Roland Kaiser im Interview: "Mir geht es heute blendend"
Roland Kaiser war vor seiner Lungen-Transplantation unheilbar krank. Doch dem Schlagersänger mit der sozialen Ader gelang ein erstaunliches Comeback.
Gratuliere, Herr Kaiser, Sie haben ein großes Comeback hingelegt. Warum aber haben Sie sich denn den Stress noch einmal angetan?
Roland Kaiser: Weil es für mich kein Stress, sondern Freude ist, Musik zu machen.
Sie können sich nichts anderes sonst vorstellen…
Kaiser: Jetzt mehr als früher, weil ich nicht mehr muss, sondern nur noch will. Das ist viel entspannter.
Was treibt Sie an?
Kaiser: Wissen Sie, früher war bei mir Bühnenarbeit mit sehr viel innerer Anspannung versehen. Weil ich möglichst keine Fehler machen wollte und nicht entspannt genug war, die Dinge ohne großes Nervenflattern hinzukriegen. Heute fällt mir alles leichter. Was soll schon passieren? Vergesse ich einen Text, vergesse ich ihn halt. Dafür werde ich nicht ins Gefängnis kommen.
Wann erfolgte dieser innere Wandel?
Kaiser: Sicher nach meiner LungenTransplantation im Februar 2010. Wenn Sie so wollen, in meinem zweiten Leben. Man hängt die Dinge nicht mehr so hoch. Wir singen, wir unterhalten. Wenn wir Fehler machen, geht nicht die Welt unter.
Des Kaisers neue Lieder: Er textet nicht selbst
Wie kommen Sie an Lied-Autoren?
Kaiser: Ich mache bekannt, dass ich neue Lieder suche. Dann schicken mir Dutzende von Autoren und Komponisten Titel zu. Bei meinem neuen Album „Auf den Kopf gestellt“ waren es über 100 Songs, die ankamen. Diese reduziere ich in einem ersten Auswahlverfahren auf etwa 40. Gemeinsam mit meinem Produktionspartner und den Vertretern der Plattenfirma suchen wir dann die 15 Lieder aus, die wir machen wollen. So einfach ist das!
Sie sind einer der letzten Dinos im deutschen Schlagergeschäft. Was hat sich im Vergleich zu früher verändert?
Kaiser: Wir haben heute eine sehr lebendige deutsche Musikszene. Revolverheld, Tim Bendzko und wie sie alle heißen. Andreas Bourani nicht zu vergessen. Das empfinde ich als höchst erfrischend und zeigt mir, dass die junge Generation in diesem Land eine andere Einstellung zu ihrer Muttersprache hat als früher. Paradebeispiel ist für mich Sarah Connor. Es war eine geniale Idee, sie Deutsch singen zu lassen. In Englisch muss sie antreten gegen Lady Gaga, Katy Perry, Beyoncé. Wenn du auf Deutsch singst, hast du viel mehr Nähe zu deinem Publikum.
Eine Lungentransplantation rettete sein Leben
Sie hatten die schwere Lungenkrankheit COPD. Es gab Zeiten, in denen habe ich gedacht, dass Sie nicht mehr auf einer Bühne stehen werden.
Kaiser (lacht): Ich wusste immer, dass ich wieder kommen werde.
Wie geht es Ihnen nach der Lungentransplantation?
Kaiser: Das ist sechs Jahre her. Schauen Sie mich an – mir geht es blendend!
Nie Probleme?
Kaiser: Nein, nie. Manche Patienten haben Glück.
Mein Lieblingslied von Ihnen ist „Sieben Fässer Wein“. Da schwingt so was authentisch Maßloses mit...
Kaiser: Der Titel war gar nicht für mich geschrieben. Aber das war eine lustige Sache. Damals waren Rex Gildo und meine Wenigkeit beim Berliner Musikverleger Thomas Meisel unter Vertrag. Und der hat diesen Song für Rex Gildo produziert und getextet. Rex kam aber nicht zur Aufnahme, weil die beiden Streit hatten. Da rief mich Meisel zu Hause an und fragte: Kannst du ein Lied für mich als Demo einsingen?
Ich ahne, was kommt...
Kaiser (lacht): Drei Tage später rief mich Verlagsgeschäftsführer an und sagt: „Du, ich gratuliere dir!“ Ich fragte: „Wofür gratulierst du mir?“ „Na, du hast einen Riesenhit!“ „Was denn?“, fragte ich. Er: „Na, die sieben Fässer Wein“. Ich sagte: „Spinnt ihr!“ Nach drei Wochen hatte ich die Platte daliegen. Das Lied aber bleibt musikalisch in meinem Repertoire ein Fremdkörper, deswegen kann ich es auch nicht aufführen.
Roland Kaiser und die Liebe: "Ich finde Erotik hoch spannend"
Liebe und Frauen sind die großen Themen in Ihren Konzerten – in Ihrem Leben auch? Fiese Frage?
Kaiser: Warum sollte die Frage fies sein? Ich habe zwei wunderbare Frauen um mich herum: meine Frau und meine Tochter...
In Ihren Texten landen Mann und Frau regelmäßig im Bett.
Kaiser: Ich bin jemand, der das Thema Erotik hoch spannend findet.
Sind Sie privat eher der harte Typ?
Kaiser: Der Mensch ist nie nur der eine. Mal hat er Anfälle von Romantik, mal von Sachlichkeit. Der Mensch muss ja tausend Facetten haben. Wenn mir jemand Entscheidungen abverlangt, dann hilft Romantik nicht weiter, dann muss ich rechnen können.
Kurzer Blick zurück: Wie sind Sie denn von Ronald Keiler zu Roland Kaiser geworden?
Kaiser: Das war damals ein Vorschlag der Schallplattenfirma. Kaiser, das kann jeder verstehen, das ist deutsch, ist phonetisch gleich mit Keiler. Tja, und nun heiße ich eben Kaiser.
Kennt Sie noch jemand unter dem Namen Keiler?
Kaiser: Nein. Im Pass steht aber noch Keiler.
Er hat das Herz am rechten Fleck
Man sagt Ihnen ein großes Herz für soziale Gerechtigkeit nach.
Kaiser: Ich bin in Berlin-Wedding geboren, in einem Arbeiterviertel groß geworden. Ich kenne die Nöte der Menschen. Ich weiß das auch durch meine Tätigkeit als Schirmherr der Tafel in Cottbus. Ich bin immer wieder mit sozialen Unterschieden konfrontiert. Ich sehe, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgeht. Das ist eine ungesunde Entwicklung in der Gesellschaft...
...die sich beschleunigt.
Kaiser: Ich zitiere einen Mitarbeiter der Albert-Schweitzer-Werke, der sagte: „In zehn Jahren wird Altersarmut ein riesengroßes Problem.“
In Sachen Fußball stehen Sie auf der Seite der Millionarios. Sie sind Fan des FC Bayern München.
Kaiser: Bayern München mag ich, weil sie Deutschland seit Jahrzehnten toll vertreten. Der FC Bayern hat eine wunderbare Mannschaft und ist zudem ein exzellent geführtes Unternehmen mit hoher sozialer Kompetenz. Viele Bundesliga-Vereine haben Bayern zu verdanken, dass es sie noch gibt, weil sie bei Notfällen kein Geld für Freundschaftsspiele verlangen. Interview: Josef Karg
Zur Person: Dem gebürtiger Berliner, 63, gelang 1980 mit „Santa Maria“ der Durchbruch. Mit 90 Millionen verkauften Tonträgern gilt Kaiser als einer der erfolgreichsten deutschen Schlagersänger. AZ
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