Ceuta: Die spanische Nordafrika-Exklave zwischen Einwanderung und Kriminalität
Ceuta ist von Marokko umgeben und stellt eine spanische Exklave auf dem afrikanischen Kontinent dar. Doch warum? Und welche Bedeutung hat die Stadt für Spanien? Eine Erklärung
Als die Portugiesen im Jahr 1415 Ceuta im Norden Afrikas eroberten, stellte dieser Schritt eine Art Startschuss für die Entdeckungen und Erkundungsfahrten der großen Seefahrer-Nation dar. Mittlerweile gehört die Stadt als Exklave zu Spanien, hat eine große Bedeutung – und viele Probleme.
Wo liegt Ceuta?
Die Exklave ist vollständig von Marokko umgeben und liegt am Mittelmeer, an der Straße von Gibraltar. Die Entfernung zur Iberischen Halbinsel beträgt rund 21 Kilometer. Ceuta befindet sich auf der Spitze einer Halbinsel, welche in die an der westlichen Küste Marokkos ins Mittelmeer ragt. Mit der Fähre kann Spanien innerhalb einer Stunde erreicht werden. Es besteht eine Fährverbindung nach Algeciras. Auf marokkanischem Boden stellt die nächste größere Stadt Tétouan dar, die rund 40 Kilometer südlich von Ceuta liegt.
Wie viele Einwohner hat Ceuta?
Ceuta besitzt eine Fläche von 18,5 Quadratkilometern. In der Stadt leben rund 85.000 Menschen. Ihre Bevölkerung ist damit mit der von Konstanz zu vergleichen. Die spanische Exklave ist vergleichsweise dicht besiedelt. In etwa die Hälfte der Einwohner ist christlichen, die andere Hälfte muslimischen Glaubens.
Wieso ist Ceuta spanisch?
Im 17. Jahrhundert übergaben die Portugiesen Ceuta an die spanische Krone. Die Stadt ist seitdem im spanischen Besitz, was sich auch nicht im Jahr 1956 änderte, in dem Marokko die Unabhängigkeit feierte. Seitdem gibt es einen Gebietsanspruch von marokkanischer Seite, der immer wieder betont wird. Konkrete Schritte, um Ceuta an Marokko anzuschließen, hat der Staat allerdings nie unternommen.
Ceuta und Melilla: Bedeutung für Spanien
Melilla ist wie Ceuta eine spanische Exklave, welche von Marokko umgeben ist. Beide haben den Status einer „autonomen Stadt“ inne, welche ihnen einige Befugnisse der autonomen Gemeinschaft verleiht. Ceuta gehört wie Melilla zur Europäischen Union (EU), aber nicht zur NATO. Beide Exklaven gehören auch nicht zum Schengen-Raum und sind vom Zollgebiet der EU ausgenommen.
Um Ceuta und Melilla gab es zuletzt immer wieder Diskussionen. Schon vor zehn Jahren hatte der damalige Wirtschaftsminister Salaheddine Mezouar, der später Außenminister Marokkos wurde, der spanischen Zeitung Expansión gesagt: „Es sind zwei marokkanische Städte, sie liegen in Marokko, Spanien weiß das, die Spanier wissen das.“ Die andere Seite hält dagegen, dass Marokko nur auf der Landkarte einen Anspruch auf die Exklaven hat und Ceuta und Melilla nie wirklich marokkanisch waren. Geschichtlich ist diese Argumentation richtig.
Auch die Diskussionen um die Bedeutung von Ceuta und Melilla für Spanien werden kontrovers diskutiert. Einige spanische Bürgerinnen und Bürger wissen kaum was über die beiden Exklaven, andere bezeichnet sie als Tor nach Afrika und wichtige strategische Posten. „Ich hoffe, dass sich die EU nicht von der spanischen nationalistischen Entflammung anstecken lässt. Ceuta und Melilla sind zwei afrikanische Städte, die nur aufgrund einer kolonialen Vergangenheit, die es den Europäern ermöglichte, Besitzungen außerhalb Europas zu besitzen, Teil der EU sind“, twitterte der katalanische Europaabgeordnete Carles Puigdemont im Mai 2022. Damit machte er das Thema wieder heiß. Er glaubt: „Marokko hat das Recht, die Souveränitätsfrage zu stellen, und es wäre notwendig, einen Dialog zu schaffen, um den Konflikt zu lösen.“
Ceuta und die Flüchtlinge: Warum ist Ceuta von einem Zaun umgeben?
Von großer Bedeutung ist Ceuta definitiv im Zuge von Flüchtlingswellen in Richtung Europa. Seit 1993 umgibt ein Grenzzaun zu Marokko die Exklave, welcher die illegale Einwanderung in die EU verhindern soll.
Von Marokko aus versuchen viele Afrikanerinnen und Afrikaner die Flucht nach Europa. Ceuta und Melilla sind dabei der nächste Anlaufpunkt. Viele wohnen in der Nähe der Exklaven in ärmlichen Bedingungen in Flüchtlingscamps und warten auf eine Gelegenheit um zu fliehen. Oftmals versuchen sie trotz starker Strömungen und Wellen in Booten nach Europa überzusetzen, da Ceuta und Melilla durch Grenzzäune schwer zugänglich sind. Es kommt aber auch immer wieder zu Massenbewegungen, bei denen hunderte Flüchtlinge versuchen, den rund sechs Meter hohen Grenzzaun von Ceuta zu überwinden. Eine andere Option ist, die Grenzzäune zu umschwimmen und so nach Ceuta zu gelangen. Diese Methode benutzen in den letzten Monaten immer mehr Flüchtlinge. Die Gegebenheiten sorgen für dauerhaft chaotische Zustände in und um Ceuta, die hin und wieder zu einem Chaos eskalieren.
Spanische und marokkanische Sicherheitskräfte versuchen gemeinsam die Fluchtversuche zu verhindern. Sie werden dabei von der Operation der Europäischen Agentur für operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der EU (Frontex) unterstützt. Frontex überwacht beispielsweise die Straße von Gibraltar, aus der Luft und zur See.
Wenn es Flüchtlinge nach Ceuta geschafft haben, dann können sie in der spanischen Exklave ein Asylverfahren nach EU-Recht durchlaufen. Sie können einen dauerhaften Aufenthaltsstatus erreichen, wenn sie als Flüchtlinge anerkannt werden. Wenn das nicht der Fall ist, dann droht ihnen die Abschiebung in ihr Herkunftsland. Von Ceuta aus versuchen sich auch viele Flüchtlinge illegal, ohne gültige Papiere auf das EU-Festland abzusetzen.
Ceuta: Probleme mit Kriminalität
Wenn von Ceuta die Rede ist, dann kommt das Gespräch oftmals schnell auf Príncipe. Dabei handelt es sich um ein Arbeiterviertel im Süden der spanischen Exklaven-Stadt. Es gilt als das Zentrum der Kriminalität in Ceuta, welche sehr ausgeprägt ist. In dem Stadtteil leben rund 11.000 Marokkanerinnen und Marokkaner. Ein großer Anteil der etwa 40.000, die in Ceuta leben. Das Viertel ist von Drogenkriminalität und rivalisierenden Banden geprägt. Das letzte Mal, dass in Ceuta kein Mensch mehr ermordet wurde, war im Jahr 2012. Seitdem hat sich die Kriminalität noch einmal gesteigert. In Príncipe verlassen manche Menschen selten das Haus, da es zu gefährlich werden könnte. „Wir haben sogar im eigenen Haus Angst, ob uns nicht vielleicht eine verirrte Kugel trifft“, wird ein Bewohner von dem seriösen Journalisten Nacho Carretero in einer Story in El País zitiert.
Im Februar 2014 erschien die spanische Serie El Príncipe, in der es um den Drogenschmuggel in Ceuta, Dschihadismus und einen Polizisten auf dem spanischen Festland geht. Die meisten Szenen wurden in Madrid gedreht, doch auch einige Sehenswürdigkeiten von Ceuta kommen in der Serie vor. In Spanien erlangte sie große Beliebtheit, welche auch die Bekanntheit von Ceuta und den Problemen vor Ort steigerte.