Jeremy Irons: Der umstrittene Jury-Präsident
Jeremy Irons geriet durch Bemerkungen über sexuelle Belästigung und die Homo-Ehe in die Diskussion. Als sensibler Charakterdarsteller ist sein Ruf ohne Zweifel.
Jeremy Irons ist keiner, der sich so leicht einordnen lässt. Nicht als Schauspieler, der in den unterschiedlichsten Rollen brillierte; als Privatmann wohl auch nicht, wie sich jetzt zeigt. Seit er Anfang Januar zum Jury-Präsidenten der diesjährigen Berlinale erkoren wurde, kochen die Gemüter hoch.
Als Gesicht für ein Festival, das sich der Diversität verschrieben habe, sei er wohl kaum geeignet, meinte etwa die Vorsitzende des Kulturausschusses des Bundestages, Katrin Budde. In die Kritik geraten war Irons wegen früherer Aussagen zu Abtreibungen, zur Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und zur Belästigung von Frauen. "Wenn ein Mann seine Hand auf den Hintern einer Frau legt, kann jede selbstbewusste Frau damit umgehen. Es ist Kommunikation", gab Mr. Irons etwa 2011 zum Besten.
Jeremy Irons faszinierte in Psychothriller "Die Unzertrennlichen"
Zum Auftakt der Berlinale bemühte sich der Jury-Präsident um Beschwichtigung. Er unterstütze voll und ganz die weltweite Bewegung für die Rechte der Frauen und ihren Schutz vor Belästigungen in der Familie und am Arbeitsplatz. Ebenso sprach er sich für die gleichgeschlechtliche Ehe und das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche aus. Er hoffe sogar, dass einige der Festival-Filme diese Themen aufgriffen.
Damit könnten nun auf der Berlinale wieder die Filme im Mittelpunkt stehen, die Jeremy Irons mit seinen sechs Jury- Kollegen zu begutachten hat. An dessen professioneller Reputation als äußerst sensibler Charakterdarsteller ganz verschiedener Rollen gab es sowieso nie Zweifel. Da ist der englische Gentlemen, den er in der britischen TV-Serie "Wiedersehen mit Brideshead" Anfang der 80er Jahre verkörperte und der ihm den Durchbruch brachte. In einer Doppelrolle als perverses Arzt-Zwillingspaar faszinierte Jeremy Irons in David Cronenbergs Psychothriller "Die Unzertrennlichen".
Jury-Präsident der Berlinale: Jeremy Irons in neuer Rolle
Ebenso als Bösewicht an der Seite von Bruce Willis in "Stirb langsam: Jetzt erst recht". Eher in sich gekehrt zeigte sich Irons in dem psychologisch motivierten Science- Fiction-Film "High-Rise". Immer überzeugte der Mann mit den Schatten um die Augen und dem melancholischen Blick durch sein intensives Spiel. Selbst wenn er nicht zu sehen, sondern nur zu hören war, beeindruckte Irons: Im Disney-Film "Der König der Löwen" gab er seine Stimme dem bösen Löwen Scar.
Nun also eine neue Rolle, die des Jury-Präsidenten. Erfahrungen mit Preis-Jurys hat der 1948 auf der Isle of Wight geborene Irons – verheiratet mit der Schauspielerin Sinéad Cusack und Vater zweier Söhne – dabei reichlich, allerdings aus der Perspektive des Ausgezeichneten. 28 internationale Preise gewann er, darunter einen Oscar und einen Golden Globe für "Die Affäre der Sunny von B.". Am 29. Februar wird er nun selbst einen Preisträger mit dem Goldenen Bären küren.
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