Jugendliche prügeln deutschen Austauschschüler ins Koma
Sechs Teenager sollen den 17-Jährigen mit libanesischen Wurzeln im englischen Canterbury angegriffen haben. War Ausländerfeindlichkeit das Motiv der Täter?
Nach einer Attacke mehrerer Teenager im britischen Canterbury liegt ein 17-jähriger deutscher Austauschschüler weiter im Koma. Die verdächtigen Jugendlichen, alle zwischen 15 und 17 Jahre alt, sollen bereits am vergangenen Donnerstag auf den Jugendlichen losgegangen sein, wie erst am Wochenende bekannt wurde. Woher der Junge stammt und welche Schule er besucht, berichtete die Polizei von Canterbury nicht. Er soll libanesische Wurzeln haben.
Attacke auf Austauschschüler entsetzt Canterbury
Im Internet ist die Empörung über den Fall riesig, nahezu jeder Artikel zu dem Angriff wurde hunderte Male geteilt. Entsetzt sind die Nutzer zum Beispiel darüber, dass die Mutter des Schwerverletzten erst am Sonntagmorgen nach Großbritannien einreisen durfte. Da hatte ihr Sohn schon drei Tage allein im Krankenhaus gelegen. Ohne die Hilfe des britischen Innenministers Sajid Javid und der örtlichen Labour-Abgeordneten Rosie Duffield hätte die Bürokratie vermutlich noch länger gedauert – die britischen Behörden in Deutschland hatten der Frau gesagt, die Erstellung ihres Visums dauere bis zu fünf Tage. Die Eltern des 17-Jährigen leben dem „Guardian“ zufolge in Deutschland, sind aber keine EU-Bürger. Deshalb brauchten sie auch ein Visum.
Die Polizei ermittelt jetzt, ob Rassismus der Grund für den Ausraster der Jugendlichen war, die den Austauschschüler in der südostenglischen Stadt auf offener Straßen angegriffen und ihn schwer am Kopf verletzt hatten. Der 17-Jährige musste in einer Londoner Klinik geflogen werden, wo die Ärzte ihn notoperierten. Nach der Tat nahm die Polizei nach und nach sechs Teenager und einen 44-Jährigen ohne Wohnsitz fest. Bis auf einen 17-Jährigen sind sie alle wieder gegen Kaution auf freiem Fuß.
Canterbury: Online-Nutzer machen Brexit verantwortlich
„Das ist England 2019“ – solche und ähnliche Beiträge schrieben Nutzer aus verschiedenen Ländern auf Twitter und Facebook. Sie machen die britischen Brexitpläne mitverantwortlich für die möglicherweise ausländerfeindliche Tat. „Brexit begünstigt Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“, schreibt ein Nutzer.
Rosie Duffield, die Abgeordnete aus Canterbury, sagte als Reaktion auf die hunderten von Brexit-Kommentaren, in Canterbury „respektieren und bewundern wir andere Nationen. (...) Nach einer Attacke dieser Art wollen wir uns darauf konzentrieren, was wir gemeinsam haben.“
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.
Die Diskussion ist geschlossen.