Wer ist die Frau, die Harvey Weinstein verteidigt?
Ex-Hollywood-Mogul hat in Donna Rotunno eine Anwältin, die mit harten Bandagen kämpft. Zum Ende des Prozesses betont sie einmal mehr, dass Weinstein unschuldig sei.
Vergewaltigungsopfer scheuen häufig den Zeugenstand vor Gericht – und das aus nachvollziehbaren Gründen. Öffentlich über das zu sprechen, was ihnen angetan wurde, ist mit Scham behaftet. Und birgt die Gefahr neuer seelischer Verletzungen. Donna Rotunno, die Anwältin von Harvey Weinstein, macht es ihnen nicht gerade leichter.
Der 44-Jährigen eilt der Ruf eines „Rottweilers“ voraus, nicht zuletzt deshalb hat Weinstein sie engagiert. Der andere Grund, warum Weinstein sie beschäftigt? Sie ist eine Frau. „Wenn ich ein Opfer befrage, hat das auf die Jury eine ganz andere Wirkung, als wenn das ein Mann tut“, sagt sie selbst.
Mehr als 80 Frauen haben dem heute 67-jährigen Weinstein seit 2017 sexuelle Übergriffe vorgeworfen, darunter namhafte Schauspielerinnen. In New York geht es allerdings nur um zwei Vorfälle aus den Jahren 2006 und 2013. Die Vorwürfe: Vergewaltigung, kriminelle sexuelle Handlungen und räuberische sexuelle Übergriffe. Der einstige Hollywood-Mogul beteuert, jegliche sexuelle Handlungen seien einvernehmlich erfolgt. Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe; seine Chef-Anwältin versucht diese abzuwenden. Zimperlich geht sie dabei nicht vor.
Weinsteins Anwältin setzt Zeuginnen im Verhör massiv unter Druck
Als die ehemalige Kellnerin Tarale Wulff etwa ihre Aussage gegen Weinstein vortrug, fragte Rotunno sie wieder und wieder, ob sie nicht extra zu einem Therapeuten gegangen sei, um ihre Erinnerung an die Tat aufzufrischen. Die Schauspielerin Annabella Sciorra, die mutmaßlich 1994 von Weinstein vergewaltigt wurde, fragte sie, warum sie nicht geschrien, ihn nicht gekratzt oder den Vorfall ihrer Hausverwaltung gemeldet habe. Jessica Mann, die Weinstein in diesem Prozess vorwirft, sie 2013 in einem Hotelzimmer vergewaltigt zu haben, setzte Rotunna im Kreuzverhör derart unter Druck, dass die Sitzung abgebrochen werden musste.
Der Juristin aus Chicago wird damit die komplizierte Rolle der derzeit prominentesten #MeToo-Gegnerin zuteil. Für sie ist diese Bewegung, die ja überhaupt erst durch den „Fall Weinstein“ ins Rollen gekommen ist, weit über das Ziel hinausgeschossen. „Wenn wir eine Bewegung haben, die uns unserer Grundrechte beraubt, dann lässt sich das durch nichts rechtfertigen“, sagt sie und fügt an: „Was mit #MeToo passiert, ist, dass wir vollkommen fraglos allen Frauen glauben sollen. Ich halte das für gefährlich.“
Donna Rotunno will zeigen, dass Weinstein das Opfer ist
Ihre Verteidigungsstrategie hat in den letzten knapp fünf Wochen darauf abgezielt zu zeigen, dass Weinstein nicht der Täter, sondern das eigentliche Opfer ist. Seien die beiden Frauen nicht willentlich und wissentlich sexuelle Beziehungen mit Weinstein eingegangen? Hatten sie nicht auch nach den fraglichen Vorfällen noch beruflichen und privaten Kontakt zu ihm? Als Beweise dafür legte sie dem Gericht intime E-Mails und Textnachrichten vor. „Jeder, der seinen gesunden Menschenverstand benutzt, wird erkennen, dass es sich hier nicht um ein Täter-Opfer-Verhältnis handeln kann.“ Bei ihrem leidenschaftlichen Schlussplädoyer am Donnerstag klang das so: „Er war unschuldig, als er hier in das Verfahren kam, er war unschuldig, als jeder Zeuge ausgesagt hat, und er ist jetzt gerade unschuldig.“ Weinsteins Verhalten gegenüber Frauen sei gewiss nicht vorbildhaft gewesen. Doch einen kriminellen Akt habe es in den beiden fragliche Fällen nicht gegeben.
Am diesem Freitag ist die Anklage mit ihrem Plädoyer an der Reihe. Ab Dienstag nächster Woche sollen sich die zwölf Geschworenen dann auf unbestimmte Zeit zu Beratungen zurückziehen, um über Schuld oder Unschuld Weinsteins zu entscheiden.
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