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Streiks legen Flughäfen in München und Co. lahm – missbraucht Verdi das Streikrecht?

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    Zwei Flugpassagiere mit Rollkoffern laufen an Streikenden im Zentralbereich des Flughafen München vorbei, die an einer Protestaktion teilnehmen. Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten des öffentlichen Diensts und der Bodenverkehrsdienste zu einem 24-Stunden-Streik aufgerufen.
    Zwei Flugpassagiere mit Rollkoffern laufen an Streikenden im Zentralbereich des Flughafen München vorbei, die an einer Protestaktion teilnehmen. Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten des öffentlichen Diensts und der Bodenverkehrsdienste zu einem 24-Stunden-Streik aufgerufen. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Am Flughafen München fand am Montag aufgrund eines 24-stündigen Warnstreiks nur ein Bruchteil der sonst üblichen Flüge statt. „In den Terminals ist es sehr ruhig, kein Andrang“, sagte ein Flughafensprecher am Morgen. Seit Montag um Mitternacht waren Beschäftigte aus dem öffentlichen Dienst der Flughafenbetreiber, der Bodenverkehrsdienste und der Luftsicherheitsbereiche in verschiedenen Tarifkonflikten im Ausstand, wie ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi sagte. Um 23.59 Uhr endete der Streik.

    Die Aktion dauerte 24 Stunden. Am Morgen landete in München laut Flugplan ein Flieger aus Abu Dhabi, weitere auch von deutschen Flughäfen sollten folgen. Welche Verbindungen ausfallen, entscheide die jeweilige Fluggesellschaft, sagte der Sprecher. „Die Passagiere sind von den Airlines informiert und entsprechend umgebucht.“ Viele würden den Weg zum Flughafen gar nicht erst antreten, die meisten seien vorbereitet. „Es ist sehr entspannt.“

    Wer am Montag von oder zu einem deutschen Flughafen fliegen wollte, musste sich auf erhebliche Beeinträchtigungen und Ausfälle einstellen – hieß es im Vorfeld. Zunächst war lediglich die Rede von einem Warnstreik am Montag, 10. März, am Flughafen Frankfurt. Dann wurde jedoch klar: Verdi weitet die Warnstreiks am Montag ganztägig auf insgesamt 13 größere deutsche Flughäfen aus.

    Flughafen-Streiks von Verdi: Tausende Flüge müssen gestrichen werden

    Der 24-Stunden-Streik hatte in der Nacht auf Montag um 0 Uhr begonnen. Von Flughäfen wie Bremen und Hannover wurde am Montagmorgen gemeldet, dass der Betrieb völlig stillsteht. Für den zuletzt krisengeplagten Flughafen München zeichneten sich bereits am Sonntag drastische Auswirkungen ab.

    Nur rund 170 der ursprünglich geplanten 820 Starts und Landungen können voraussichtlich stattfinden, wie ein Flughafen-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur sagte. Das bedeutet, dass fast 80 Prozent der Flüge am Montag ausfallen werden. Bereits am Sonntag wurden 40 Flüge in München gestrichen. Deutschlandweit sollen am Montag einer ersten Schätzung des Flughafenverbands ADV zufolge mehr als 3400 Flüge ausfallen. Rund 510.000 Passagiere wären betroffen. In der laufenden Streiksaison hätten bereits jetzt 800.000 Flugreisende nicht wie geplant fliegen können.

    Flughafensprecherin: „Verhalten der Gewerkschaft Verdi ist ehrenlos“

    Für eine Überraschung sorgte Verdi am Sonntag am Flughafen Hamburg. Dort hatte die Gewerkschaft mit nur 30 Minuten Vorankündigung dazu aufgerufen, schon einen Tag früher als zunächst kommuniziert die Arbeit niederzulegen. Für Reisende hatte das gravierende Folgen: Geplant waren in Hamburg für den Sonntag 144 Ankünfte und 139 Abflüge. Davon konnten den Angaben zufolge nur knapp zehn Flüge stattfinden. Die restlichen Abflüge und Ankünfte für den Tag seien gestrichen. Das dürfte auch viele Familien treffen, denn in Hamburg sind von diesem Wochenende an bis zum 23. März Schulferien.

    Gegenüber der dpa äußerte sich Flughafensprecherin Katja Bromm entsetzt über das Vorgehen: „Das Verhalten der Gewerkschaft Verdi ist ehrenlos“. Laut Bromm seien rund 40.000 Passagiere betroffen. „Der Streik war notwendig, damit die Streikwirkung auch wirklich gespürt wird“, sagte wiederum ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi.

    Bei Arbeitsniederlegungen mit Ankündigungen ergreife der Flughafen Maßnahmen und setze etwa Streikbrecher ein. Man wisse um die Auswirkungen für Flugreisende, aber die Arbeitgeber müssten nun ein Angebot vorlegen.

    Streik an 13 deutschen Flughäfen am Montag, 10. März

    Beschäftigte des öffentlichen Dienstes und der Bodenverkehrsdienste sind an folgenden Flughäfen am Montag zum Streik aufgerufen:

    • Flughafen München
    • Flughafen Frankfurt
    • Flughafen Stuttgart
    • Flughafen Düsseldorf
    • Flughafen Köln/Bonn
    • Flughafen Dortmund
    • Flughafen Hannover
    • Flughafen Bremen
    • Flughafen Hamburg
    • Flughafen Berlin-Brandenburg
    • Flughafen Leipzig-Halle
    • Flughafen Weeze (Nordrhein-Westfalen)
    • Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden

    Zunächst war der Streik an elf Flughäfen angekündigt worden, darunter auch der Münchner Flughafen. Am Samstag wurde dann bekannt, dass am Montag noch zwei weitere Flughäfen bestreikt werden: Auch am Airport Karlsruhe/Baden-Baden sowie am Flughafen Weeze in Nordrhein-Westfalen ruft Verdi Beschäftigte zu einem ganztägigen Warnstreik auf. Dieser Aufruf richtet sich an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Luftsicherheitsbereich, die in der Fluggastkontrolle, der Personal-, Waren- und Frachtkontrolle sowie in Service-Bereichen tätig sind, wie Verdi mitteilt.

    Streik beim öffentlichen Dienst: Nächste Verhandlungsrunde steht bevor

    Hintergrund für den Streik ist, dass Mitte März die nächste Verhandlungsrunde im Tarifstreit mit Bund und Kommunen bevorsteht. Betroffen sind dabei auch Beschäftigte an Flughäfen. Zeitgleich verhandelt Verdi auch für rund 23.000 Bodenverkehrsdienstleisterinnen und -Dienstleister, die ebenfalls zum Streik aufgerufen sind.

    „Wir sehen uns zu diesem Warnstreik gezwungen, da die Arbeitgeber in den laufenden Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Diensts bisher kein Angebot vorgelegt und keine Bereitschaft gezeigt haben, unsere berechtigten Forderungen zu erfüllen“, erklärte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Christine Behle. Man habe die Aktionen frühzeitig angekündigt, um den Passagieren Planungssicherheit zu ermöglichen. 

    Streik an Flughäfen: Flughafenverband fordert politische Konsequenzen

    Vertreter aus der Luftverkehrsbranche sehen das anders. In einer Pressemitteilung des ADV heißt es, die betrof­fe­nen Pas­sa­giere hätten nach der Streik-Ankündigung am Freitag kaum eine Chance, sich Rei­se­al­ter­na­ti­ven zu suchen oder Ter­mine zu ver­schie­ben. Durch die Streiks an elf Standorten „wird ein gan­zes Land vom Luft­ver­kehr abge­schnit­ten“, wird ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel in der Erklärung zitiert. Verdi nutze die Streik­macht „zu Las­ten der Rei­sen­den und ver­ur­sacht gleich­zei­tig erheb­li­che Umsatz­ein­bu­ßen für den Luft­ver­kehr“, so Bei­sel, der an die Gewerkschaft appelliert, „eine einvernehmliche Lösung am Verhandlungstisch zu suchen“.

    Der ADV-Chef forderte zugleich von der Politik Konsequenzen: „Flug­hä­fen gehö­ren zur kri­ti­schen Infra­struk­tur und müs­sen end­lich vor Strei­ke­s­ka­la­tio­nen geschützt wer­den.“ Durch derartige Streiks entstünden immense wirt­schaft­li­chen Schä­den, die nicht nur die Luft­ver­kehrs­bran­che träfen, son­dern auch die gesamte Wirt­schaft. Für Dienstag streben die Lufthansa und andere betroffene Gesellschaften einen möglichst reibungslosen Neustart an.

    Flugzeuge würden entsprechend positioniert und Dienstpläne angepasst, teilte der Konzern mit. Zu Tagesbeginn könne es noch ruckeln, der Flugbetrieb werde sich aber im Laufe des Tages normalisieren, sagt ein Sprecher des Frankfurter Betreibers Fraport.

    Flughäfen Köln, Düsseldorf, Hamburg und München zum zweiten Mal im Streik

    Die Flughäfen in Köln, Düsseldorf, Hamburg und München wurden während der laufenden Tarifrunde bereits bestreikt, wobei es jeweils zu zahlreichen Flugausfällen gekommen war. Am Frankfurter Flughafen haben die öffentlich Bediensteten zuletzt im März 2023 einen Warnstreik abgehalten.

    Die Gewerkschaft Verdi am kommenden Montag an elf deutschen Flughäfen streiken.
    Die Gewerkschaft Verdi am kommenden Montag an elf deutschen Flughäfen streiken. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Derweil wirft die Luftverkehrsbranche der Gewerkschaft den Missbrauch des Streikrechts vor. Verdi würde sogenannte Warnstreiks als Tarnung für weitreichende Ausstände nutzen und Knotenpunkte der Volkswirtschaft gezielt lahmlegen, erklärte Eurowings-Chef und Präsident des Branchenverbandes BDL, Jens Bischof.

    Derweil kämpft Verdi an mehreren Fronten um bessere Arbeitsbedingungen der Mitglieder.

    Forderungen der Gewerkschaft Verdi im Tarifstreit Öffentlicher Dienst

    Verdi fordert eine Tariferhöhung im Volumen von acht Prozent, mindestens aber 350 Euro mehr monatlich, und höhere Zuschläge für die Arbeit zu belastenden und ungünstigen Zeiten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 200 Euro monatlich angehoben werden. Außerdem fordert die Gewerkschaft drei zusätzliche freie Tage. Die Arbeitgeber haben diese Forderungen als nicht finanzierbar zurückgewiesen. Die Tarifverhandlungen werden am 14. bis 16. März 2025 in Potsdam fortgesetzt.

    Die Lufthansa wie auch der Flughafenverband ADV haben bereits die früheren Streiks an den Knotenpunkten der Verkehrsinfrastruktur kritisiert. Bereits zu den ersten Warnstreiks in Hamburg und München hatte ADV-Chef Beisel erklärt: „Zweitägige Streiks, die deutsche Metropolregionen vom internationalen Luftverkehr abschneiden, haben längst nichts mehr mit Warnstreiks zu tun.“ (mit dpa)

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