„Muttersein zählt nichts“
Mutter eines erwachsenen Kindes und eines Teenagers, 49, verheiratet, Akademikerin aus dem Großraum Augsburg.
Ich liebe meine Kinder und es war ab meinem 25. Lebensjahr mein großer Wunsch, endlich ein Kind zu bekommen. Mit 30 Jahren brachte ich dann endlich mein erstes Kind zur Welt. Als wir in München mit dem Gehalt meines Mannes nicht auskamen, wollte ich gerne früher wieder im öffentlichen Dienst arbeiten. Ich sei an die beantragten drei Jahre gebunden, hieß es von Seiten meines Arbeitgebers. So blieb mir nichts anderes übrig, als einen Job als Putzfrau in den Abendstunden anzunehmen. Schon damals dachte ich mir: Das hätte ich nicht gedacht, es als Mutter in der Berufswelt so schwer zu haben.
Als ich dann nach drei Jahren wieder in Teilzeit anfangen wollte, sagte man mir, ich müsse damit rechnen, sogar bis zum Flughafen München fahren zu müssen. Das bedeutete über eine Stunde Fahrzeit und auch hohe Fahrtkosten. Deswegen meldete ich mein Kind ganztags für den Kindergarten an. Das ganze Theater um meinen Start nach dem Erziehungsurlaub machte mich fertig, ich war zu dieser Zeit oft traurig und niedergeschlagen. Alle Mütter, die Teilzeit arbeiteten, wurden gemobbt.
Ich fasste den Entschluss, doch noch ein zweites Kind zu bekommen. Weil wir uns eine größere Wohnung in München nicht leisten konnten, zogen wir aufs Land. Als ich nach dem Erziehungsurlaub dann wieder arbeiten wollte, gab es erneut Probleme. Ich sollte als Feuerwehrkraft in München arbeiten. Da ich um 14 Uhr wieder mein Kind vom Kindergarten holen musste, war das ein Spießrutenlauf. Ich kam um halb 10 in München an und musste gegen 12.30 Uhr wieder weg, also war ich fast so lange unterwegs wie ich arbeitete. Und ich durfte trotz Studiums nur abheften, kopieren, eine Datei am PC vervollständigen.
Als ich dann mit dem Pendeln nach München sehr krank wurde, wollte mein Arzt gerne einen Arbeitsversuch in Augsburg, doch dem wurde nicht stattgegeben. „Entweder München oder gar nichts mehr“, sagte die Personalchefin. Ich sei ja selber schuld, dass ich keine Stelle mehr bekomme, weil ich so viel Erziehungsurlaub hatte. Dabei hatte nur mein Recht wahrgenommen. „Suchen Sie sich bitte selbst einen Job, wo und wann sie wollen“, ergänzte die Personalchefin noch.
Ein Jahr konnte ich nichts tun, bis es mir besser ging. Dann half ich mir selber. Da ich mal Fremdsprachenkorrespondentin gelernt hatte, wurde ich Nachhilfelehrerin - das bin ich noch heute und es macht mir viel Spaß. Dass das Muttersein jedoch mit solchen beruflichen Nachteilen oder einem Karriereende verbunden sein könnte, hätte ich mir nie träumen lassen.
Ich bin stets bemüht, das Beste für meine Kinder zu tun. Dass Kinder ihre Eltern heute als Diener sehen, hätte ich so auch nicht gedacht. Aber sie haben mit der Schule so viel zu tun, da wäre Hausarbeit schon zu heftig. Mein ältestes Kind hat mal mit 14 gesagt: „Was machst du eigentlich den ganzen Tag, das bisschen Haushalt ist doch nicht viel.“ Da erklärte ich ihm, dass ich für meine Kinder meinen Beruf aufgegeben habe und sehr gerne gearbeitet hätte. Da hat mein Kind schon nachgedacht. Mein Mann hat es manchmal auch so gesehen, dass der Haushalt keine Arbeit ist – bis ich mal im Krankenhaus war, dann hat er gespürt wie viel Arbeit „keine Arbeit“ ist.
Dass ich Kinder habe, war immer mein Wunsch, aber das Muttersein mit seinen Nachteilen in Beruf und Gesellschaft habe ich wirklich schon manches Mal bereut. Wen wundert es bei dieser Frauenfeindlichkeit in unserem Land, dass kaum noch Frauen Kinder bekommen? Muttersein zählt nichts in der Gesellschaft. Schade.
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