ZDF-Experiment "Fett und Fett": Feiern, Lieben, Weinen
Die Serie "Fett und Fett" läuft ab Montag im ZDF und ist schon in der Mediathek zu sehen. Es geht darin um das Lebensgefühl junger Städter. Aber lohnt sich das?
Die blonde Psychotherapeutin schaut mit ernster Mine auf ihren Patienten. In ihrer hochgeschlossenen weißen Blusen notiert sie, was ihr Gegenüber ihr mitteilt. Bis es aus auf einmal aus ihr herausplatzt: "Wer will so etwas hören? Wer will so etwas sehen?", fragt sie den jungen Mann, der vor ihr auf dem Stuhl im Behandlungszimmer sitzt. Der etwas pummelige Herr mit Wuschelkopf, der zuvor versucht hat, der Therapeutin seine Probleme zu schildern, ist Jacksch.
Jacksch ist Ende zwanzig, lebt in München, hat noch keine Arbeit gefunden und weiß auch sonst nicht so genau, was er mit seinem Leben anfangen soll. Eine Freundin hat er auch nicht. Stattdessen lässt er sich durch das Münchner Großstadtleben treiben. Und das mit allem, was dazugehört: duchfeierte Nächte, Alkohol, Drogen und vermasselte Bewerbungsgespräche. Und weil es auf einer Party mit einer neuen Bekanntschaft nicht klappt, versucht es Jacksch eben wieder bei seiner Ex-Freundin.
"Fett und Fett": Ende zwanzig und planlos
Die hat aber so gar kein Interesse an ihm und rät ihm dazu, eine Therapie zu machen. Also sitzt er jetzt dort mit seinem senfgelben Polo-Shirt und schaut erwartungsvoll in Richtung der Therapeutin. In deren Augen sind Jackschs Probleme allerdings nur Luxusprobleme - viel zu viel Selbstmitleid, zu wenig Eigenengagement. Er ist eben ein typischer "Hänger", wie man neudeutsch sagen würde.
Vielen Zuschauern der neuen ZDF- Comedyserie "Fett und Fett", die am Montag im Fernsehen läuft, dürften Jackschs Alltagsprobleme nur allzu gegenwärtig vorkommen. Welcher Mitzwanziger hat nicht schonmal mit sinkendem Akkustand darauf gewartet, dass der Schwarm zurückschreibt oder den Tag mit dem Laptop im Bett verbracht? Die Idee zu der Serie stammt von Chiara Grabmayr und Jabob Schreier, die an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film studieren. Sie hatten bis 2017 fünf Folgen der rund 20-minütigen Serie geschrieben und produziert. Zusammen mit dem kleinen Fernsehspiel, der Nachwuchs-Redaktion des ZDF , wurden mittlerweile sechs weitere Folgen produziert. Alle elf sind in der Mediathek des Senders zu sehen.
Eine Milieustudie der Großstädter
In jeder der sechs neuen Folge lernt Jacksch einen Charakter kennen, zu dem er eine besondere Beziehung hegt. So ist "Fett und Fett" auch eine kleine Milieustudie der jungen Menschen, die sich in einer Großstadt so herumtreiben. Da ist zum Beispiel die Musikerin Hanna, in die sich Jacksch verliebt oder Hassan, der ihn in eine Schwulenbar führt, um sein Handy aufzuladen. Später verschlägt es Jacksch auch noch nach Berlin, wo ihm Issa am Bahnhof Sonnenallee erst das Handy aus der reißt, nur um den Münchner später durch die Facetten des Neuköllner Kiez zu führen. In der letzten der sechs Folgen trifft er dann auch noch auf Wolf, der ihm nach einer apokalyptischen Odyssee das Leben rettet.
Das ist aber auch einer der wenigen Momente, in dem man sich etwas von der Serie abwendet. Zu abstrakt und zu inszeniert wirken die Szenen, in denen Jacksch zwischen München und Berlin an einer Raststätte strandet, weil in Deutschland das Chaos ausbricht. Ansonsten erzählt "Fett und Fett" die alltäglichen Probleme eines Menschen Ende zwanzig, Anfang dreißig gekonnt lebensnah. Die Charaktere und ihre Handlung sind gleichzeitig skurril und realistisch, sodass man als Zuschauer zwischen Grinsen und einem peinlich berührten Zustand hin- und herwechselt. Schade ist jedoch, dass das ZDF alle Folgen der Serie hintereinander in einer einzigen Nacht ausstrahlt. Einem breiteren Publikum steht sie also nur in der Mediathek zur Verfügung.
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