Zum Tee bei Windsors: Wenn die Queen einlädt
London (dpa) - "Her Majesty requests...", mit diesen Worten beginnen die Einladungen zur Garden Party der Queen im Park des Buckingham-Palastes. Ein exklusiveres gesellschaftliches Ereignis ist - zumindest in England - kaum denkbar.
Es gibt drei solcher Partys im Jahr, ziemlich kurz hintereinander im Juli. Die Zeremonie hat sich seit den Tagen von Königin Victoria (1819-1901) kaum verändert. Um 15 Uhr öffnen sich die Tore des Palastes, und die etwa 8000 Gäste strömen hinein. Man schlurft dann bei Windsors quer durch die Bude in den Garten.
Eingeladen sind Damen und Herren, die sich in irgendeiner Art um das Königreich verdient gemacht haben. Zusammen sollen sie einen Querschnitt durch die Gesellschaft ergeben. Es wird erwartet, dass man sich sehr fein anzieht. Wobei das natürlich Definitionssache ist. So mancher Kopfputz lässt eher auf eine reiche Gemüseernte oder ein jähes Fischreiher-Sterben als auf sicheren Modegeschmack schließen.
Der Park des Buckingham-Palastes - "Garten" ist eine starke Untertreibung - ist normalerweise nur der königlichen Familie und ihren Gästen zugänglich und mit einer hohen Mauer umgeben. Selbst von der oberen Etage eines Doppeldeckerbusses kann man kaum einen Blick darauf erhaschen. Die grüne Oase mit jahrhundertealtem Baumbestand ist ein Refugium für seltene Pflanzen und Tiere. Eisvögel, Eulen, Fledermäuse und wilde Orchideen sind dort heimisch.
Es ist deshalb anzuraten, sich mit Vorsicht zu bewegen. In sehr unguter Erinnerung hat man im Palast noch einen Besucher names George W. Bush, der im Jahre 2003 mit seinem Hubschrauber einschwebte und sich erdreistete, auf dem königlichen Rasen zu landen. Die Folge: tiefe H-förmige Eindrücke. Asterix-Leser wissen, dass die Briten bei diesen Dingen keinen Spaß verstehen: "Mein Garten ist kleiner als Rom, aber meine Lanze ist solider als euer Brustbein."
Um Punkt 16 Uhr betritt Elizabeth die Terrasse und schreitet die Stufen in den Garten hinab. Mithilfe der Lakaien hat sich die vieltausendköpfige Gästeschar unterdessen so aufgestellt, dass sich ein kunstvoller Korridor ergibt, welchen das gekrönte Haupt abschreitet. Zuvor ausgewählte Gäste dürfen ein paar Meter vortreten und mit der Königin ein kurzes Gespräch führen. Die anderen verharren in respektvollem Abstand. Dies ist ein großer Moment, und der Atem manches Anwesenden geht schwer.
Die Queen ist eine Meisterin des Smalltalks. In den zwei, drei Minuten, die so eine Unterhaltung maximal in Anspruch nimmt, gibt sie ihrem Gegenüber das Gefühl, sich für nichts auf der Welt so brennend zu interessieren wie für ihn und seine Geschichte. Einmal klingelte ausgerechnet während einer solchen Begegnung mit der Queen das Handy der Gesprächspartnerin. Peinlichst berührt, versuchte die junge Frau, das Klingeln zu ignorieren. Aber die Königin meinte schließlich: "Sie sollten rangehen. Vielleicht ist es jemand Wichtiges."
Wenn die Queen ihre Runde abgeschlossen hat, stürzt sich alles auf die 20 000 vorzüglichen Sandwiches und die 20 000 nicht weniger vorzüglichen Miniatur-Törtchen. Dazu gibt's Tee und Kaffee. 400 Diener stehen bereit, und zwei Kapellen spielen auf. Überall, wo ein Mitglied der königlichen Familie auftaucht, brandet spontaner Applaus auf.
Um 18 Uhr ist der Besuch bei Königs schon wieder zu Ende. Mancher Teilnehmer steckt zur Erinnerung ein königliches Silberlöffelchen ein. Jeder, der dabei war, wird bis ans Ende seiner Tage von diesem Nachmittag erzählen. Jeder, der noch nicht dabei war, würde gern mal dabei sein. Und jeder, der etwas anderes sagt, lügt.
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