Wie Schuhe Qual, Leidenschaft und Besessenheit auslösen
Ballerinas, Chucks, Ugg Boots, High Heels... Eine Ausstellung im Londoner Victoria and Albert Museum zeigt die Qual, Leidenschaft und Besessenheit, die Schuhe auslösen können.
Die Ballerinas wirken wie in Blut getränkt, wie sie da fein schimmernd in der Vitrine hängen. Als Symbol der Begierde erinnern sie an ein berühmtes und gleichwohl trauriges Werk. Sie stehen für die unwiderstehliche Verlockung, die zum Tode führt. Es sind Ballerinas aus dem Film „Die roten Schuhe“ aus dem Jahr 1948, in dem die Protagonistin zerrissen ist zwischen der Liebe zu einem Mann und jener zum Ballett. Am Ende begeht sie Selbstmord, ihre letzten Worte gelten ihren unruhigen, roten Schuhen.
Die Geschichte ist eine Adaption aus dem gleichnamigen Märchen von Hans Christian Andersen, in dem das Mädchen wie eine Geisel ihrer Ballerinas tanzt und tanzt – am Ende aus dem Leben. In der neuen Ausstellung „Shoes: Pleasure and Pain“ (Schuhe: Freude und Schmerzen), die ab 13. Juni bis zum 31. Januar 2016 im Londoner Victoria and Albert Museum gezeigt wird, werden die qualvollen Seiten, Schuhe zu tragen, ebenso beleuchtet wie die Leidenschaft und Besessenheit, die sie auslösen können. Kein Wunder, dass Cinderellas gläserner Schuh neben die Ballerinas auf ein Samtkissen gebettet wurde.
250 Paar erzählen Geschichten der Verwandlung
Schuhe bestrafen und belohnen, erheben und verführen, beschleunigen und behindern durch ihre Macht der Verwandlung, fasst eine Erklärtafel zusammen. Die mehr als 250 Paar erzählen Geschichten der Verwandlung ihrer Trägerinnen, betonen ihre kulturelle Bedeutung in verschiedenen Zeiten und an unterschiedlichen Ecken der Welt und erinnern an Trends, spiegeln die sich ändernden Geschmäcker von Mann und Frau gleichermaßen wider und zeigen das Kleidungsstück als erotische Fetisch-Objekte.
Die Ausstellung gibt einen Einblick in ein Thema, das fest in unserer individuellen und kollektiven Psyche verankert zu sein scheint. Schuhe erinnern an Lebensphasen und wecken Gefühle. Sie tragen uns durchs Leben und an Sehnsuchtsorte. So entdecken die jugendlichen Subkulturen seit Jahrzehnten immer wieder die Chucks von Converse neu, bei Musikstars gehören sie fast zur Arbeitsuniform. Dabei wurden die Sneakers 1917 ursprünglich als Basketballschuhe entwickelt. Oder der berühmte Doc Martens, der, eingeführt während des Zweiten Weltkriegs von dem deutschen Arzt Klaus Märtens, schon vor Jahrzehnten Kultstatus erlangt hat.
Auch Pumps von "Sex and the City"-Designer Manolo Blahnik zu bestaunen
Die Vorreiter der Ugg Boots wurden ursprünglich in den 70er Jahren von australischen Surfern getragen, um die Füße nach dem Wellenreiten warmzuhalten. Heute schlurfen Menschen weltweit in diesen Stiefeln herum. Die Ausstellung geht zurück bis zu den goldenen Sandalen aus dem alten Ägypten. Sie erklärt, dass es noch vor den 1830er Jahren keine Unterscheidung zwischen rechten und linken Schuhen gab, erläutert anhand von Miniaturschuhen die chinesische Tradition des Füßebindens.
Woher kommen unbequeme Schuhe? Frauen, die im alten Venedig hohe Absätze trugen, waren reich. Es war ein Statussymbol und zeigte: „Wir müssen nicht laufen“, erklärt die Kuratorin Helen Persson. Auch im 21. Jahrhundert sorgen Schuhe allein beim Anblick für Fallängste.
Berühmt wurde etwa der spektakuläre Sturz von Supermodel Naomi Campbell bei einer Modenschau von Vivienne Westwood. Die monströsen High Heels sind in London ebenfalls zu sehen wie extravagante, an Engelsflügel erinnernde Stiefeletten der Sängerin Lady Gaga oder Stücke von Marilyn Monroe. Nicht fehlen dürfen natürlich filigrane Pumps von Manolo Blahnik, dessen Kreationen durch die Serie „Sex and the City“ zum Inbegriff von Luxus und Weiblichkeit emporstiegen.
Die Ausstellung "Shoes- Pleasure and Pain" läuft vom 13. Juni 2015 bis 31. Januar 2016 im Victoria and Albert Museum, Cromwell Road, London SW7 2RL. Tickets kosten 12 Pfund. Öffnungszeiten: Täglich von 10 Uhr bis 17.45 Uhr, freitags bis 22 Uhr.
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