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Horrorflut in Valencia: Schockierende Verantwortungslosigkeit und vermeidbare Tote

Naturkatastrophe

Horrorflut in Valencia: Die Toten sollen „vermeidbar” gewesen sein

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    Die Wassermassen waren damals derart gewaltig, dass sie Autos wie Spielzeug aufeinanderstapelten.
    Die Wassermassen waren damals derart gewaltig, dass sie Autos wie Spielzeug aufeinanderstapelten. Foto: Alberto Saiz/AP/dpa

    Es ist eine der schlimmsten Naturkatastrophen, an die sich die Spanier erinnern können: 228 Menschen starben bei der Horrorflut, die im vergangenen Herbst, am 29. Oktober, weite Teile der Provinz Valencia überschwemmte. Inzwischen ermittelt die Justiz, weil der Verdacht besteht, dass die für den Katastrophenschutz zuständige Regionalregierung die Bevölkerung nicht rechtzeitig gewarnt hat. Bei der gerichtlichen Aufarbeitung geht es auch um die Grundsatzfrage: Können Politiker bei Fehlentscheidungen strafrechtlich belangt werden?

    Erste Ermittlungsergebnisse belasten die Entscheidungsträger schwer: „Die Toten waren vermeidbar“, erklärte Untersuchungsrichterin Nuria Ruiz Tobarra in ihrem Zwischenbericht. Die konservative Regionalregierung unter ihrem Chef Carlos Mazón habe die Bevölkerung viel zu spät davor gewarnt, dass nach sintflutartigen Regenfällen eine Flutwelle heranrollte. Die Richterin wirft der politischen Führung „offensichtliche Untätigkeit“ und „grobe Fahrlässigkeit“ vor. Als am Katastrophenabend, kurz nach 20 Uhr, endlich eine formelle Warnung auf alle Handys in der Region geschickt wurde, waren bereits viele Menschen ertrunken. Die Wassermassen waren aus dem bergigen Hinterland Valencias in die tieferliegenden Ortschaften geströmt. Vielerorts stieg das Wasser in kurzer Zeit mehrere Meter hoch an.

    Untersuchungsrichterin: „kein unerwartetes meteorologisches Phänomen“

    Als Hauptverantwortlicher für das Vorwarn-Versagen gilt Carlos Mazón. Er war in den entscheidenden Stunden der Katastrophe am 29. Oktober wegen „privater Angelegenheiten“ abwesend. Bis heute konnte er nicht darlegen, welche Angelegenheiten derart wichtig gewesen sein sollen, dass er sich als oberster politischer Entscheider nicht an seinem Platz im Krisenstab befand. Nach widersprüchlichen Erklärungen werden die Forderungen nach seinem Rücktritt zunehmend lauter. Dadurch würde er auch seine parlamentarische Immunität verlieren, die ihn bisher vor richterlichen Ermittlungen schützt.

    Untersuchungsrichterin Tobarra stellte klar, dass das tödliche Unwetter „kein unerwartetes meteorologisches Phänomen war“. Der extreme Starkregen sei vom staatlichen Wetterdienst Aemet angekündigt worden. In der Tat hatten die Meteorologen bereits Tage vorher gewarnt, dass sich eine ungewöhnlich heftige Schlechtwetterfront zusammenbraut. Am Morgen des Katastrophentages hatten sie „roten Alarm“, die maximale Warnstufe, ausgelöst.

    Im Zuge der Ermittlungen wurde etwas völlig Unerwartetes bekannt

    „Das Problem war nicht das Fehlen von Information“, erklärte die Richterin weiter. Frühzeitige Hinweise auf die Gefahr von schweren Überschwemmungen habe es mehr als genug gegeben. „Entweder wurden die Informationen ignoriert. Oder ihre Bedeutung wurde nicht verstanden – was ebenfalls schlimm wäre. Oder die Verantwortlichen trafen nicht die sachgemäßen Entscheidungen.” Auch dem Versuch der valencianischen Führung, der nationalen Regierung von Spaniens Premier Pedro Sánchez die Schuld in die Schuhe zu schieben, wies Tobarra zurück: „Es lag eindeutig in der Verantwortung der regionalen Behörden, die Bevölkerung zu warnen und die entsprechenden Zivilschutzmaßnahmen anzuordnen.”

    Im Zuge der Ermittlungen wurde bekannt, dass unter den Todesopfern ein 71 Jahre alter Mann war, der von seiner Familie vor über 40 Jahren als vermisst gemeldet wurde. Der Mann, der offenbar psychische Probleme hatte, verschwand 1984 im südspanischen Andalusien. Zehn Jahre später wurde er von den Behörden für tot erklärt. Jetzt konnte er anhand einer DNA-Untersuchung identifiziert werden.

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