
Tote Babys in Klinik: Waren verunreinigte Schläuche schuld?

Wie kamen die Darmbakterien in die Flüssignahrung für die schwer kranken Babys? Nach der Tragödie mit zwei toten Säuglingen in der Uniklinik Mainz ist vieles noch unklar.
Verunreinigte Schläuche haben möglicherweise den Tod zweier Babys in der Universitätsklinik Mainz verursacht.
Der spezielle Raum, in dem die mit Darmbakterien verschmutzten Lösungen für Säuglinge hergestellt wurden, sei von der Klinik geschlossen worden, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Klaus-Peter Mieth am Montag in Mainz. "Die Schläuche sind die einzige Stelle an den Geräten, an der Mitarbeiter direkt eingreifen und so Bakterien eintragen könnten." Die Klinik selbst hält es für möglich, dass es in der hauseigenen Apotheke zur Verschmutzung gekommen ist.
Auf der Intensivstation der renommierten Klinik hatten elf Kinder die verunreinigte Nährlösung bekommen - zwei Säuglinge starben am Samstag, ein Baby rang am Montag weiter mit dem Tod.
Bei vier anderen Patienten gebe es "ganz vorsichtig ausgedrückt einen Hoffnungsschimmer", sagte Mieth. Die übrigen vier seien vorsorglich mit Antibiotika behandelt worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung gegen Unbekannt. "Wenn wir den Keim isoliert haben, dann haben wir auch eine Chance, den tatsächlichen Verursacher zu erwischen", sagte Mieth. Er betonte aber zugleich: "Die Frage, ob die Kontamination todesursächlich war, ist noch nicht geklärt."
Laut Obduktion litten beide Babys an schwersten Vorerkrankungen, die nach Mieths Angaben zumindest bei einem Säugling ohnehin wohl zum Tod geführt hätten. Nähere Erkenntnisse zur Todesursache versprechen sich die Ermittler von der mikrobiologischen Expertise. "Sie soll auch zeigen, wo, an welcher Stelle sich die Keime befunden haben", betonte Mieth. Die Universitätsklinik selbst gehe davon aus, dass es wahrscheinlich in der Apotheke zu der Kontamination mit den Fäkalkeimen gekommen ist.
Dort wird die Nährlösung aus neun Komponenten externer Hersteller über ein Schlauchsystem individuell für die Patienten hergestellt. Dabei, so Mieth, ziehen die Plastikschläuche automatisch die benötigten Mengen der verschiedenen Komponenten an und dann wird die Lösung in die Infusionsbeutel geschleust. "Möglicherweise sind die Schläuche beim Anschließen des Systems an die Mischmaschine verunreinigt worden." Es werde aber derzeit jeder Schritt in der Kette vom Hersteller bis zur Verabreichung der Lösungen untersucht.
Nach Darstellung von Rainer Wenzel, Leiter des Referats Biologie beim Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz, herrschen in dem Reinraum strengste Hygienevorschriften von Haarhauben bis zum regelmäßigen Wechseln der Handschuhe. Das Schlauchsystem wurde beschlagnahmt. Die mit Bakterien verunreinigte Nährlösung war am Freitag hergestellt und verabreicht worden, parallel wurde nach Auskunft Mieths eine sogenannte Rückstellungsprobe an die Mikrobiologie gegeben.
In der Nacht zum Samstag verschlechterte sich der Gesundheitszustand von mehreren Kindern. "Dies hätte aber auch der normale Krankheitsverlauf sein können", betonte der Oberstaatsanwalt. Dann wurden jedoch die Keime in der Probe festgestellt. Die Universitätsklinik habe umgehend die Staatsanwaltschaft informiert. Die kleinen Leichen wurden in die Gerichtsmedizin Frankfurt gebracht, da die Mainzer Gerichtsmedizin zur Universitätsmedizin zählt.
Nach Angaben Mieths wurde bislang bei zwei Säuglingen - darunter bei einem der toten Babys - der Keim zweifelsfrei nachgewiesen. Aber auch bei den übrigen neun Kindern, darunter acht Säuglingen, sei nicht auszuschließen, dass sie den Keim in sich tragen. Denn, so betonte LKA-Experte Wenzel: "Die Untersuchung ist bei Säuglingen sehr sehr schwierig, weil man mit einem Blutstropfen arbeiten muss."
Die Klinik hat die Herstellung der Flüssignahrung sofort nach Bekanntwerden der Verunreinigung komplett umgestellt. So würden Produkte anderer Hersteller, andere Bestecke und andere Mischverfahren verwendet, hatte Professor Norbert Pfeiffer, Medizinischer Vorstand, am späten Sonntagabend gesagt.
Am Montag tagte in der Klinik der Krisenstab, am späteren Nachmittag sollte die Presse über den aktuellen Stand informiert werden. Zur Herkunft der Babys machen die Ermittler keine Angaben. dpa
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