Zeroes statt Heroes
Deutschland und Österreich tragen die Null-Nummern mit Fassung. Auch wenn Schweden gewonnen hat – amüsant ist die Überlegung: Was wäre, wenn Russland ...
„Wir bauen gerade zumindest eine sehr schöne Brücke nach Deutschland, die haben auch null Punkte“, tröstete der geniale ORF-Kommentator Andi Knoll nach der Doppelnull für die beiden deutschsprachigen Teilnehmer Ann Sophie und The Makemakes beim Europäischen Song Contest am Samstagabend in Wien.
Normalerweise herrschen hinter den Kulissen von Casting Shows und Preisverleihungen Mord und Totschlag. Doch durch den geteilten letzten Platz ist eine wundervolle deutsch-österreichische Freundschaft entstanden: Ann Sophie und The Makemakes wollen weiter zusammen Musik machen.
Ann Sophie: "We are the Zeroes of Our Time"
„Es sind wundervolle Musiker“, sagte Ann Sophie über ihre österreichischen Kollegen Dominic „Dodo“ Muhrer, Florian Meindl und Markus Christ, die am Sonntag auf Facebook für den Besuch eines Konzerts mit der Schlagzeile: „Come and join to meet the Zeroes“ warben. Ann Sophie schrieb auf Facebook: „We are the Zeroes of Our Time“, anstatt „We are the Heroes of Our Time“, wie es im schwedischen Sieger-Lied heißt.
Dass Mans Zelmerlöw aus Schweden den Song Contest mit 365 Punkten gewann, hatten die Wettbüros vorhergesagt. Es ist wohl nicht nur seinem Lied „Heroes“, sondern auch dem absolut TV-tauglichen LED-Strichmännchen zu verdanken, mit dem er seinen Auftritt inszenierte. Durch 3-D-Projektionen erwachte es zum Leben und verhalf dem sympathischen Sänger zu einer außergewöhnlichen Performance.
Strichmännchen, schwule Ampelmännchen – passend zum Song Contest, der auch in Wien publikumsmäßig fest in der Hand der Gay-Community war, stimmte Irland am Samstag für die Homo-Ehe ab. Selten wurde das Ergebnis einer Volksabstimmung mit einer so großen Party gefeiert wie hier.
Russlands Vertreterin beim ESC 2015 ausgebuht
Als zu Beginn der Wertung die Fan-Gemeinde in der Wiener Stadthalle Russlands Vertreterin Polina Gagarina ausbuhte, reagierte Vorjahres Siegerin Conchita Wurst entsetzt auf die Unfreundlichkeit im Gastgeberland Österreich. Sie setzte sich neben Gagarina, tröstete sie und warf böse Blicke ins Publikum. Gleichzeitig jagten sich die Twitter-Meldungen, die angesichts der mehrfach aufeinander folgenden zwölf Punkte für Russland darüber witzelten, wie es Ministerpräsident Putin gefallen würde, wenn 2016 die regenbogenfarbene Fan-Gemeinde in Moskau zum Song Contest einfallen würde. Auch aus Deutschland flogen zwölf Punkte für Russland ein, und so kam „A Million Voices“ auf 303 Punkte und machte damit den zweiten Platz vor dem italienischen Trio Il Volo mit 292 Punkten.
Der wahre Sieger dieses Song Contestes ist jedoch unbestritten die Bühne, die auch dem steifsten Auftritt mit Scheinwerfern, Pyrotechnik, 629 Kugeln, die sich einzeln steuern ließen und beleuchteten zahllose Effekte ermöglichte. Deutlich niedriger als im vergangenen Jahr fiel die ARD-Einschaltquote in Deutschland aus. Mit durchschnittlich 8,11 Millionen Zuschauern erzielte die knapp vierstündige Show dort die schwächsten ESC-Quoten seit 2009 mit einem Marktanteil von 34 Prozent.
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