Zu viele SMS machen krank
Zu viele SMS machen krank. Das jedenfalls behauptet eine australische Forscherin. Von Daniel Wirsching
Die Geschichte technischer Revolutionen ist eine Geschichte der Beschleunigung. Nicht umsonst spricht man ja von "Fortschritt". Höher, schneller, weiter. Damit hatten manche schon immer ihre Probleme. Schon als die Dampflokomotive Adler 1835 mit damals enormer Geschwindigkeit durch Mittelfranken fuhr, warnten Zeitgenossen die Passagiere, sie würden irrsinnig.
Kindern sagte man viele, viele Jahrzehnte später - die ersten Fernsehapparate standen in den Stuben -, dass sie vom Fernsehen viereckige Augen bekämen. Dagegen nahm sich das Gefährdungspotenzial eines Mobiltelefons, wieder waren einige Jahrzehnte wie im Flug vergangen, bislang vergleichsweise harmlos aus. Vom SMS-Schreiben könne man sich wunde Daumen holen, hieß es.
Und nun das: Eine australische Forscherin will gleich mehrere Krankheitsbilder entdeckt haben, die Jugendliche beim Verfassen von SMS-Kurzmitteilungen mit dem Handy, beim "Simsen" also, heimsuchen können:
Textaphrenie: Der feste Glaube, das Telefon habe eine eingehende SMS angezeigt, obwohl keine angekommen ist.
Post-textisches Stresssyndrom: Der SMS-Schreiber merkt nicht mehr, was um ihn herum passiert, und läuft zum Beispiel vor eine Wand.
"Tangst"-Gefühle (aus Text und Angst): Selbstzweifel, wenn nach einer Weile keine neue SMS angekommen ist.
Koma-Texten: Unzählige SMS verschicken, um sein Selbstbewusstsein zu stärken.
Jennie Carroll heißt die Forscherin, die als Dozentin für Projektmanagement in Melbourne arbeitet. Sie befasst sich seit neun Jahren mit den Folgen exzessiver Handynutzung. Doch als sie am Mittwoch in einem Interview davon berichtete, ging das um die Welt. Wie ernst ihr Befund zu nehmen ist, darüber dürften jetzt weitere Fachleute diskutieren.
Besorgniserregend findet Carroll, dass die Zahl der in Australien verschickten SMS in den vergangenen zwei Jahren um 89 Prozentpunkte gestiegen ist, laut Mobilfunkanbieter Boost. Ein jugendlicher Kunde habe in neun Tagen 4000 SMS versendet. Das ist tatsächlich alles andere als normal - und vor allem kein Fort-, sondern ein Rückschritt. Oder wurde das Telefon nicht erfunden, um das umständliche Briefeschreiben überflüssig zu machen? Von Daniel Wirsching
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