Sie bloggte über ihr Leben mit dem Krebs - nun ist Tamara gestorben
Tamara hat Leberzellkrebs. Ihre Therapie: Sie teilt ihre Krankheit auf Instagram. Mit bewegenden Bildern erreicht sie tausende Fans. Doch ein Happy End gibt es nicht.
Es gibt viele Möglichkeiten, mit einer Krebs-Diagnose umzugehen. Manche ziehen sich zurück, andere versuchen einfach so weiterzumachen, wie bisher. Tamara hat sich dafür entschieden, mit ihrer Krankheit an die Öffentlichkeit zu gehen. Auf ihrem Instagram-Profil teilt die 29-Jährige ihr Leben mit Leberzellkrebs mit rund 90.000 Abonnenten, gibt Einblicke in das Leben mit ihrer Familie, ihre Krankenhaus-Aufenthalte und schreibt bis ins kleinste Detail darüber, was der Krebs mit ihr macht. "Das ist meine persönliche Therapie", schreibt sie auf ihrem Blog. "Und ihr könnt mich begleiten."
Auf den ersten Posts auf ihrem Profil, das sie unter dem Namen "knallxbunt" führt, ist davon noch nichts zu sehen, alles wirkt so, wie man es aus Instagram sonst kennt: Bilder von Urlauben, Konzerten oder ihren Söhnen. Auch nachdem sie Ende 2016 ihre Diagnose erhält, teilt Tamara ihren Followern zunächst nichts mit. Nach der Geburt ihres dritten Kindes ändert sich das: Fast ein Jahr nach ihrer Diagnose eröffnet die Wolfsburgerin, dass sie schwer krank ist. Fortan streuen sich immer mehr nachdenkliche Posts in ihr Profil, Mitte September schließlich veröffentlich Tamara ein Foto, auf dem sie ihre Mutter umarmt. Es dürfte der letzte Eintrag bleiben. Im Laufe der vergangenen Woche ist Tamara an ihrer Krankheit gestorben.
Instagram-Bekanntheit stirbt an Krebs: Deshalb macht sie ihre Krankheit öffentlich
So schreibt es ihr Vater auf seinem Instagram-Profil. Mit "Mach's gut, mein Herz" verabschiedet er sich von seiner Tochter. Aktuell durchlebe er die schlimmste Zeit seines Lebens. Es schmerze, "sein eigenes Kind so müde, kaputt und von Schmerzen gequält zu sehen". Dass nicht nur Tamara, sondern ihre Familie die schwere Krankheit derart an die Öffentlichkeit tragen, ist bemerkenswert. In einem Interview mit Bild der Frau sprach die Instagrammerin einst darüber, warum sie das tut.
"Ich will Betroffene und Angehörige wachrütteln", sagte sie. Tamara habe ihnen zeigen wollen: "Ihr habt das Anrecht, darüber zu sprechen und auch zu trauern. Wenn du heulen willst, heule. Wenn du lachen willst, lache." Vor ihrer Erkrankung arbeitete sie unter anderem als Model, ihr Instagram-Profil war jedoch nur für Abonnenten einzusehen - Anders als bei vielen anderen, die über Social Media versuchen, ihre Modelkarriere voranzutreiben. Erst, um über ihre Krankheit zu informieren und andere an ihrem Umgang damit teilhaben zu lassen, machte Tamara es öffentlich zugänglich.
90.000 Nutzer begleiteten Tamara auf Instagram auf ihrem Weg mit dem Krebs
Und das mit Erfolg. Ihr Profil wuchs schnell von wenigen hundert Followern auf inzwischen 90.000. Bekam sie für die typischen Instagram-Inhalte - Bilder im Pool oder eine Schale mit Erdbeeren - einst etwa 100 Likes, gefiel das letzte Bild, das sie gemeinsam mit ihrer Mutter zeigt, mehr als 33.000 Nutzern. Tamaras Weg, andere in ihre Krankheit einzuweihen und tiefe Einblicke in ihr Leben zu geben, beeindruckte viele Menschen auf Instagram. "Du bist eine unfassbar starke Frau und deine Kinder können sehr stolz sein, so eine tolle Mama zu haben", lautet etwa ein Kommentar zu einem Foto von Tamara.
Ihre Abonnenten konnten Tamara bis zu ihrem Tod auf einem harten Weg begleiten. 2017 sei ihre Lebenserwartung auf zwei Jahre geschätzt worden, sagt sie im Interview. Ihre Krankheit sei kompliziert, der Tumor an der Pfortader der Leber angedockt, Operationen und Transplantationen erschwere das enorm oder mache sie gar unmöglich. Tamara scheute sich nicht, Bilder ihres vernarbten Bauches nach einem Eingriff auf Instagram zu teilen. Die Maßnahmen blieben jedoch ohne Erfolg. Auch die Behandlungen schlugen nicht an. Nach und nach wurde auf ihren Bildern sichtbar, wie die Krankheit ihr immer stärker zusetzte.
Krebskrank und auf Instagram: Tamara will digital in Erinnerung bleiben
Doch Tamara versuchte weiter, ihr Leben so gut zu leben wie möglich. Sie verbrachte Zeit mit ihrer Familie, reiste, heiratete. Den Krebs nannte sie "Flubber". Auch ihr Onkel sei an der Krankheit gestorben, sie habe verstanden, dass ihr Schicksal das gleiche sein werde, sagte sie im Interview. Doch bis dahin habe sie die Zeit anders nutzen wollen. "Er hat sich an jedem Strohhalm festgehalten und alles an Behandlungsoptionen mitgenommen und versucht. Und leider sehr gelitten", beschrieb sie die Geschichte ihres Onkels. "Ich denke mir heute: Hätte er damals weniger gewollt, hätte er eine bessere Zeit gehabt."
Was mit dem Profil nach ihrem Tod passiert, hat Tamara ihrem Mann überlassen. "Ich finde den Gedanken schön, dass meine Angehörigen dann noch etwas von mir haben…", sagte sie vor ihrem Tod. Sie hoffe, dass das Profil ein digitales Denkmal werde. "Vielleicht sind meine Söhne irgendwann selber auf Instagram, sehen das Profil und denken sich: 'Das ist ein Weg, durch den wir unsere Mama immer noch bei uns haben.'"
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