Kultusministerium: "Die Bundesjugendspiele bleiben"
Eine Mutter will die Bundesjugendspiele abschaffen - schwache Kinder würden darunter leiden. Ihre Online-Petition hat Befürworter, es gibt jedoch auch mächtig Gegenwind im Netz.
„Sport sollte Spaß machen und ein positives Körpergefühl vermitteln. Aber die Bundesjugendspiele leben von Wertung: Aufwertung und Abwertung einzelner auf Kosten anderer." So begründet die Konstanzer Stadträtin und Mutter Christine Finke ihre Forderung, die Bundesjugendspiele abzuschaffen, in ihrer Online-Petition.
Bis Donnerstag, 15.30 Uhr, hatte die Petition über 7260 Unterschriften. Darunter ein Lehrer, der findet: „Ich sehe es genau wie Sie. Ein Wettkampf mit Teilnahmezwang ist pädagogischer Unfug.“ Oder eine Mutter, die schreibt: „Wie ich die alljährliche Demütigung schon als Kind und Teenager gehasst habe und mir wünsche, dass meine Kinder nicht zum sportlichem Wettkampf gezwungen werden.“
Doch in sozialen Netzwerken bläst der Mutter auch harter Gegenwind ins Gesicht. So schreibt Nutzer Wolfram Jaschke auf unserer Facebook-Seite: "Dann schaffen wir bitte auch Mathematik, Deutsch, Englisch, Physik, Chemie, Musik etc ab, weil da haben es schwache Schüler ja auch schwer und könnten gehänselt werden."
Ein Sport-Coach schreibt ebenfalls bei Facebook: "Packt sie halt gleich in Watte...Sport ist eh nicht gut für Kinder...und Wettkampf schon gar nicht. Als nächstes schaffen wir die Noten in den Schulfächern ab...Peinlich!"
Jan-Eric Peters twittert: "Bundesjugendspiele abschaffen? ich finde ja auch Sackhüpfen und Eierlauf irgendwie zu leistungsorientiert..."
Die Meinungen gehen weit auseiander. In einer nicht repräsentativen AZ-Online-Umfrage stimmte zwar die Mehrheit für den Erhalt der Spiele, aber 42 Prozent teilen die Meinung, sie seien nicht mehr zeitgemäß. Die Reaktionen spalten ganze Berufsgruppen.
Schulberatungsstelle Schwaben kennt Problem nicht
Der Leiter der Staatlichen Schulberatungsstelle für Schwaben, Hans Schweiger, ist von dem Wirbel um die Bundesjugendspiele überrascht. "Ich kann mich nicht erinnern, dass bei uns in der Beratung das Thema Bundesjugendspiele je eine Rolle gespielt hat. Wir werden mit vielen Sorgen und Nöten vom einfachen Verweis bis zu schweren psychischen Problemen konfrontiert, aber die Bundesjugendspiele waren noch nie dabei." Er könne sich durchaus vorstellen, dass manche Schüler dem Sporttest leidenschaftslos gegenüber stünden. Aber ein flächendeckendes Problem kann er bei seiner Arbeit nicht erkennen.
Bundesjugendspiele haben sich stark verändert
Beim Bayerischen Kultusministerium ist die Debatte um den Leistungsgedanken bei den Bundesjugendspielen dagegen bekannt. "Darüber wird immer mal wieder gesprochen", sagt Henning Gießen, stellvertretender Pressesprecher. Daher habe man bereits vor einigen Jahren am Konzept geschraubt. Schulen können nun zwischen dem klassischen Wettkampf, einem spielerischen Wettbewerb und einem Mehrkampf wählen. "Der Wettbewerb ist beispielsweise etwas für die Grundschule. Hier geht es weniger um Weiten und Zeiten als vielmehr um die Erledigung verschiedener Aufgaben wie Zielspringen -alles spielerisch und mit Freude an der Bewegung."
Beim Mehrkampf können man sich Übungen aus den Sportarten Leichtathletik, Schwimmen und Turnen aussuchen. Auch hier gäbe es keine strengen Wertungstabellen mehr. Lediglich die Variante Wettkampf entspräche den klassischen Bundesjugendspielen, von denen die Stadträtin aus Konstanz berichtet. Schulen könnten frei wählen, welche Variante sie anbieten.
Eine Bestrebung, die Bundesjugendspiele tatsächlich abzuschaffen gibt es laut Gießen nicht. "Es ist durchaus wichtig, dass wir uns in der Gesellschaft immer wieder fragen, wieviel Leistung brauchen und wollen wir. Aber die Bundesjugendspiele sind ein Bestandteil schulischen Lebens und werden es auch bleiben."
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