Lassen sich Einbrüche vorhersagen?
Die hessische Polizei stellt eine Software vor, die prognostizieren soll, wo Diebesbanden demnächst zuschlagen. In Bayern gibt es das schon lange – aber nicht überall.
Zur Bekämpfung von Wohnungseinbrüchen setzt die Polizei immer häufiger sogenannte Prognose-Software ein. Gestern hat das Landeskriminalamt Hessen ein solches Programm vorgestellt, das vorhersagen soll, wann und wo Einbrüche passieren. Es wird zunächst in der Rhein-Main-Region ausgetestet, soll aber langfristig in ganz Hessen angewendet werden, sagte ein Sprecher des hessischen Innenministeriums. In Bayern gibt es ein solches Programm schon länger. Die Software heißt „Precobs“, kurz für Pre-Crime-Observation-System, also ein System, das ein Verbrechen beobachtet, bevor es geschieht. Nur: Wie soll das möglich sein?
Günther Okon arbeitet beim Bayerischen Landeskriminalamt (LKA). Er leitet dort unter anderem das Projekt „Precobs“. Seit etwa zwei Jahren testet die bayerische Polizei diese Software und war damit in Deutschland Vorreiter, sagt er. Auch in Baden-Württemberg laufen Versuche mit der Software. Außerdem experimentiere nach Okons Auskunft die Polizei in Nordrhein-Westfalen mit einem ähnlichen Programm. Nun haben die Kollegen in Hessen eine eigene Software vorgestellt.
Viele Faktoren beeinflussen die Einbruchsrate
Auch dort erhofft sich das LKA, dass mit der neuen Technik die Zahl der Wohnungseinbrüche sinken werde. Wie viele Einbrüche durch das System in Bayern bisher verhindert wurden, lässt sich laut Okon schwer sagen. Denn auf die Einbruchsrate hätten zu viele Faktoren Einfluss. „Aber was wir sagen können, ist: In dem Gebiet in München, in dem wir Precobs getestet haben, ist die Zahl der Wohnungseinbrüche im Testzeitraum um 38 Prozent gesunken – überall sonst um 14 Prozent. Und es scheint auch nicht so zu sein, dass die Einbrecher einfach in die Nachbarschaft ausweichen“, sagt der Polizist.
Hinter der Software steckt Mathematik. Rückblickend hat das Programm Einbrüche in München und in Nürnberg, Fürth und Erlangen ausgewertet und darin Muster erkannt. Diese Muster lassen sich in die Zukunft übertragen. Und sagen mit einer ziemlich großen Genauigkeit vorher, in welchem Gebiet demnächst verstärkt eingebrochen wird. Das funktioniert über sogenannte „Trigger-Delikte“, wie Okon sie nennt. Sie sind Startpunkte einer ganzen Serie. Tritt ein solcher Einbruch auf – etwa ein Schmuckdiebstahl in einem Einfamilienhaus – sind die Ermittler alarmiert und fahren dort etwa häufiger Streife. Denn aus Erfahrung wissen die Beamten, dass Diebesbanden häufig umherreisen und mehrere Tage hintereinander in derselben Region zuschlagen. „Um herauszufinden, wie genau die Prognosen sind, haben wir auch in solchen Gebieten häufiger Menschen kontrolliert“, erzählt Okon. Und tatsächlich tauchten dabei einige bekannte Einbrecher auf.
Auch das hessische Programm berechnet die Einbruchswahrscheinlichkeit in einer Region anhand von Daten. Allerdings hat sich das dortige LKA entschieden, ein eigenes Programm zu entwickeln. „Zum einen hatten wir die Leute, die das können. Zum anderen können wir so die Erfahrung unserer Polizeibeamten mit einbringen“, sagt der Sprecher des Innenministeriums. Denn Precobs wurde vom Institut für musterbasierte Prognosetechnik in Oberhausen entwickelt.
In Bayern wird es bisher auch weiterhin nur in München und im Großraum Nürnberg eingesetzt. Denn damit die Vorhersagen auch zutreffen, müssen in dem Gebiet schon relativ viele Einbrüche passiert sein. Das ist laut Okon nur in diesen Ballungsräumen der Fall.
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