig nach Italien zurückkehren. Sie werde "bis zum Ende" kämpfen, um nicht wieder in ein italienisches Gefängnis zu müssen. Im Februar war bekannt geworden, dass Knox sich in den USA mit einem Kindheitsfreund verlobt hat.
Sowohl Sollecito als auch Knox betonen ihre Unschuld. Sie argumentieren, der Tatort sei verunreinigt worden, jegliche dort gefundene DNA dürfe nicht im Prozess verwendet werden. Allerdings gab es in dem international beachteten Fall immer wieder Widersprüche. So gab Knox bei einer Polizeibefragung an, sie sei in der Wohnung gewesen und habe die Tat gehört, sei aber nicht daran beteiligt gewesen. Später zog sie die Aussage zurück.
Sollecitos Verteidiger hoffen, dass diese Aussage ihrem Mandanten helfen könnte. Damals hatte Knox angegeben, Sollecito sei in der Tatnacht nicht vor Ort gewesen. Später verwiesen beide auf Alibis und erklärten, sie hätten Marihuana geraucht und in einer anderen Wohnung übernachtet. Sollecito sagte dann im vergangenen Jahr, er könne sich nicht erinnern, ob Knox die ganze Zeit über dort gewesen sei.
Sollte das Mordurteil aufrechterhalten bleiben, ist unklar, ob Knox nach Italien ausgeliefert wird
Wegen der Tat verbüßt bereits der Drogendealer Rudy Guédé aus der Elfenbeinküste, dessen DNA am Tatort gefunden wurde, eine 16-jährige Haftstrafe. Die Staatsanwaltschaft sieht es als erwiesen an, dass Knox und Sollecito auf Kercher einstachen, während Guédé sie festhielt. Kercher soll sich geweigert haben, an einem Sexspiel unter Drogeneinfluss teilzunehmen.
Sollte das Mordurteil aufrechterhalten bleiben, ist unklar, ob Knox nach Italien ausgeliefert wird. Die USA könnten argumentieren, dass eine Haftstrafe in den notorisch überfüllten Gefängnissen Italiens gegen die Menschenrechte verstößt und anbieten, Knox in den USA zu inhaftieren. afp
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