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Italien: Wie ein italienisches Dorf von Skifahrern aus Neapel überlaufen wurde

Italien

Wie ein italienisches Dorf von Skifahrern aus Neapel überlaufen wurde

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    Dass an Liften großer Andrang herrschen kann, weiß jeder Skifahrer und jede Snowboarderin. Aber in Roccaraso erreichte das Ganze eine neue Dimension.
    Dass an Liften großer Andrang herrschen kann, weiß jeder Skifahrer und jede Snowboarderin. Aber in Roccaraso erreichte das Ganze eine neue Dimension. Foto: Jan Woitas

    Das Dorf Roccaraso liegt in den Abruzzen in Mittelitalien. Derzeit ist das Wetter ausgezeichnet und es liegt Schnee. In jenem beliebten Wintersportort auf 1200 Metern Höhe ist man in dieser Jahreszeit eher ruhige Tage gewohnt. Doch am Wochenende erlebte das 1500-Einwohner-Dorf das, was Lokalzeitungen als „Invasion“ und „Ansturm“ bezeichneten. Rund 50.000 Touristinnen und Touristen, viele von ihnen aus Neapel und Umgebung, fanden sich in dem Idyll ein, überliefen Pisten, Lifte, Restaurants und Parkplätze. Fotos und Videos zeigen vermüllte Skistationen, Verkehrschaos und viel schlechte Laune. Der Bürgermeister forderte den Eingriff des Militärs an. Das kam zwar bislang nicht, der Sturm auf Roccaraso beschäftigt inzwischen aber ganz Italien. Wie konnte sich dieser Wintertraum „in einen apokalyptischen Albtraum aus Verkehr und festgestampftem Schnee“ verwandeln, wie die Zeitung La Repubblica am Donnerstag schrieb?

    Nun steht das nächste Wochenende bevor und Roccaraso ist gespalten. Einerseits stellt der Ansturm ein großes Geschäft dar, andererseits ist die Dorfgemeinschaft sichtlich überfordert. Das Phänomen scheint durch zweierlei Faktoren ausgelöst worden zu sein. Einerseits soll insbesondere eine Influencerin aus Neapel, die selbst in Roccaraso weilte, mit Videos den Boom befördert haben. Süditalienische Reisebüros reagierten mit Niedrigpreis-Ausflügen auf das Interesse. Roccaraso ist in zwei Stunden per Auto von Neapel zu erreichen, die Busse starten frühmorgens und fahren abends zurück. Laut Bürgermeister Francesco Di Donato seien auf diese Weise vergangenen Sonntag zwischen 10.000 und 12.000 Gäste mehr als sonst nach Roccaraso gekommen. Reisebüros aus Neapel boten den Tagesausflug ab 20 Euro pro Person an.

    Influencer machen Geheimtipps wie Roccaraso einem Millionenpublikum bekannt

    Damit hat das beschauliche Dorf in den Abruzzen es mit einem Phänomen zu tun bekommen, das überall auf der Welt zunimmt. Influencer mit teilweise Millionen von Followern publizieren unbekannte Orte, kleine Restaurants oder Geheimtipps, auf die dann das große Publikum reagiert. Für den Sturm auf Roccaraso wird nun Rita De Crescenzo mitverantwortlich gemacht, die 1,7 Millionen Fans auf TikTok hat. „Ich habe nur von meinem Aufenthalt berichtet, natürlich dürfen wir nicht andere Orte verschmutzen“, verteidigte sich die 45-Jährige aus Neapel. De Crescenzo ist umstritten, aber beliebt. Einmal wurde sie wegen Drogenhandels verhaftet, ein andermal nutzte sie einen Krankenwagen als Taxi.

    Vergangenen Sonntag sollen sich 260 Busse mit Tagestouristen im Abruzzen-Dorf gedrängelt und behindert haben. Für die kommenden Wochenenden verfügten die Behörden, dass maximal 100 Busse den Ort erreichen dürfen. Schon bislang allerdings staute sich der Verkehr auf der Staatsstraße, die nach Roccaraso führt. Die Busfahrer ließen die Gäste am Ortseingang aussteigen. Bürgermeister Di Donato ist alarmiert. „Roccaraso ist nicht imstande, den Ansturm von Sonntagstouristen zu bewältigen“, sagte er. Man könne beim Skilift nicht einfach 1000 Chemietoiletten aufstellen. „Wenn die bisherigen Schritte nicht genügen“, fügte der Bürgermeister hinzu, „müssen wir uns weitere Maßnahmen überlegen.“

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