Jan Josef Liefers spielt Erfinder des Toast Hawaii
In ganz Fernsehdeutschland wird gekocht, dass die Töpfe qualmen. Doch das TV-Konzept ist nicht neu: Schon 1953 stand Fernsehkoch Clemens Wilmenrod vor der Kamera und erfand den "Toast Hawaii". Jetzt kommt seine Geschichte ins TV.
"Ihr lieben, goldigen Menschen" - mit diesen eigentümlichen Worten begrüßte Clemens Wilmenrod sein Publikum, als er am 20. Februar 1953 als erster deutscher Fernsehkoch auf Sendung ging.
Die biografische Komödie "Es liegt mir auf der Zunge", die heuet Abend in der ARD (20.15 Uhr) zu sehen ist, widmet sich der bewegenden Karriere dieses unverbesserlichen Lebemannes.
Bis 1964 verzauberte der 1967 verstorbene Charmeur sein vorwiegend weibliches Publikum mit poetischen Worten und leichten Gerichten. Aus schlichten Frikadellen kreierte er "Arabisches Reiterfleisch", und als er eines Abends Käse, Schinken und Ananas auf ein Stück Weißbrot legte, nannte er die Kreation "Toast Hawaii". Diese Schöpfung gilt bis heute als sein größtes Vermächtnis. Wirklich kochen konnte Wilmenrod nicht. Er überzeugte mit seinem schauspielerischen Talent.
Seine Karriere war ein steiniger Weg. Carl Clemens Hahn (Jan Josef Liefers) liebt das Rampenlicht. Selbst in der kleinsten Nebenrolle versucht der erfolglose Schauspieler noch, sich in den Vordergrund zu drängen. Doch seine exzentrische Art kostet ihn schon bald den sicheren Theaterjob. Hahn bleibt nur noch das junge Medium Fernsehen, um sich selbst zu verwirklichen.
Frauen, Alkohol und Schleichwerbung
Bei einem Abendessen mit seiner Ehefrau Erika (Anna Loos) kommt ihm dazu die zündende Idee. Hahn entwickelt eine Kochsendung für Hausfrauen, die er unter dem Pseudonym Clemens Wilmenrod selbst moderiert. Und die Show wird zum Straßenfeger. Dank der tatkräftigen Unterstützung seiner Gattin ist er endlich ein umjubelter Star.
Der Erfolg hat allerdings seine Schattenseiten: Alkohol, Frauen und Schleichwerbung. Die NDR-Produktion "Es liegt mir auf der Zunge" ist mehr, als die nacherzählte Lebensgeschichte des geistigen Vaters von Alfred Biolek und Tim Mälzer. Neben seinen biografischen Elementen, die von Hauptdarsteller Jan Josef Liefers wunderbar nonchalant interpretiert werden, überzeugt der Film ebenso durch Einblicke in die Ursprünge des Fernsehens als Massenmedium. Zudem offenbart sich ein deutsches Volk, das sich in ungeahnter Aufbruchsstimmung befindet. Die vielen Entbehrungen der Kriegsjahre haben Begehrlichkeiten geweckt.
Drehbuchautor Lothar Kurzawa erinnert sich noch gut an den echten Wilmenrod: "Meine Mutter und ihre Freundinnen waren von ihm immer sehr angetan, weil er auf eine sehr charmante Weise flunkern konnte. Die meisten Geschichten haben sie im nicht geglaubt. Vieles war ja auch tatsächlich frei erfunden. Er war eine Art Karl May des Kochens."
Hausmannskost mit blumigen Namen
Dieser Vergleich mit dem berühmten Schriftsteller passt messerscharf. Denn genauso, wie May seinen Lesern vorflunkerte, die weite Welt bereist zu haben, tat es auch Hahn. Angeblich kamen seine Köstlichkeiten aus den entferntesten Winkeln der Erde. In Wahrheit entpuppten sich die meisten Gerichte als Hausmannskost mit blumigen Namen. Darüber hinaus gaukelte Hahn dem Publikum vor, ein erfahrener Gourmetkoch zu sein.
Dabei kannte er die Herdplatte zuvor nur vom Hörensagen. Während der Sendungen musste ihm seine Frau daher etliche Handgriffe soufflieren. (ddp)
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