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Rätselhafte Spritzenangriffe während der Fête de la Musique: 145 Frauen und Mädchen betroffen

Frankreich

Heimtückische Angriffe per Spritze: 145 Frauen und Mädchen betroffen

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    So sieht das in Paris aus, wenn junge Menschen jedes Jahr das „Fest der Musik“ feiert.
    So sieht das in Paris aus, wenn junge Menschen jedes Jahr das „Fest der Musik“ feiert. Foto: Luc Auffret, Anadolu via afp

    „Eine Stimmung von Chaos, ja wirklich, von Angst“ – so beschreibt eine junge Frau in den sozialen Medien, wie sie die Fête de la Musique, das traditionelle „Fest der Musik“ in Frankreich, in diesem Jahr erlebt hat. „Diese Feier hat mich traumatisiert“, klagt eine andere. Eigentlich ist es eine große, fröhliche Party, die seit mehr als 40 Jahren am Tag des kalendarischen Sommeranfangs stattfindet: Professionelle wie auch Hobby-Musikgruppen treten in Bars, an öffentlichen Plätzen und Straßenecken auf. Das Publikum zieht fröhlich feiernd von Ort zu Ort.

    Doch diesmal wurde das Fest schon vorab durch Aufrufe von Männern im Internet, Frauen per Spritze chemische Substanzen zu verabreichen, verdorben. Einige setzten die heimtückische Idee in die Tat um: Insgesamt 145 Mädchen und Frauen beklagten sich laut französischem Innenministerium landesweit im Laufe des Abends über mutmaßliche Angriffe per Spritze. Allein in der Hauptstadtregion wurden insgesamt 21 Beschwerden von teils sehr jungen Opfern bei Nothilfestellen wie dem Roten Kreuz vermeldet, davon 13 in verschiedenen Vierteln in Paris selbst, und acht in mehreren Vororten. Einige der Frauen kamen für toxikologische Untersuchungen ins Krankenhaus. Über deren Ergebnisse war bis Montagnachmittag noch nichts bekannt. In drei Fällen nahm die Pariser Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf. Landesweit gab es zwölf Festnahmen von Männern wegen des Verdachts, Frauen mit Spritzen angegriffen zu haben. Teils wurden sie von Passanten auf frischer Tat ertappt.

    Die Rettungsdienste in Frankreich waren dieses Mal stärker als sonst gefragt

    Am dramatischsten war die Situation im westfranzösischen Angoulême, wo sich 50 mutmaßliche Opfer meldeten und die Polizei vier Tatverdächtige dingfest machte. Darüber hinaus klagten jeweils mehrere Frauen in Limoges, Nantes und Metz über Schwindelanfälle, Übelkeit oder Spuren von Einstichen an Armen, Beinen oder am Hals. Wie viele Betroffene es tatsächlich gibt, ist unklar, zumal die Substanzen oft nur wenige Stunden lang im Körper auffindbar bleiben. Wenn überhaupt: Im Fall der Injektion von Insulin oder Adrenalin, welche ohnehin im Körper präsent sind, ist der Nachweis noch schwieriger. Auch hieß es in der Pariser Tageszeitung Le Parisien, dass allgemein nicht in jedem Fall eine Substanz gespritzt wird – trotzdem reicht eine Einstichstelle, um bei den Opfern Angst und Panik auszulösen.

    Dem Parisien zufolge waren die Rettungsdienste nach eigenen Angaben dieses Mal stärker als sonst gefragt, um sich um Personen mit gesundheitlichen Problemen zu kümmern. „Das Phänomen der Spritzenangriffe ist in den vergangenen Jahren ein wenig zurückgegangen, aber nun gab es die Aufrufe in den sozialen Netzwerken“, sagte David Ghislerie, Leiter der Polizeigewerkschaft Alliance im ostfranzösischen Département Moselle, in dem Metz liegt. Im Jahr 2022 waren insgesamt 800 Fälle von Spritzenangriffen in Frankreich gezählt worden.

    Insgesamt 371 Menschen wurden unter anderem wegen Gewaltdelikten festgenommen

    Angesichts der beunruhigenden Nachrichten im Vorfeld der Musikfeier veröffentlichten auch feministische Vereine Warnungen im Internet. Die Handy-App „The Sorority“ („Die Schwesterlichkeit“), die Tipps für Frauen gibt und diesen ermöglicht, im Notfall ein Warnsignal abzusetzen, zählte im Vorfeld des 21. Juni mehr als 15.000 Downloads. „In den vergangenen Jahren hatten wir nie eine so starke Nachfrage vor der Fête de la Musique“, sagte die Gründerin Priscilla Routier. Auch über das Problem der Spritzenattacken hinaus verlief die Feier in diesem Jahr nicht überall ruhig und friedvoll. Insgesamt 371 Menschen wurden unter anderem wegen Gewaltdelikten, Diebstahl, Beschädigungen oder unerlaubtem Tragen einer Waffe festgenommen.

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