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Kurios
28.09.2018

Verrücktes Spiel: Wo Scrabble zum Volkssport geworden ist

In Nigeria ist Scrabble Volkssport. Und damit ist nicht die Fähigkeit gemeint, mit solchen Fingernägeln Wörter zu legen.
Foto: Christian Putsch

Nur ein Spiel? Von wegen. In Nigeria gehört Scrabble zur Kultur. Dort gibt es tausende Profis und ein Idol, das mit fünf Buchstaben Geschichte geschrieben hat.

Als Treffpunkt hat der Champion ein kleines Turnier in einem unscheinbaren Tagungszentrum vorgeschlagen. An 30 Tischen sitzen sich Spieler im grellen Neonlicht eines Konferenzraumes gegenüber. Wer am Ende des Tages gewinnt, bekommt umgerechnet 180 Euro und darf in einigen Wochen bei der Meisterschaft des Bundesstaates mitmachen. Dafür ist Wellington Jighere, der Weltmeister des Jahres 2015, längst qualifiziert. Er tritt also bei diesem Turnier nicht an. Aber der 35-jährige Profi liebt die Atmosphäre hier. Diese konzentrierte Stille, die bei einer derartigen Ansammlung von Menschen am Rande von Lagos wohl nur bei Scrabble-Veranstaltungen zu finden ist. Durchbrochen lediglich vom Klicken der Buchstabensteine. Oder dem Raunen der Zuschauer, wenn sich ein spannendes Spiel dem Ende nähert. Und mittendrin Wellington Jighere. Das hier ist der leise Soundtrack seines Lebens.

Moment mal: Wir reden über Scrabble! Jenes ziemlich in die Jahre gekommene Brettspiel, dem der Hersteller Mattel gerade zum 70. Geburtstag neues Leben einhauchen wollte, indem er verkündete, in Deutschland werde der Klassiker künftig „Buchstaben-Yolo“ heißen. Was sich als PR-Gag entpuppte, der im Internet in einem Shitstorm gipfelte. Also weiter Scrabble, wer immer es hierzulande noch spielt.

In Lagos dagegen, der Millionen-Metropole in Nigeria, ist Scrabble Volkssport und Wellington Jighere ein Superstar. Ein Fernseh-Team der BBC ist gekommen, um ihn zu interviewen. Spieler sprechen ihn an und fragen um Rat. Seit Jighere vor drei Jahren in Australien als erster Afrikaner überhaupt den WM-Titel und ein Preisgeld von 10.000 Dollar gewann, hat er Prominentenstatus. Dabei war er erst kurz vor der ersten Partie in Perth angekommen. Das Gastgeberland hätte ihm beinahe das Visum verweigert – ein immer wiederkehrendes Problem der nigerianischen Scrabble-Spieler bei internationalen Turnieren.

Zur Belohnung durfte der Scrabble-Weltmeister in die Präsidentenvilla

Nur Stunden nach seinem Triumph rief Staatspräsident Muhammadu Buhari an (beim Scrabble-Weltmeister!) und gratulierte, einige Wochen später wurde er mit seinen Teamkollegen in der Präsidentenvilla geehrt. In Nigeria ist Scrabble eine von 30 staatlich geförderten Sportarten. Von den besten 100 Spielern der Weltrangliste für englische Wörter stellt Nigeria derzeit 32, mehr als jede andere Nation. Jighere ist als Vierter bester Afrikaner. Für zehntausende Scrabble-Spieler des Landes ist er das Idol.

Ein bescheidenes noch dazu. Am Rande des Raumes spricht er über seine Leidenschaft, mit gesenkter Stimme, dass ja niemand gestört wird. „Das ist ein mental wahnsinnig anstrengender Sport, der nur mit viel Arbeit funktioniert“, sagt er. „Manchmal aber gibst du dein Bestes und verlierst trotzdem. Du kannst dir nie sicher sein, wie im richtigen Leben. Das mag ich.“

Ein Zufall ist der Erfolg der Nigerianer nicht. Seit britischen Kolonialzeiten ist Scrabble populär, es wird in Schulen und an den meisten Universitäten gespielt. Der Verband ist in allen 36 Bundesstaaten weit verzweigt, als Teil der Sportförderung bezahlt die Regierung einige Trainer und Funktionäre.

Wellington Jighere war 2015 der erste Scrabble-Weltmeister aus Afrika. Hier ist der Vollprofi bei einem Turnier in Lagos zu sehen.
Foto: Christian Putsch

Jighere wird später seinen ersten Trainer besuchen, den ehemaligen Armee-General Gold Eburu, der am Stadtrand in einem unscheinbaren Haus lebt. „Scrabble wurde in den sechziger Jahren vor allem von Leuten verbreitet, die eine Zeit lang in Europa gelebt hatten“, erzählt dieser. „Als ich 1972 in die Armee eingetreten bin, hatten wir abends Ausgangssperre. Wir haben ewige Zeiten Scrabble gespielt, um uns die Langeweile zu vertreiben.“

Der 68-Jährige ist einer der Pioniere des Spiels, trat bei den ersten großen Turnieren in den achtziger Jahren an und wurde 1989 der erste Präsident des nationalen Verbands. „Scrabble gehört inzwischen zu unserer Identität, es ist ein fantastischer Denksport.“ Allein in Lagos gibt es zehn privat finanzierte Scrabble-Akademien. Auch Jighere plant die Eröffnung einer entsprechenden Schule. Online gibt er bereits gegen Gebühr Unterricht, der geschickte Vermarkter verkauft auch seine eigenen Brettspiele. „Scrabble hat viele Parallelen zu Schach“, sagt Jighere, „die Strategie ist ein wichtiger Faktor, das Vorausplanen. Aber auch die körperliche Fitness.“ Er geht laufen und ins Fitnessstudio, um für die langen Turniertage bereit zu sein. Dort trinkt er dann mehrere Liter Wasser, um nicht zu dehydrieren.

Nigerias Bürger reden gerne viel und das oft laut

Doch die Begeisterung hat auch kulturelle Gründe. Nigerias Bürger reden gerne viel und das oft laut. Mehr als 500 Sprachen werden hier gesprochen, Englisch ist die am weitesten verbreitete. Die Kultur des Geschichtenerzählens und langer Diskussionen ist in Afrikas einwohnerreichstem Land (190 Millionen) stark ausgeprägt. Mit Chinua Achebe, Wole Soyinka und zuletzt Chimamanda Ngozi Adichie hat Nigeria einige der berühmtesten Schriftsteller Afrikas hervorgebracht – die Liste ließe sich lange fortführen.

Hinzu kommt eine lange Geschichte von Brettspielen in Afrika, die weit in die vorkoloniale Zeit zurückreicht. Mit ihnen werden bis heute Werte und kognitive Fähigkeiten vermittelt. In Nigeria ist auch das in Ghana entstandene Oware-Spiel populär, bei dem Pflanzensamen verschoben werden. Der Name bedeutet so viel wie „er heiratet“ – basierend auf der Legende, der zufolge ein Mann und eine Frau das Spiel über Jahre spielten und letztlich heirateten. Das im südlichen Afrika populäre „Morabaraba“ simuliert dagegen Strategien zum Zusammentreiben einer Rinderherde. In einer ganzen Reihe von traditionellen Spielen geht es darum, Schlachten zu gewinnen.

Scrabble ist heute eines der populärsten Spiele. Jighere bekam es von seinem älteren Bruder beigebracht. Er finanzierte sich das Studium der Agrarwirtschaft mit Turnieren. „Danach war ich zu gut, um das Spiel an den Nagel zu hängen“, sagt Jighere, der das Hobby zum Beruf gemacht hat. An der Spitze der 4000 Spieler in Nigeria, die Scrabble leistungsorientiert betreiben, kann man nur als Profi bestehen, sagt er.

Sein Training ist zeitaufwendig. Vor Wettkämpfen spielt er vier bis fünf Stunden täglich gegen die besten Spieler des Landes. Aber er nutzt auch eine recht einsame Methode, die er schlicht „Ausstreichen“ nennt. Dafür nimmt er das Collins-Wörterbuch und streicht täglich Seite für Seite alle Wörter durch, die ihm bekannt sind. Wenn eine neue Edition herauskommt, konzentriert sich Jighere auf die neu aufgenommenen Begriffe. Hin und wieder gehören dazu auch Ausdrücke aus dem Pidgin-Englisch, einer vereinfachten Form des Englischen, die als Slang in vielen Teilen Nigerias gesprochen wird.

„Wenn ich gut im Training bin, beherrsche ich rund 90 Prozent der Wörter“, sagt der Spieler, „aber man verliert sie auch schnell wieder aus dem Gedächtnis.“ Derzeit ist er nicht in Bestform. Die Planung seiner Akademie kostet viel Zeit, zudem kämpfte er auch für den Erhalt der staatlichen Scrabble-Förderung. Nigerias Wirtschaft schwächelt seit Jahren, die Regierung plant eine erhebliche Kürzung der Mittel. „Damit gefährden wir ein großes Stück unserer Kultur“, sagt Jighere.

Jetzt steht die nächste Scrabble-Weltmeisterschaft an

Keine optimalen Bedingungen also für die nächste Weltmeisterschaft, die ab 23. Oktober in England stattfinden soll. Die Konkurrenz wird immer stärker, allen voran der Neuseeländer Nigel Richards. Der dreifache Weltmeister hat selbst im französischen Wettbewerb einige wichtige Turniere gewonnen – ohne die Sprache wirklich zu sprechen. Der Mann mit dem fotografischen Gedächtnis studierte vor seinen ersten großen Titeln neun Wochen lang ein französisches Wörterbuch. Jighere weiß, dass er nur dann den Ansatz einer Chance gegen den 51-Jährigen und andere Top-Spieler hat, wenn er sein Leben voll auf Scrabble ausrichtet.

Jetzt aber zählt nicht die Zukunft seines Sports, sondern nur der Augenblick, Buchstabe für Buchstabe. Ein ambitionierter Amateur bittet um eine Partie. Wellington Jighere stimmt mit seinem breiten Lächeln zu und wirkt so konzentriert wie bei einer Weltmeisterschaft. Nigerianer sind für einen Spielstil kürzerer, maximal sieben Buchstaben langer Wörter mit hohen Punktwertungen bekannt. Damit versperren sie dem Gegner auf dem Spielbrett geschickt den Weg für längere Wörter.

Bezeichnenderweise hat Jighere das WM-Finale mit dem nur aus fünf Buchstaben bestehenden Wort „felty“ (filzig) entschieden. Doch seine Stärke ist, dass er die Strategie jederzeit ändern und plötzlich lange Fremdwörter einsetzen kann. „Wellingtons größte Stärke ist seine außergewöhnliche Ruhe“, sagt Nsikan Iyanam, einer der besten Spieler in Lagos. „Er ist undurchschaubar und tritt immer gleich auf – egal, ob er verliert oder gewinnt.“ Allein das verunsichere viele Gegner.

Entsprechend mühelos gewinnt Jighere gegen seinen heutigen Herausforderer. Wenn er neue Buchstaben aus dem Stoffsack zieht, hält er diesen hoch über den Kopf. Die Regeln besagen, die Steine müssen über Augenhöhe gezogen werden, damit nicht geschummelt werden kann. Egal ob bei Profiturnieren oder hier beim Freundschaftszocken – Jighere streckt die Arme weiter in die Höhe als jeder andere. Das sei, sagt er, eine Frage des Prinzips.

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