Julen (2) stürzte in Brunnen: Bewährungsstrafe für Finca-Besitzer
Vor einem Jahr starb ein Zweijähriger, der 70 Meter tief in einen Brunnen gefallen war. Der Verantwortliche muss zunächst nicht ins Gefängnis.
Weiße Luftballons steigen in den Himmel. Kerzen brennen. "Es kommt uns immer noch wie ein Albtraum vor", sagen Nachbarn, Angehörige und Freunde, die auf dieser Gedenkfeier für Julen eine gemeinsame Botschaft verlesen. Rund 50 Menschen haben sich auf einem kleinen Platz im Viertel El Palo versammelt. Nicht weit von jenem Haus entfernt, in dem der zweijährige Julen in der südspanischen Stadt Málaga gewohnt hatte.
Auch Julens Eltern, Vicky und José R., stehen in der Runde. Sie kämpfen mit den Tränen. "Der Schmerz ist noch genauso groß, als ob es gestern passiert wäre", sagt dann der Vater. Gut ein Jahr ist es nun her, dass der kleine Julen beim Spielen in einen rund 70 Meter tiefen und sehr engen Brunnenschacht fiel. Fast zwei Wochen lang versuchten mehrere hundert Retter, den Zweijährigen aus dem Brunnenloch auf einer ländlichen Finca in der Nähe von Málaga zu bergen. Der Schacht war mit rund 25 Zentimeter so eng, dass kein Helfer zu dem Kind hinuntergelassen werden konnte. Deswegen mussten die Bergungsmannschaften erst einen parallelen Brunnen bohren. Von diesem Parallelbrunnen gruben Minenarbeiter dann einen Stollen zu jener Stelle, an der Julen vermutet wurde.
Die Welt verfolgte die Rettungsaktion für Julen
Die ganze Welt verfolgte gebannt diese Rettungsaktion. Millionen Menschen beteten für Julen. Doch die Hoffnung auf das Wunder erfüllte sich nicht. Der Junge, der unter einer Erdschicht verschüttet worden war, konnte am 26. Januar, nach 13 Tagen, nur noch tot geborgen werden. Nach der Autopsie der sterblichen Überreste erklärten die Gerichtsmediziner, dass Julen, der 71 Meter tief gefallen war, keine Überlebenschance hatte. Er sei bereits beim Sturz in die Tiefe an einem Schädeltrauma gestorben.
Die juristische Aufarbeitung ist nun abgeschlossen: Der einzige Angeklagte in dem Fall - der Finca-Besitzer, auf dessen Grundstück das Unglück im Januar 2019 passierte - ist am Dienstag zu einer einjährigen Haftstrafe auf Bewährung und zu Schadenersatzzahlungen verurteilt worden. Das zuständige Gericht in Málaga bestätigte damit eine außergerichtliche Einigung, die die Anwälte des Mannes am Montag mit der Nebenklage erreicht hatte, die die Eltern Julens vertrat.
Ursprünglich sollte am Dienstag der Prozess wegen fahrlässiger Tötung starten. Dem Finca-Besitzer wurde vorgeworfen, das illegal auf der Suche nach Wasser gebohrte Loch, in das Julen gestürzt war, nicht gesichert und somit höchst fahrlässig gehandelt zu haben. Etwa 50 Zeugen sollten vernommen werden. Die Staatsanwaltschaft wollte drei Jahre Haft fordern. In letzter Minute kam es aber zu dem Vergleich.
Neben der Bewährungsstrafe muss der Verurteilte 89.500 Euro an jedes Elternteil zahlen und die Regionalregierung von Andalusien mit rund 663.000 Euro für die aufwendigen Rettungsarbeiten entschädigen, wie die Nachrichtenagentur Europa Press berichtete. Am Ende der Sitzung habe sich der Angeklagte bei den Eltern entschuldigt: "Ich wollte zu keinem Zeitpunkt, dass dem Kind etwas passiert."
Angeklagter muss wohl nicht ins Gefängnis
Das Erdloch entpuppte sich als ein Brunnenschacht, den der Eigentümer kurz vor dem Unglück gebohrt hatte. Ein kreisförmiges Loch, um in 100 Meter Tiefe nach Wasser zu suchen. Die polizeilichen Ermittlungen ergaben, dass der Brunnen ohne behördliche Erlaubnis angelegt worden war. Der Staatsanwalt warf dem Grundstücksbesitzer vor, das gefährliche Bohrloch nicht ausreichend abgesichert zu haben.
Auch mit Geld wird sich der Verlust Julens nicht mehr gut machen lassen. Der sehnlichste Wunsch von Julens Eltern, Vicky und José, war daher nicht die Entschädigung, sondern sie wollen endlich das Trauma der Tragödie überwinden. Noch immer kommen bei ihnen Solidaritätsbotschaften an, mit denen ihnen wildfremde Menschen versichern: "Julen, wir vergessen Dich nicht!" (mit dpa)
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