Wie ein Lied über Oma als "Umweltsau" zu großer Empörung führte
Ein Kinderchor des WDR singt ein satirisches Lied, von dem sich viele angegriffen fühlen. Das Netz tobt. Dann entschuldigt sich der Intendant.
Es ist ja nicht so, dass der Streit neu wäre. Mehr als 100 Jahre ist es her, dass Kurt Tucholsky einen Text veröffentlichte, der mit der ewigen Frage überschrieben war: "Was darf Satire?" Darin schrieb er: "Die Satire muss übertreiben und ist ihrem tiefsten Wesen nach ungerecht. Sie bläst die Wahrheit auf, damit sie deutlicher wird, und sie kann gar nicht anders arbeiten als nach dem Bibelwort: Es leiden die Gerechten mit den Ungerechten." Und das Leiden ist gewaltig in diesen Tagen. Zu biblischen Zeiten wäre wohl eine Heuschreckenplage über die Zentrale des WDR in Köln hereingebrochen – heute tobt ein "Shitstorm" auf Facebook und Twitter.
Die Zeile, die empörte: "Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau"
Auslöser ist ein umgetextetes Liedchen, das ein Kinderchor zur Melodie von "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" gesungen hat. Für Gefühlswallungen sorgt der nicht ganz geschmackssichere Refrain: "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad. Das sind tausend Liter Super jeden Monat. Meine Oma ist ‘ne alte Umweltsau."
WDR-Intendat Tom Buhrow entschuldigt sich
Nun ist sicher weniger die Oma die Klimasünderin, die einmal im Jahr im Urlaub nach Lanzarote fliegt und ansonsten das vorlebt, was man neudeutsch als nachhaltig bezeichnet: Reste-Essen, regional Einkaufen, die Bluse darf gern mehrere Jahre alt sein – und den Kaffee gibts im Kännchen statt im To-Go-Becher. Doch so ist das eben mit der Satire: Manchmal gelingt sie, manchmal nicht. Doch auf stumme Missbilligung durfte der WDR nicht hoffen. Vom Krankenbett seines 92-jährigen Vaters wurde Intendant Tom Buhrow in eine Spezialsendung zugeschaltet, um sich öffentlich und "ohne Wenn und Aber" zu entschuldigen. Ob’s geholfen hat? Das lesen Sie auf der Seite Panorama.
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Ein Liedchen mit einer wenig geschmackvolen Textstelle beschäftigt einen Ministerpräsidenten und einen Intendanten. Ja geht's noch?
Die übliche Empörungswelle bei nichtstromlinienförmigen Worten und Bezeichnungen schwappt in die Entscheideretage und durch die pflichtschuldig berichtende Presse.
Und dann wundern wir uns, wenn üble Rattenfänger den Unmut über diese permanente schönfärbende Vorgaben (wie wir zu reden haben, wie wir uns zu verhalten haben, wann und wie wir Betroffenheit zu zeigen haben, etc) für ihre üblen Zwecke nutzen.