Im hessischen Untersuchungsausschuss zur Entlassung einer Staatssekretärin hat ein Experte Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) eine Verletzung seiner Fürsorgepflicht vorgeworfen. Der Sachverständige Thorsten Masuch sagte in Wiesbaden, die von Mansoori geschasste parteilose Staatssekretärin Lamia Messari-Becker sehe sich einer «Vorwurfslage» ausgesetzt, ohne sich wegen ihrer weiter geltenden Verschwiegenheitspflicht öffentlich wehren zu können. Es gelte «immer noch die Unschuldsvermutung», erklärte der Professor für öffentliches Recht.
Mansoori hatte Messari-Becker im Juli 2024 mit der öffentlichen Erwähnung eines außerdienstlichen «Fehlverhaltens» entlassen, ohne dies je zu erklären. Laut einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, wirft der Wirtschaftsminister der Bauphysik-Professorin vor, in einem Elterngespräch an der Schule eines ihrer Kinder mit ihrer Position als Staatssekretärin Druck für eine bessere Note ausgeübt zu haben. Messari-Becker weist dies als falsch zurück und wehrt sich mit Anwälten dagegen.
Affäre bereinigen?
Masuch sagte, Beamte könnten in solchen Fällen einen Widerrufsanspruch haben, «dass das richtig gestellt wird». Bei widersprüchlichen Aussagen in der Öffentlichkeit wie im Fall Messari-Becker gelte ein Sachlichkeitsgebot - Minister dürften Beamte in so einer Situation ohne eine nachgewiesene Klärung von Vorwürfen nicht bloßstellen. Masuch regte an, dass die Affäre «durch eine gemeinsame Erklärung irgendwie bereinigt» werden könnte. Laut dem CDU-Obmann Holger Bellino war eine einvernehmliche Regelung mit Blick auf die Fürsorgepflicht «anscheinend im Vorfeld gescheitert».
Im September 2024 hatte Mansoori im Landtag eingestanden, es wäre besser gewesen, seine «streitbare Pressemitteilung» vom Juli zum Rauswurf von Messari-Becker knapper zu halten. Das bedauere er. Allerdings sei seine Entscheidung auch nicht wegen eines einzelnen Sachverhalts gefallen. Generell können sich Minister von Staatssekretären ohne Angaben von Gründen trennen.
FDP-Obmann: «Totalverriss»
Grünen-Obfrau Kaya Kinkel urteilte nach der ersten öffentlichen Sitzung des parlamentarischen Ausschusses, es habe sich gezeigt, dass Mansoori seine Staatssekretärin «nicht mit an Rufmord grenzenden Behauptungen» habe bloßstellen dürfen. FDP-Obmann Oliver Stirböck nannte Masuchs Ausführungen «einen Totalverriss des Handelns von Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori».
SPD-Obfrau Lisa Gnadl hingegen bescheinigte dem Sachverständigen eine subjektive Argumentation «über weite Strecken im Bereich der Spekulation». Hinsichtlich der Rechtsstellung politischer Beamte widerspreche Masuchs Darstellung der herrschenden juristischen Meinung. Zudem sei Messari-Becker mit einem Widerspruch gegen ihren Rauswurf vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden gescheitert - rechtskräftig.
Messari-Becker als Zeugin
Die einst vom weltbekannten Thinktank Club of Rome als Mitglied aufgenommene Bauexpertin wird in der nächsten Ausschusssitzung am 28. Februar als Zeugin erwartet, außerdem fünf weitere Zeugen zum Thema Elterngespräch von Messari-Becker.
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