Nach zehn Tagen erfolgloser Suche nach dem sechsjährigen Pawlos sollen in dem Vermisstenfall nun die kriminalpolizeilichen Ermittlungen im Vordergrund stehen. Auch der Einsatz eines Aufklärungsflugzeugs der Bundeswehr hatte die Polizei bisher nicht weitergebracht. Die Übersichtsaufnahmen, die mit Hilfe des Eurofighters erstellt wurden, würden weiter ausgewertet, teilte die Polizei mit. «Der entscheidende Hinweis blieb jedoch bisher leider aus.»
Kind seit 25. März vermisst
Der Erstklässler, der nach Polizeiangaben eine «autistische Veranlagung» hat, war am 25. März nach dem Mittagessen aus seiner Förderschule im mitttelhessischen Weilburg davongelaufen und wird seither vermisst. Noch am Tag seines Verschwindens begann eine große Suche, an der sich zeitweise Hunderte Einsatzkräfte und Helfer beteiligten - doch konnten sie das Kind nicht finden.
Zuletzt war ein Video aufgetaucht, das Pawlos laut Polizei «mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit» zeigt. Darauf sei zu sehen, wie das Kind auf einer stark befahrenen Straße stehe. Ein Verkehrsteilnehmer habe ihn daraufhin von der Fahrbahn begleitet, unmittelbar danach den Polizeinotruf gewählt und seine Beobachtungen geschildert, doch sei der Junge davongelaufen.
Taucher sollen erneut in der Lahn suchen
In den kommenden Wochen werde die Suche andauern, erklärte die Polizei. Spezialisierte Taucher des Hessischen Präsidiums Einsatz wollten auch in den kommenden Wochen an und in der Lahn nach dem Sechsjährigen suchen. «Unabhängig davon konzentriert sich die Polizei verstärkt auf die kriminalpolizeilichen Ermittlungen.» Dabei gehe es weiterhin um mögliche Beobachtungen aus der Bevölkerung. Vor allem setzt die Polizei auf die bundesweite Fahndung nach Pawlos mit Anzeigentafeln - das soll neue Hinweise erbringen.
Man müsse jetzt priorisieren, welche Maßnahmen am meisten Sinn machen, sagte ein Polizeisprecher. Externe Kräfte, etwa von der Bereitschaftspolizei, seien zwar vorerst nicht mehr vor Ort, könnten aber jederzeit flexibel zur Unterstützung hinzugeholt werden. Zudem hielten Beamte, die in und um Weilburg auf Streife unterwegs seien, weiterhin ihre Augen offen.
Wendepunkte und Ungewissheit für Angehörige belastend
Die Polizei hatte für den Tagesverlauf eine neue Lagebewertung angekündigt. Für betroffene Angehörige seien gerade solche Wendepunkte in einem Vermisstenfall erfahrungsgemäß besonders belastend, sagte Dirk Hewig, Landesfachbeauftragter Psychosoziale Notfallversorgung im Landesverband Hessen des Deutschen Roten Kreuzes. Sie machten ihnen deutlich, dass die Hoffnung auf einen guten Ausgang der Suche schwinde.
Viele Betroffene befürchteten in diesen Situationen zusätzlich, dass Unterstützung von Notfallhelfern wegbreche. Wie Hewig sagte, setzen Krisenhelfer bei der Betreuung stark auf die Aktivierung des sozialen Netzes. Es gehe darum, Menschen aus dem persönlichen Umfeld wie Freunde und Bekannte - vielleicht auch die Schule - einzubinden, um Betroffene zu unterstützen, sagte Hewig.
Angehörige litten in der Regel stark darunter, keine Gewissheit zu haben. Wenn gesicherte Fakten vorlägen, könnten sie das Ereignis hingegen begreifen und sich damit auseinandersetzen. Solange Hoffnung bestehe, klammerten sich viele Angehörige an jeden Strohhalm und orientierten sich daran - das könne auch die Arbeit der Polizei in solchen Fällen besonders herausfordernd machen.
Auch Kontaktbeamte der Polizei halten Kontakt mit Familie
Auch die Polizei wird der Familie nach Angaben des Sprechers weiterhin über ihre Kontaktbeamten zur Seite stehen. Man gehe weiterhin proaktiv auf diese zu und bespreche den aktuellen Stand der Suche und die Maßnahmen mit den Angehörigen.

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