Gedemütigter Tangotänzer ersticht seine Partnerin
Unter Tränen hat ein 61-jähriger Hobby-Tänzer zugegeben, seine Ex-Tanzpartnerin erstochen zu haben. Im Prozess geht es vor allem um enttäuschte Gefühle.
Erst waren sie Tanzpartner, dann wurden sie zu Täter und Opfer: Zum Auftakt eines Mordprozesses in Heidelberg hat der Angeklagte gestanden, seine ehemalige Freundin mit einem Küchenmesser erstochen zu haben. Der 61-jährige ehemalige Unternehmensberater sagte am Montag unter Tränen: "Da war alles weg, da habe ich nicht mehr klar denken können." Die Anklageschrift wirft ihm Mord "aus Hass und Rache für die eigene Zurückweisung" vor.
Erst gingen sie tanzen, dann miteinander ins Bett
Der aus Brandenburg stammende Mann beschrieb dem Gericht, wie er nach seiner Trennung von seiner Frau im Tanzen einen neuen Lebenssinn gefunden habe. Mit seiner Tanzpartnerin baute er eine enge Beziehung auf, nach dem Tanzen gingen sie nach einigem Zögern ihrerseits zusammen etwas trinken und ins Bett.
Der blass und schmächtig wirkende Angeklagte beschrieb dem Gericht, wie seine Partnerin ihn auf dem Parkett habe stehen lassen, wie sehr ihn das gedemütigt habe. Verletzte Gefühle mündeten schließlich in Sachbeschädigungen - er zerkratzte ihr Auto, vier Mal insgesamt.
Das Opfer hatte dem Täter mit dem Tango, seine einzige "Lebenssäule genommen"
Schließlich brachte die 59-jährige Frau die Nachstellungen vor das Amtsgericht Heidelberg. Im Oktober vergangenen Jahres erhielt der Angeklagte die Anordnung, sich seiner Ex-Freundin nicht mehr nähern zu dürfen - auch nicht in einem Tanzsaal. "Sie wusste genau, was der Tango für mich bedeutet hat", sagte er. "Nach der Trennung war das die einzige Lebenssäule, die mir geblieben ist."
Mit dem Küchenmesser zur Aussprache
Am Tage nach der gerichtlichen Anordnung fuhr der Angeklagte erst zum Tanzen nach Mannheim, dann zum Wohnhaus seiner Ex-Freundin. Er habe sich mit ihr aussprechen wollen, sagte er. Aber er hatte ein Küchenmesser dabei und eine Schreckschusspistole. Er setzte sich auf eine Gartenmauer gegenüber, bis die Frau am 20. Oktober um 01.53 Uhr eintraf. Sie kam von einem Geburtstagsfest, das eine Freundin für sie organisiert hatte. Es sei eine entspannte Atmosphäre gewesen, sagte die Zeugin.
61-Jähriger sticht 14 mal zu
Als die Frau beim Heimkommen ihren früheren Freund erkannte, erschrak sie, rief um Hilfe und versuchte, über ein Efeubeet im Vorgarten zu flüchten. Sie stürzte. "Jetzt holte er das Messer aus der Jackentasche und stach wie von Sinnen auf sein Opfer ein", sagte die Staatsanwältin Christiane Vierneisel. Die Frau erlag den tödlichen Verletzungen, 14 Stiche in Hals, Brust und Arme zählten die Gerichtsmediziner.
Hobby-Tänzer will sich ertränken, nachdem er seine Ex-Partnerin erstochen hat
Bei seinem Geständnis vor Gericht sagte der Angeklagte, er habe seine Ex-Freundin bedrohen wollen, "damit sie sich entschließt, mitzugehen ins Haus und zu reden". Dann sei er in Panik geraten "und ich bin weggelaufen, alles so sinnlos", fügte er hinzu und weinte. Nach der Tat habe er Whiskey getrunken und sich in den Neckar stürzen wollen. Fußgänger fanden den damals 60-Jährigen stark betrunken auf einem Fußweg. Im Krankenhaus gab er dann an, in der Nacht zuvor eine Frau getötet zu haben.
Erst dann wurde die Leiche der Frau von Polizisten entdeckt. Nachbarn hatten zwar die "existenziellen Schreie" gehört, wie ein Zeuge sagte. Die deswegen alarmierten Polizisten konnten das Opfer in der dunklen Regennacht aber zunächst nicht finden.
Prozess wird am 11. Juli fortgesetzt
Für den Prozess sind sechs Termine bis zum 11. Juli angesetzt. Die Heidelberger Kammer hat zur Beweisaufnahme zwei Sachverständige und 26 Zeugen geladen. Der Vorsitzende Richter Edgar Gramlich sagte, es müsse nun überprüft werden, ob es sich bei der Tat um Mord aus niedrigen Beweggründen handle und ob der Täter die Wehrlosigkeit seines Opfers bewusst ausgenutzt habe. (lsw)
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