Stadträtin will Bundesjugendspiele abschaffen und löst Debatte aus
Eine Konstanzer Stadträtin will die Bundesjugendspiele abschaffen. In ihrer Online-Petition erklärt sie warum und löste damit eine heftige Debatte in sozialen Netzwerken aus.
Tausende Kinder in Baden-Württemberg springen, rennen und werfen dieser Tage um die Wette. Es sind Bundesjugendspiele. Ein Termin, den Christine Finke am liebsten aus dem Schulkalender streichen würde. Die Konstanzer Stadträtin Christine Finke (Junges Forum) hat deshalb eine Online-Petition gestartet, die bundesweit für Aufsehen sorgt. Und gemischte Gefühle hervorruft: Die einen erinnern sich an Tränen und Traumata, die anderen an Erfolgserlebnisse und Ehrenurkunden.
Online-Petition gegen Bundesjugendspiele
„Heulender Sohn kommt mit Teilnehmerurkunde von den Bundesjugendspielen heim. Erwäge Petition selbiger. Ernsthaft“, schrieb Christine Fink vor wenigen Tagen auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. 118 Zeichen mit einer Botschaft, die sie später auf ihrem Blog und in der Online-Petition so formulierte: „Sport sollte Spaß machen und ein positives Körpergefühl vermitteln. Aber die Bundesjugendspiele leben von Wertung: Aufwertung und Abwertung einzelner auf Kosten anderer. Oft ist das Lehrpersonal auch noch so unsensibel, die Unterschiede zwischen den Kindern besonders herauszustellen bei der anschließenden Vergabe der Urkunden in der Klasse. Bei einem Wettkampf gehöre es dazu, heißt es dann. Aber welchen Sinn hat ein Wettkampf, dem man sich nicht freiwillig stellt und bei dem Einzelne schon vorher wissen, dass sie am unteren Ende der Leistungsskala sein werden?“
Fink erlebte Bundesjugendspiele als "Demütigung"
Bis Donnerstagmorgen, 8.30 Uhr, hatte die Petition über 5500 Unterschriften. Darunter ein Lehrer, der findet: „Ich sehe es genau wie Sie. Ein Wettkampf mit Teilnahmezwang ist pädagogischer Unfug.“ Oder eine Mutter, die schreibt: „Wie ich die alljährliche Demütigung schon als Kind und Teenager gehasst habe und mir wünsche, dass meine Kinder nicht zum sportlichem Wettkampf gezwungen werden.“
Christine Finke selbst war jedes Jahr, trotz eines ganz normalen Körpers, die Langsamste im Rennen, die Schlechteste im Werfen und hatte blamable Ergebnisse im Weitsprung, sagt sie. „Nur deshalb und weil mein Kind traurig ist, will ich nicht die Welt verändern“, betont sie im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Aber das Thema betreffe viele und sie freue sich, dass sie die Diskussion angestoßen habe.
Kinder müssen den Umgang mit Niederlagen lernen
In dieser gibt es auch viel Kritik für ihre Idee. Die einen erinnern sich an wichtige Erfolgserlebnisse oder Misserfolge, die sie nie hart oder prägend getroffen hätten. Ein weiterer Tenor: Kinder müssen den Umgang mit Niederlagen lernen. „Klar hält das Leben Enttäuschung bereit, und man kann und muss sein Kind nicht vor allen bewahren. Aber im Sport wollen wir die Kinder doch motivieren und nicht demütigen“, bemerkt Finke dazu.
Peter Lautenbach von der Deutschen Sportjugend und Mitglied im Ausschuss der Bundesjugendspiele verweist darauf, dass das Angebot der Sportveranstaltung breiter sei, als es öffentlich wahrgenommen wird und an vielen Schulen praktiziert wird: So gebe es neben Sprung, Wurf und Sprint auch Schwimmen oder Geräte-Turnen, Inklusions- und spielerische Angebote.
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