Ein halbes Jahrhundert nach dem legendären Auftritt der Beatles in Hamburg sind im August unzählige Ehrungen, Konzerte, Festivals, Ausstellungen und Revival-Treffen geplant. Auf der Bühne, im Radio und im Fernsehen heißt es nun wie damals "All Together Now" - zumindest in Deutschland. Die Engländer hatten die Entstehung der Band schon vor drei Jahren gefeiert. Nicht nur das Jubiläumsjahr gilt als historisch umstritten. Liverpool, London und Hamburg liefern sich ein kleines Gerangel um das kulturelle Erbe.
Die Anhänger von damals sind in die Jahre gekommen, einige sind schon Rente. Die Jugend von heute erlebt diese Zeit im Museum und kennt diese Beatlemania nur aus Erzählungen: John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr gingen als "Fab Four" in die Musikgeschichte ein. Mehr als 1,4 Milliarden Platten verkauften die Beatles bis heute, so viel wie niemand sonst. Sie waren gesellschaftliche Revolutionäre, brachen mit musikalischen Konventionen, rebellierten gegen die staatliche Autorität - und wurden selbst eine.
Der Aufstieg begann auf der Reeperbahn. In diesem schmuddeligen, rauen Milieu - da sind sich die Historiker einig - nahmen die Beatles ihre Kontur an. Am Abend des 17. August 1960 spielte die Gruppe im Hamburger Indra Musikclub. Doch schon vorher hatten sie ihren Namen geändert: Aus The Silver Beatles wurde The Beatles.
Stuart Sutcliffe und Pete Best gingen, Ringo Starr und der Erfolg kamen. Schwarz-weiße Fernsehbilder von kreischenden Teenagern und coolen Musikern gingen um die Welt und werden nun im Fernsehen wiederholt. Die Plattenfirma EMI hat sich für eine neue Beatlemania gerüstet. Musikaufnahmen wurden digitalisiert und Störgeräusche entfernt.
Liverpool feierte zum 800. Stadtjubiläum vor drei Jahren bereits den 50. Ehrentag der Band-Entstehung. 1957 war McCartney Lennons Band Quarrymen beigetreten. Das Komponistenduo gilt als Wurzel der Band. Die Stadt findet auch in diesem Jahr einen Anlass, sich an der großen Beatles-Party zu beteiligen: Lennon, ihr "Sohn", wäre im Oktober 70 geworden, hätte ihn ein Geisteskranker nicht vor 30 Jahren in New York erschossen.
Zur Party in den drei Wirkungsstätten dürfte wieder ein Hauch des Hippie-Gefühls von damals aufkommen. Dort werden in den kommenden Wochen tausende Fans erwartet. In Hamburg will etwa die Band Bambi Kino den Auftritt der frühen Beatles am Originalschauplatz wiederholen. In England konzentrieren sich die Feiern auf Londoner Wanderungen zum Zebrastreifen vor den Abbey Road Studios und der Wohnung, wo John Lennon und Yoko Ono tagelang im Bett lagen. In Liverpool startet am 25. August ein einwöchiges Festival mit dutzenden Weggefährten. Höhepunkt ist ein Konzert in der Kathedrale, wo McCartney beim Vorsingen als Chorknabe abgelehnt wurde.
Neben den Städten reklamieren auch Wegbegleiter das Erbe für sich, etwa um die Pilzkopffrisur. Der Hamburger Fotograf Jürgen Vollmer will mit Bildern belegen, dass er die Frisur selbst trug und erfand. Jahrelang hatte Astrid Kirchherr behauptet, sie habe dem "fünften" Beatle Stuart Sutcliffe den Haarschnitt verpasst. Die Zoff-Bandbreite reicht von Lennons Vermächtnis vonseiten seiner Witwe Yoko Ono bis zum Ort des größten Beatles-Museums. Die vielen kleinen Streitigkeiten lassen schwer darauf schließen, dass die Beatles und ihre Anhänger einmal für Frieden und Liebe standen.