Missbrauchsfall in Staufen: Stiefvater ohne Mitgefühl
Nach dem jahrelangen Missbrauch eines Kindes bei Freiburg erscheint erstmals der Hauptbeschuldigte vor Gericht. Der Stiefvater des Jungen nennt grausame Details.
Nach dem jahrelangen sexuellen Missbrauch eines Kindes bei Freiburg hat der Hauptbeschuldigte vor Gericht die Taten gestanden. Der heute neun Jahre alte Junge sei mehr als zwei Jahre lang von mehreren Männern und auch von ihm selbst sexuell missbraucht worden, sagte der 39-Jährige am Mittwoch vor dem Landgericht Freiburg. Er und seine Lebensgefährtin, die 47 Jahre alte Mutter des Kindes, hätten den Jungen für Vergewaltigungen im Internet angeboten und mehreren Männern hierfür überlassen. Sie hätten dafür Geld erhalten. Einer der Männer habe mehrere Zehntausend Euro bezahlt.
"Ich werde aussagen", betonte der Stiefvater des Jungen, nachdem er am Mittwoch im ersten von mehreren Prozessen in dem Fall den Gerichtssaal betreten hatte. Er und die Mutter des aus Staufen bei Freiburg stammenden Kindes gelten in dem Missbrauchsfall, der vor rund drei Monaten bekannt wurde, als Hauptbeschuldigte - beide sind Deutsche. Zudem sind sechs Männer aus dem In- und Ausland angeklagt.
"Ich möchte, dass Leute aus dem Verkehr gezogen werden, die dort hingehören, wo ich auch bin", sagte der Stiefvater, der seit Herbst vergangenen Jahres in Untersuchungshaft sitzt und die Taten nun erstmals öffentlich einräumte. Die Vorwürfe gegen ihn und die anderen mutmaßlichen Täter seien zutreffend. Der Mann, der in Jogginghose vor die Richter trat, berichtete von den Taten ohne erkennbare Gefühlsregung und ohne ein Wort des Mitgefühls oder des Bedauerns.
Dem Jungen bleibt eine Aussage vor Gericht wohl erspart
Der 39-Jährige gelte als wichtiger Hinweisgeber, "sozusagen als Kronzeuge", und werde in allen Prozessen aussagen, erklärte der Vorsitzende Richter Stefan Bürgelin. Dem Jungen, der Opfer der Tortur wurde, bleibe eine Aussage vor Gericht vermutlich erspart.
Es habe von 2015 bis Herbst 2017 schätzungsweise mehr als 60 Taten gegeben, sagte der Mann: "Gezählt habe ich sie nicht." Der Junge habe die ihm unbekannten Männer im Freien, in der eigenen Wohnung oder ihn hierfür angemieteten Ferienwohnungen treffen müssen. Er selbst habe sich im Schnitt ein Mal pro Woche an dem Kind vergangen, sagte der Stiefvater. "Dazwischen haben wir gelebt wie eine ganz normale Familie." Auch die Mutter sei beteiligt gewesen. So habe sie bei einer Vergewaltigung, die im Kinderzimmer stattfand, dem Täter Fesselwerkzeug auf dem Bett des Jungen bereitgelegt. Zudem habe sie Treffen organisiert und sei über alles informiert gewesen.
Die Taten seien gefilmt, die Filme weiterverbreitet worden. Der Mutter habe dies der sexuellen Erregung gedient, antworte ihr Lebensgefährte auf die Frage nach dem Motiv der Frau. Das Fesselwerkzeug sei zum Einsatz gekommen, damit sich der Junge nicht wehren könne. Zudem seien mehrere Täter dem Kind als Polizisten vorgestellt worden, um dessen Widerstand zu brechen. Er sei beleidigt und bedroht worden. Dies habe die Männer sexuell erregt.
Der 39-Jährige ist wegen schweren Kindesmissbrauchs vorbestraft. Der Prozess gegen ihn und die Mutter des Kindes beginnt am 11. Juni in Freiburg. Er soll der Anklage zufolge, gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, auch ein drei Jahre altes Mädchen missbraucht haben.
Prozess in Freiburg: Urteil gegen 41-Jährigen am Donnerstag erwartet
Am Mittwoch sagte er als Zeuge im ersten Prozess des Missbrauchsfalls aus. Angeklagt ist ein 41 Jahre alter Deutscher. Er hat gestanden, den Jungen nach Vermittlung des 39-Jährigen zwei Mal vergewaltigt zu haben. Es ist der erste von sieben geplanten Prozessen in dem Fall (Az.: 6 KLs 160 Js 30350/17).
Ein Urteil gegen den 41-Jährigen, der einschlägig vorbestraft ist, wird es laut Gericht voraussichtlich am Donnerstag geben. Eine Uhrzeit steht nach Angaben des Vorsitzenden Richters noch nicht fest, voraussichtlich werde das Urteil im Laufe des Nachmittags verkündet. Dem Mann droht nach Angaben von Staatsanwältin Nikola Novak eine langjährige Haftstrafe sowie anschließende Sicherungsverwahrung.
Die Staatsanwaltschaft Freiburg hat am Mittwoch auch Anklage gegen einen Spanier erhoben. Der 33-Jährige soll von September 2016 bis August 2017 mehrfach in die Region bei Freiburg gereist sein und den Jungen missbraucht haben. Es habe 15 Taten gegeben.
Auch zu ihm nannte der Stiefvater des Jungen erstmals Details. Der Spanier habe beim ersten Treffen für die Vergewaltigung 10 000 Euro bezahlt, bei weiteren Taten dann jeweils 5000 Euro und bei der letzten Vergewaltigung 3000 Euro. Das Geld sei an ihn und die Mutter des Kindes gegangen. Der Junge habe von dem Mann jeweils rund 100 Euro erhalten. Wann der Prozess gegen den Spanier beginnt, ist laut Landgericht Freiburg noch offen. Der Neunjährige ist inzwischen in staatlicher Obhut. (dpa/lsw)
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