Der Untergang des Abendlandes steht Tag für Tag in neuem Gewand vor der Tür. Vor genau 25 Jahren galt ein mit zehn Normalos gefüllter Wohn-Container als letzter Sargnagel der Fernseh-Unterhaltung. Da kannte noch kaum jemand Oliver Pocher und Stars der Kategorien B und C wurden noch nicht mit Maden im australischen Dschungel verköstigt.
Wann hat das eigentlich aufgehört mit den TV-Ereignissen und deren Ausstrahlen in kaffeeküchelnde Gesprächsrunden, Pausenhöfe und Mannschaftskabinen? Danke für nichts, Netflix. „Wetten, dass ...“ galt einigen als letztes Lagerfeuer der Deutschen. Als solches freilich, um das sich das „Let it be“- klampfende eichenfurnierte germanische Alltagskollektiv setzt. Um „Big Brother“ setzten sich vornehmlich jugendliche Flatrate-Säufer. Studienräte rümpften die Nase oder essayierten in der Zeit, weshalb es der geistigen Gesundheit abträglich ist, den Container-Insassen beim stumpfen Sein zuzuschauen.
„Big Brother“ startet vor 25 Jahren im Fernsehen – und änderte Fernsehgewohnheiten
Ehe Zlatko, Jürgen und Co. 100 Tage unter absoluter Observation der Kameras leben sollten, galt noch das Primat des Talents. Wer es zu Berühmtheit bringen wollte, tat gut daran, sich in mindestens einer Fähigkeit als überdurchschnittlicher Könner zu erweisen. Den Ball kicken, singen, dergleichen. Konnten die Big-Brother-Bewohner nicht. Das hielt Zlatko nicht davon ab, zwei Nummer-Eins-Hits in den deutschen Charts zu platzieren. Ebenfalls nach ganz oben in der Hitparade schaffte es der Titelsong „Leb!“ der Kapelle Die 3. Generation. 25 Jahre später sind wir schon bei der Letzten Generation angekommen. So schnell geht's. Andere Zeiten.
Der Voyeurismus freilich ist geblieben. Ihm kann auf etlichen TV-Formaten gefrönt werden. Seit wenigen Tagen läuft auch wieder eine Staffel von „Big Brother“ – kaum bemerkt von der Öffentlichkeit. Das Abendland ist immer noch nicht untergegangen.
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