
Unbefristeter Streik bei der Bahn: Was würde eine solche Aktion bedeuten?

Trotz Schlichtungsverfahren kann ein unbefristeter Bahn-Streik durch die EVG drohen. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein und wie lange könnte so ein Streik dauern?

Seit Februar dieses Jahres steckten die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft und Deutsche Bahn in einem Tarifkonflikt. Im März und im Mai kam es bereits zu Warnstreiks. Daraufhin hatte die Gewerkschaft die Verhandlungen allerdings für gescheitert erklärt, da die Forderungen der EVG vom neuen Angebot der Bahn nicht erfüllt wurden. Nach mehreren Warnstreiks und gescheiterten Verhandlungen haben sich die Parteien dann allerdings doch auf eine Schlichtung geeinigt. Die Urabstimmung der EVG-Mitglieder hat am 28. August 2023 eine klare Entscheidung gebracht.
Was der Abbruch der Verhandlungen nun für Reisende bedeuten könnte und welche zwei Optionen es gibt, um den Tarifkonflikt aufzulösen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Unbefristeter Streik bei der Bahn: Urabstimmung und Schlichtung - Was sind die Voraussetzungen?
Die Urabstimmung der EVG hat ergeben, dass weniger als 50 Prozent der Abstimmungsteilnehmer für einen unbefristeten Streik gestimmt haben. Daher wird es in den kommenden Wochen keinen unbefristeten Streik bei der Deutschen Bahn geben, wie die dpa berichtete. 52,3 Prozent der Mitglieder haben sich für die Schlichtungunsgempfehlung ausgesprochen.
Die Schlichtungsempfehlung sieht eine Entgelterhöhung von 410 Euro pro Monat in zwei Stufen bei einer Laufzeit von 25 Monaten vor. Die erste Stufe von 200 Euro soll ab Dezember gezahlt werden, die zweite ab August des kommenden Jahres. Zudem sollen alle Beschäftigten eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie von 2850 Euro im Oktober erhalten.
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Doch was passiert eigentlich, wenn eine Schlichtung nicht möglich ist, und es zu einem unbefristeten Streik kommt? Ein unbefristeter Streik ist neben dem Schlichtungsverfahren eine der Optionen und nach deutschem Streikrecht erlaubt. Tatsächlich hatte die EVG am 29. Juni ein Schlichtungsangebot der Deutschen Bahn angenommen. Wie die Tagesschau berichtete, hatte sich die EVG mit der Bahn allerdings darauf geeinigt, während des Schlichtungsverfahrens nicht zu streiken. Die Schlichtungsgespräche sind zu Ende und nun gibt es eine Einigungsempfehlung. Der EVG-Vorstand empfiehlt seinen Mitgliedern den Schlichterspruch anzunehmen. In diesem Zeitraum finden keine Streiks statt.
Damit es zu einem unbefristeten Streik kommt, müssen laut der Website gehaltsvergleich.com und der dpa übrigens folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- In den Tarifverhandlungen ist es bereits zu Warnstreiks gekommen.
- Die Tarifverhandlungen wurden offiziell für gescheitert erklärt.
- Das Schlichtungsverfahren wurde eingeleitet.
- Eine Urabstimmung wurde beschlossen.
- 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder haben in einer Urabstimmung für einen Streik gestimmt.
Ist bei der Urabstimmung die Entscheidung für einen Streik gefallen, ruhen derweil die Arbeitsverhältnisse. Die Streikenden haben in dieser Zeit keinen Anspruch auf Lohn oder Gehalt oder auf Arbeitslosengeld. Organisierte Arbeitnehmer erhalten allerdings Unterstützung von der Gewerkschaft.
Wie lange kann ein unbefristeter Streik dauern?
Hat eine Gewerkschaft unbefristete Streiks angekündigt, sind diese, wie aus der Bezeichnung hervorgeht, nicht mehr zeitlich begrenzt. Sie unterscheiden sich dahingehend also von den Warnstreiks, die immer in einem bestimmten Zeitrahmen stattfinden. Wie lange ein unbefristeter Streik dauern kann, ist unterschiedlich und hängt von der Bereitschaft der Tarifpartner ab, schnell eine Einigung zu erzielen. Am Beispiel der GDL (siehe unten) sieht man allerdings, dass der unbefristete Streik auch als ein sehr starkes Druckmittel in den Tarifverhandlungen eingesetzt werden kann - ohne, dass es tatsächlich zu einem unbefristeten Streik kommen muss.
Während eines Streiks werden die Verhandlungen fortgesetzt, bis über das Ergebnis eine erneute Urabstimmung abgehalten wird. Wird dieses von 25 Prozent der Gewerkschaftsmitgliedern angenommen, wird der Streik beendet.
Der längste Streik in BRD dauerte beinahe vier Monate: Laut einem Bericht von tagesschau.de handelte es sich dabei um den Streik der Stahl- und Werftarbeiter in Schleswig-Holstein, der im Herbst 1956 begann.
Unbefristeter Streik bei der Bahn könnte gravierende Folgen haben
Dass eine Gewerkschaft des ÖPNV in Deutschland mit einem unbefristeten Streik droht, gab es zuletzt 2007 und 2008. Damals schienen die Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und der Bahn in einer Sackgasse gelandet zu sein. Der Tarifkonflikt streckte sich über 11 Monate, mit mehreren Verhandlungsabbrüchen und Warnstreiks, die teilweise drei Tage andauerten, der GDL. Ein unbefristeter Streik wurde von der GDL mehrfach ins Spiel gebracht. Letztendlich blieb dieser aber aus, weil sich die Tarifpartner laut dem Stern schlussendlich einigten.
Trotz der aktuellen Einigung zwischen der Deutschen Bahn und der EVG könnte in den kommenden Monaten aber neuer Ärger drohen: Denn der große Konkurrent der EVG, die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit Claus Weselsky an der Spitze, könnte bald mit einem womöglich besseren Tarifabschluss auftrumpfen wollen.
Übrigens: Wer von einem Bahnstreik betroffen ist, muss nicht um die Gültigkeit seines Tickets fürchten. Alles Wichtige zu Kulanz und Erstattung bei der Bahn im Streikfall haben wir für Sie aufgelistet.