Straßenmusiker Felix Meyer bringt CD raus
Berlin (dpa) Felix Meyer ist ein Phänomen. Ob vor dem Brandenburger Tor, auf den Straßen Hamburgs oder in einer kleinstädtischen Fußgängerzone wo immer der Sänger mit seiner fünfköpfigen Band auftritt, bilden sich flugs Menschentrauben.
Mal sind es 30 oder 50, mal aber auch 150 Zuhörer, die fasziniert innehalten, um einem deutschsprachigen Straßenmusiker zu lauschen. Nun schickt er sich an, auch mit einer CD zu reüssieren: Das Debüt- Album der Band Felix Meyer trägt den Titel "Von Engeln & Schweinen".
"Das Schöne an Straßenmusik ist, dass man sehr nah an den Leuten dran ist, dass man auf Augenhöhe agiert und keine Distanz schafft", schwärmt Meyer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Dazu komme das gemischte Publikum: "Auf der Straße hast Du auch mal eine 85- Jährige, die sich das ganze Konzert anhört und einem danach noch die besten Glückwünsche mitgibt."
Mit zwei Mitgliedern der Band musiziert er schon seit rund zehn Jahren auf der Straße. "Wir haben das früher gemacht, weil wir in den Urlaub fahren wollten und kein Geld dafür hatten. Da sind wir einfach losgezogen mit einer Gitarre." In Italien, Spanien, Frankreich war man so unterwegs. Immer häufiger aber auch in Deutschland, vor allem in einer Stadt: "Lüneburg, da sind wir immer wieder hin."
In Lüneburg auf der Straße war es auch, wo Peter Hoffmann der Band begegnete, Produzent von Tokio Hotel, der auch mit Künstlern wie Ben Becker zusammengearbeitet hat. Hoffmann lud Felix Meyer ein: "Wir haben uns unterhalten, was man machen könnte, und waren uns ziemlich schnell einig, dass es Richtung deutscher Chanson gehen soll", berichtet Meyer.
Schließlich gesellte sich Franz Plasa dazu, Produzent von Deutschrock-Größen wie Selig. Mit ihm nahm man das Album "Von Engeln & Schweinen" auf. "Das war letztes Jahr, jetzt ist es im Laden und wir sind damit auf der Straße unterwegs und abends in den Clubs." Einen bundesweiten Veröffentlichungstermin gab es nicht, nach und nach erschien das Album in den Städten, in denen Meyer spielt.
Nebst den so hintersinnigen wie melancholischen Texten ist es vor allem Meyers Stimme, die einnimmt. Erstaunlich tief und warm ist diese - dem eher schmächtigen Sänger mit dem Wuschelkopp kaum zuzutrauen. Bisweilen erinnert er an Sven Regener von Element of Crime. Ein Vergleich, mit dem Meyer (Jahrgang 1975) gut leben kann: "Element of Crime ist auf jeden Fall ein Vorbild. Sie können Situationen, die manchmal ganz alltäglich und banal sind, in schöne Lieder verwandeln."
Meyer gelingt dies nun selbst, wie in Songs wie "Kaffee ans Bett". Es geht um die Liebe, um Sehnsucht. Toll auch das Stück "Nordwind", so Poetisches kam lange nicht aus Deutschland: "Manche tragen die Wellen aufs Meer raus, und nur selten kommt einer davon zurück."
Meyers so bildreiche Sprache kündet von einer zweiten Leidenschaft: der Fotografie. Für diese verließ er einst Berlin, seine Geburtstadt, um in Kiel zu studieren. Übers Titelstück indes sagt Meyer: "Es gibt Momente in Beziehungen, wo sich eine der Personen vom Engel, den man irgendwann kennengelernt hat, zum Schwein entwickelt."
Der Band, deren Instrumentarium vom Akkordeon über die Gitarre bis zum Banjo reicht, geht es um ein Stück "gelebte Freiheit". Eine Freiheit, die sich mit den Ideen großer Labels kaum verträgt. Für sie findet Meyer kritische Worte: "Die Plattenindustrie hat viele Sachen versäumt, geht wenig raus, kümmert sich vor allem darum, dass die Chefetagen weiter gut leben können, und fast gar nicht um Musik, bei der es um irgendetwas geht." Der Sänger erklärt: "Wir suchen uns unseren Markt selber." Die neu gegründete Musikfirma Hopla Reloaded soll dabei helfen. Dabei hat Felix Meyer, die Ausnahmeerscheinung unter den Straßenmusikern, seinen Markt längst gefunden: Es sind die Fußgängerzonen zwischen Salamanca und Sylt.
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