Für seine (vielfach weiblichen) Fans sind seine Songs und Gedichte wie eine Art Bibel. Sie vergöttern und huldigen Konstantin Wecker seit Jahrzehnten in seinen Konzerten. Trotz mancher persönlicher Abstürze gehört er zu den bekanntesten und vielleicht auch besten deutschen Liedermachern. Und eigentlich ist er ja noch viel mehr als das, nämlich Komponist, Schauspieler und auch Autor. Aber hier in die Tiefe zu gehen, würde an dieser Stelle zu weit führen.
Genug ist nicht genug/Ich lass mich nicht belügen/Schon schweigen ist Betrug/Genug kann nie genügen knödelt Wecker noch immer mit seiner markanten gepressten Stimme. „Genug ist nicht genug“ gehört neben der Ballade vom „Willy“ zu seinen Klassikern.
Mit seiner Musik will Konstantin Wecker provozieren
Und irgendwie klingt das auch nach seinem Lebensmotto. Wecker war und ist einer, der vom Leben nie genug bekam und Grenzen nur langsam zu akzeptieren lernte. Schon als Zwölfjähriger büxte er von Zuhause vor seiner strengen Mutter aus, wie er einmal erzählte. Immer wieder versuchte der Sohn zweier kunstsinniger Eltern, der früh am Klavier und an der Geige ausgebildet wurde, aus dem ihm gesteckten Rahmen zu entkommen. Es drängte den Frühbegabten, gesellschaftliche Regeln zu brechen.
Seine Kritiker halten ihn für einen Spinner, der halt gerne provoziert. Aber genau das will er: unangepasst sein. Den Traum von der herrschaftsfreien Gesellschaft lebt der Münchner, der am Mittwoch seinen 75. Geburtstag feiert, nach wie vor. Er ist keiner, der die Starken und Mächtigen mag, sondern die Zarten und Zerbrechlichen bevorzugt.
Konstantin Wecker träumt von einer gewaltfreien Welt
In seiner vielleicht populärsten musikalischen Phase kam der Künstler dann auf seinem Höhenflug wie in der griechischen Sage Ikarus der Sonne zu nah. Wer seinen Absturz im Detail nachlesen will, dem seien Bücher mit dem bezeichnenden Titel „Die Kunst des Scheiterns“ oder der Roman „Uferlos“ empfohlen. Darin offenbart Wecker seine Kokainexzesse, bei denen er sich fast selbst umgebracht hätte. Seine schlagzeilenträchtige Verhaftung 1995 bezeichnete er später als Rettung. Doch zunächst kam es hart für den Freiheitsliebenden. Es folgten Gerichtsprozesse und am Ende standen eine Bewährungsstrafe und der finanzielle Ruin. Seine zweite Frau Annik, die er damals heiratete, half ihm auch finanziell aus der Malaise. 1997 und 1999 wurden seine Söhne geboren. Das Paar war zwischenzeitlich getrennt, lebt aber erneut zusammen.
Im vergangenen Jahr brachte Wecker nach sechs Jahren Pause mit „Utopia“ wieder ein neues Album heraus: Darin träumt er noch immer von einer gewaltfreien Welt. Die Realität holte ihn mit dem Krieg in der Ukraine bald ein. Der bekennende Pazifist, der in diesem Zusammenhang Waffenlieferungen ablehnt, sagt dazu: „Meine Funktion als Künstler ist, gerade jetzt aufzupassen, dass die utopische Idee nicht verschüttgeht.“ Der Mensch sei nicht so schlecht, dass er beherrscht werden müsse.