Kleinkind aus Gewalt von Entführern befreit
Emmendingen (dpa) - Der Alptraum dauerte anderthalb Tage: Zwei Männer haben in der kleinen Gemeinde Sexau nördlich von Freiburg die Eltern eines 21 Monate alten Mädchens überfallen und das kleine Kind knapp 38 Stunden als Geisel in ihrer Gewalt gehabt.
Von den Eltern forderten sie einen zweistelligen Millionenbetrag. Sonst werde das Kind sterben. Doch die Eltern hätten gar nicht zahlen können. Bei den Opfern handelt es sich um eine Durchschnittsfamilie, die weder besonders vermögend noch prominent ist. Warum es gerade sie traf, ist auch den Ermittlern ein Rätsel.
Die Familie wohnt in einem abseits gelegenen Haus, berichtete die Polizei am Sonntag im südbadischen Emmendingen, nachdem die Kindesentführung unblutig zu Ende gegangen war. "Millionen sind dort mit Sicherheit nicht zu holen", sagte Oberstaatsanwalt Peter Häberle. Dennoch suchten die Entführer diese Familie aus, bereiteten die Tat monatelang vor, spionierten das Haus und die Umgebung aus. Warum, das ist der Polizei noch immer unklar.
Am Freitagmorgen schlugen sie dann zu. Bei der Familie standen plötzlich zwei maskierte Männer an der Haustür, bedrohten die Eltern und Kinder mit einer Pistole und raubten 1500 Euro. Danach fesselten sie die Eltern und flohen mit dem 21 Monate alten Kind an Bord in einem gemieteten Auto mit gestohlenen Kennzeichen. Mit dem Kind quartierten sie sich in einer Pension im rund 90 Kilometer entfernten Weil am Rhein ein. Dafür hatten sie schon zuvor ein Zimmer in der Pension gebucht. Die weiteren Kinder der Familie blieben unversehrt.
In Weil am Rhein wurden die Entführer von der Polizei entdeckt. Ihr Fahrzeug, das vor der Pension stand, war bereits vor vier Wochen in Sexau einem Passanten aufgefallen. Dieser hatte der Polizei einen Hinweis gegeben und sie damit auf die Spur der Entführer gebracht. "Ohne diesen Hinweis hätten wir diese Entführung nicht so schnell beenden können", sagt Polizeidirektor Manfred Holder.
In der Nacht zum Sonntag stürmten Beamte eines Spezialkommandos die Pension und befreiten das knapp zwei Jahre alte Kind, das zu diesem Zeitpunkt in einem Bettchen schlief. "Das Kind ist wohlauf und ohne Verletzungen", sagt Holder. "Es wurde sofort nach den Untersuchungen in der Klinik wieder zu seinen Eltern gebracht."
Die beiden mutmaßlichen Täter ließen sich widerstandslos festnehmen. Ob das Kind die Entführung bewusst wahrgenommen hat, ist fraglich. "Wir haben keine Anzeichen dafür, dass dem Kind von dieser Entführung etwas haften bleibt", sagt Holder.
Bei den Tätern handelt es sich um Brüder, 41 und 49 Jahre alt. Beide stammen aus dem Bodenseekreis. Der Ältere gilt als Haupttäter. Er war der Polizei bislang nicht bekannt. Sein jüngerer Brüder fiel in der Vergangenheit lediglich durch kleinere Straftaten wie Betrug, Körperverletzung und Verkehrsverstöße auf. Zuletzt waren beide lange arbeitslos. Nach der Festnahme haben sie die Tat gestanden.
"Als Motiv haben sie angegeben, dass sie ein glückliches Leben mit viel Geld führen wollten", sagt Oberstaatsanwalt Häberle. Mit der Entführung wollten sie einen zweistelligen Millionenbetrag erpressen und mit dem Geld in eine finanziell abgesicherte Zukunft starten. Nun drohen ihnen Haftstrafen zwischen 5 und 15 Jahren.
"Wir sind froh und glücklich, dass der Spuk nach 37 Stunden sein Ende gefunden hat", sagt der Staatsanwalt. Auf der Suche nach dem Kind waren zeitweise mehr als 200 Polizisten im Einsatz.
"Oberste Priorität hatte das Wohl des Kindes", sagt Polizei- Einsatzleiter Holder. Ihm und seinen Ermittlern bleiben viele Fragen zum Hintergrund der Entführung. "So wie es derzeit aussieht, hätte es jede Familie treffen können."
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