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  3. Italien: Wo die Deutschen Jagd auf Riesen-Waller machen

Italien
09.10.2017

Wo die Deutschen Jagd auf Riesen-Waller machen

Alles, was Tobias Oppacher will, ist ein Erinnerungsfoto mit dem 2,20 Meter langen Waller. Dann darf der Fisch zurück ins Wasser.
3 Bilder
Alles, was Tobias Oppacher will, ist ein Erinnerungsfoto mit dem 2,20 Meter langen Waller. Dann darf der Fisch zurück ins Wasser.
Foto: Max Intrisano

Es gibt Dinge, die ein Angler-Leben krönen. Zum Beispiel ein Zwei-Meter-Wels. Darum zieht es so viele nach Norditalien, an den Po. Wo die Fischer dürfen, was nirgends erlaubt ist.

Der Kampf beginnt um sieben Uhr früh. Die Sonne ist gerade über dem Po aufgegangen, als Tobias Oppacher und Thomas Schedlbauer von der Klingel geweckt werden, die sie vorsorglich an ihren Angeln befestigt haben. Sie springen von den Feldbetten im Motorboot auf, mit der Angel hinein ins kleine Schlauchboot. Am Haken muss ein Monstrum von einem Fisch hängen, so sehr kreischt die Schnur auf der Rolle. Die beiden Männer aus Herrsching am Ammersee lassen sich von dem Waller flussabwärts Richtung Ferrara ziehen. „Es ist ein schwer zu beschreibendes Gefühl, sagt Oppacher. „Die Strömung, der Sonnenaufgang, der große Fisch an der Angel.“ Manche nennen es Anglerrausch, diese Mischung aus Jagdtrieb, Naturgewalten und Adrenalin.

Anderthalb Stunden später ist der Kampf vorbei. Schedlbauer greift dem Tier mit einem Handschuh an den Kiefer, die Männer ziehen den Fisch mit vereinten Kräften und einigen Ur-Lauten ins Boot. Zur Dokumentation ihrer Glückseligkeit bringen die beiden das vorzeitlich anmutende Ungeheuer mit seinem riesigen Maul und seinen Barteln auf eine Sandbank. Sie legen den Waller auf eine Plastikplane, um die Schleimhäute nicht zu beschädigen und nehmen Maß. 2,20 Meter Länge, zwischen 70 und 80 Kilogramm Gewicht. „Der Wahnsinn!“, sagt Schedlbauer. Sie schießen Erinnerungsfotos, wenig später schwimmt der riesige Fisch wieder im Fluss.

Der Po, das ist ein bisschen wie Wilder Westen für Angler

Der Po ist Europas letztes Anglerparadies, ein Garten Eden für Fischer, in dem der Sündenfall zum Alltag geworden ist. Der Fluss in Norditalien ist naturbelassen und wird von den Einheimischen weitgehend ignoriert. Sportanglern aus Deutschland und Österreich sowie Wilderern aus Rumänien und Ungarn dient der Po hingegen als Revier, seit bald zwei Jahrzehnten schon. Die Szene bleibt unter sich, beinahe ungestört vor staatlicher Kontrolle. Der Po ist Niemandsland, eine Art Wilder Westen für Angler in Norditalien.

17 sogenannte Waller-Camps reihen sich entlang des Po zwischen Cremona und der Mündung in die Adria. Die Betreiber, fast alle aus Deutschland oder Österreich, haben sich den Fluss mit inoffiziellen Absprachen aufgeteilt und halten sich die Konkurrenz mit teilweise brachialen Methoden vom Leib. Und das alles für den Waller, auch bekannt als Wels. Europas größter Süßwasserfisch gedeiht im Po prächtiger als überall sonst. Das Wasser ist vergleichsweise warm, der Futterbestand enorm. Die Fische erreichen Größen, von denen Angler zwischen Donau und Rhein nur träumen können. Wer sich nicht ganz ungeschickt anstellt, der krönt hier innerhalb einer Woche sein Anglerleben mit einem Zwei-Meter-Fisch.

Urlaub auf dem Motorboot: Für Thomas Schedlbauer (links) und Tobias Oppacher ist es ein Gefühl von Freiheit.
Foto: Max Intrisano

Der Reiz für die Angler besteht zudem darin, dass man am Po Dinge erlauben kann, die in Deutschland oder Österreich längst tabu sind. Thomas Schedlbauer zählt auf: „Nachts fischen, zur besten Beißzeit. Vom Boot aus angeln.“ In den meisten Gebieten am Po darf man sogar lebendige Fische als Köder an den Haken hängen, eine in Deutschland oder Österreich illegale Praxis. Der Waller dankt, der Köderfisch weniger. Am Po ist zwar auch nicht alles erlaubt, aber es wird fast alles geduldet. Hängt der Waller einmal am Haken, müsste er – wegen seiner Gefräßigkeit und weil er keine heimische Art ist – laut Gesetz entnommen und getötet werden. Aber ein Sportangler will kein Filet sondern ein Foto. „Wenn der Angler den Wels wieder freilässt, ist das ja auch eine Art von Naturschutz“, sagt ein Beamter vom Jagd- und Fischereiamt in Reggio Emilia. Die Fischer haben nichts zu befürchten. „Es ist einfach ein großes Freiheitsgefühl hier“, sagt Tobias Oppacher und strahlt dabei.

Manche Anbieter nutzen genau das als Werbeargument. „Einem entspannten Angelabenteuer völlig ohne Angst vor Kontrollen oder Bestrafungen steht hier in Polesella nichts im Weg“, heißt es auf der Webseite eines deutschen Campbetreibers. Auch deswegen kommen jedes Jahr Tausende Angler aus Deutschland und Österreich in die Gegend zwischen Cremona und Ferrara und leben ihre Fantasien aus.

Im Sommer Waller-Fischen, im Winter Haifisch-Angeln  

„Ich mache Anglerträume wahr“, sagt Harry Stadlhuber. Er ist der Chef eines der Waller-Camps und hat mit einer FC-Bayern-Fahne und einer weißblauen Flagge sein Revier bei Mantua markiert. Vor 14 Jahren siedelte er aus Oberbayern über. „Mein Angelgeschäft in Mühldorf ging kaputt, meine Ehe auch, so kam ich damals her“, erzählt der 52-Jährige. Seitdem betreut er von seinem Bootshaus am Po-Ufer aus seine Gäste, 750 sind es im Jahr, die meisten aus Süddeutschland. Zwischen März und Oktober ist die „Casa Siluro“ geöffnet, im Winter fliegt Stadlhuber nach Florida zum Haifisch-Angeln.

Stadlhuber ist einer, der das Geschäft hier am Längsten betreiben. Die Kunden bleiben im Schnitt eine Woche. Stadlhuber stellt Parkplätze, Kühlschränke, Duschen und Toiletten zur Verfügung. Er gibt den Anglern Lizenzen, eines seiner 21 zum Welsfischen ausgerüsteten Motorboote samt Echolot und Feldbett, Ausrüstung und Tipps. „Wenn du das Wasser nicht kennst, fängst’ an Scheiß“, sagt er. 600 Euro kostet das Boot pro Woche, der Angelschein, den Stadlhuber für 24,50 Euro im Voraus für die Kundschaft erwirbt, ist inklusive. Rechnet man das auf die Zahl der Kunden und die 16 anderen Camps hoch, wird klar: Wallerfischen auf dem Po ist ein Millionengeschäft.

„Wenn du das Wasser nicht kennst, fängst‘ an Scheiß“, sagt Harry Stadlhuber, der am Po ein Waller-Camp betreibt.
Foto: Max Intrisano

Manchmal kennt der Konkurrenzkampf keine Grenzen. Am 28. Februar 2002 wurde Stadlhuber abends in seinem Bootshaus am Fluss überfallen. Mehrere Männer schlugen ihm einen Computerbildschirm über den Kopf und droschen mit Eisenstangen auf ihn ein. Stadlhuber kam mit einem neunfachen Schädelbruch davon und ist sich sicher: Die Konkurrenz hatte zugeschlagen. „Wir sind zu viele auf einem Fleck, alle 25 Kilometer gibt es ein Camp.“ Vor drei Jahren hatte er erneut Ärger. Er wachte mit Krämpfen und Übelkeit auf, auch sein Hund war vergiftet worden, ein Boot war geklaut. „Ich war der erste, der alles legalisiert hat“, behauptet Stadlhuber. Boote anmelden, Steuern zahlen, das ist bis heute nicht Jedermanns Sache am Po. Auch deshalb sei er zur Zielscheibe geworden. Stadlhuber will trotzdem in Italien bleiben. „In Deutschland mag ich nicht mehr angeln, da fühle ich mich wie kastriert“, sagt er.

Auch andere Betreiber erzählen von Einschüchterungsversuchen. Während manche Camps in erster Linie Anglerglück und Naturerlebnis im Blick haben, gibt es auch Berichte über die Beschlagnahmung harter Drogen und Kriegswaffen. Schlägereien und versenkte Boote sind keine Seltenheit auf dem Po. Manchmal geraten Sportfischer und Wilderer aus Rumänien und Ungarn aneinander, es kommt auf dem Wasser zu Szenen, wie man sie aus Actionfilmen kennt. „Mit denen will sich keiner anlegen, die sind bewaffnet“, sagt Stadlhuber. Wenn man so will, sind die Wilderer die größte Bedrohung für das deutsche Anglerglück am Po, ganz abgesehen vom ökologischen Schaden, den sie anrichten. Seit einigen Jahren gehen sie nachts mit verbotenen Schleppnetzen und Elektrobetäubung auf Waller-Jagd und verkaufen den Fisch kistenweise auf dem heimischen Markt als begehrte Spezialität. Wo die Wilderer am Werk waren, ist der Fischbestand zu großen Teilen vernichtet.

Die italienische Küstenwache hat nur zwei Schiffe auf dem Po im Einsatz

Nicht einmal der italienische Staat scheint den nächtlichen Umtrieben gewachsen. In den letzten Jahren hat die Polizei zwar ihre Kontrollen verschärft. „Aber dafür sind die Beamten eigentlich gar nicht ausgerüstet“, erklärt Massimo Becchi von der Umweltschutzorganisation Legambiente in Reggio Emilia, der den Fluss wie wenige andere kennt. Das zu kontrollierende Ufer umfasst insgesamt 500 Kilometer, im Po-Delta, kurz vor der Adria-Mündung, verästeln sich Kanäle auf bis zu 4000 Kilometern Länge. Die italienische Küstenwache hat auf dem Fluss gerade einmal zwei Patrouillenschiffe im Einsatz. Oft fehlt denen dann allerdings das Benzin. Finanzpolizei oder Carabinieri interessieren sich nicht für das Sodom und Gomorrha auf dem Po.

Den Fisch-Jägern spielt dabei in die Hände, dass sich im betroffenen Gebiet drei Regionen, neun Provinzen und ebenso viele Regelwerke Konkurrenz machen – mit der Folge, dass sich letztendlich niemand zuständig fühlt. Im juristischen Dickicht entgleiten die Angler den Ordnungshütern wie glitschige Fische. Die Italiener schauen dem wilden Treiben auf ihrem größten Fluss unbeteiligt zu. Für den Waller interessierten sich die Fischer vor Ort ohnehin nicht. „Der Grund war, dass sie nicht wussten, wie sie ihn zubereiten sollten. Der Wels schmeckt nicht besonders“, sagt Becchi. Wenn es die Zeit zulässt, rückt der Mitarbeiter der Umweltschutzorganisation mit freiwilligen Kollegen zu Kontrollen aus. Zugegen,– er wirkt wie eine Art Don Quijote, der gegen Windmühlen kämpft: Der Naturschützer zu Fuß gegen die hochmotorisierten Sportfischer und skrupellosen Wilderer.

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