Als die Briten im Jahr 2016 entschieden, die Europäische Union zu verlassen, löste die Nachricht Schockwellen in Europa und Deutschland aus. Viele verstanden nicht, warum die Insulaner gehen wollten. Für etliche Bürger der Bundesrepublik handelt es sich bei der EU um mehr als eine Zollunion, es geht um Gefühle – und die wurden verletzt. Von einer einseitigen Liebe war die Rede und von gebrochenen Herzen.
Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Deltapoll, in Auftrag gegeben von der deutschen Botschaft in London, zeigt nun: Die Briten blicken trotz des Scheidungsdramas wohlwollend auf die Bundesrepublik. Knapp sieben von zehn geben an, ein positives Bild von Deutschland zu haben. Die Nation wird als wichtiges Partnerland und auch wirtschaftlich starke Nation angesehen. Das ist die gute Nachricht.
Etwas schlechter sieht es aus, wenn es darum geht, wie eng die Briten die Partnerschaft zu Deutschland einschätzen. Demnach bezeichnet sie nur rund die Hälfte als eng oder sehr eng. Und beim Interesse an Bundesrepublik könnten die Zahlen besser aussehen. Etwas mehr die Hälfte gibt an, nicht wirklich zu wissen, wie das tägliche Leben in Deutschland aussieht. Was überraschte: Männer gaben an, sich besser auszukennen.
Woher kommt das männliche Selbstbewusstsein? Hier können auch die Verfasser der Studie nur spekulieren. Eine mögliche Erklärung ist, dass Frauen ihr Wissen vielleicht realistischer einschätzen. Nahe liegt jedoch eine andere Erklärung. Die hat etwas mit Sport zu tun, ist rund und sowohl für Briten wie Deutsche so etwas wie eine Religion. Genau: Fußball.
Schließlich gibt es nicht wenige englische Fans, die regelmäßig zu Auswärtsspielen ihrer Mannschaft etwa nach Dortmund, München oder Berlin reisen. Und dann ist da ja auch noch Jürgen Klopp, seit Oktober 2015 Trainer des FC Liverpool. Er ist bei den Briten sehr beliebt und damit der vielleicht wichtigste Botschafter Deutschlands in Großbritannien.
Vor einigen Jahren gar gab es einen regelrechten Deutschland-Hype auf der Insel. Bücher wie „Why the Germans do it better“ („Was die Deutschen besser machen“) vermittelten Briten, was sie von dem Land, das der Autor als „erwachsen“ bezeichnete, lernen können. Anders argumentierte ein Journalist im The New Statesman zu Beginn des Jahres. Die Briten täuschten sich: „Zwei Jahre in Berlin haben mich gelehrt, dass die deutsche Effizienz ein Mythos ist.“
Nach Themen gefragt, in denen sich Briten eine engere Zusammenarbeit wünschen, nennen sie „Handel und Investitionen“ oder auch von „Verteidigung und internationaler Sicherheit“. Andere Themen wie kulturelle Events oder auch Schüleraustausche stehen recht weit unten auf der Liste.
Dabei sind es diese Bereiche, die durch den Brexit gelitten haben. Etwa, weil deutsche Studenten nicht mehr über das Erasmus-Programm in Großbritannien studieren können und umgekehrt. Lernten Schüler im Vereinigten Königreich Deutsch einst verpflichtend in der Schule, geben laut der Umfrage nur 13 Prozent der Studienteilnehmer an, diese Fremdsprache lernen zu wollen, wenn sie die Möglichkeit dazu hätten.
Wie könnten sie sich also wieder näher kommen, die Deutschen und die Briten? Der Report gibt in dieser Frage womöglich einen Hinweis. Schließlich findet die Fußball-Europameisterschaft im kommenden Jahr in der Bundesrepublik statt. Könnte ein neues Sommermärchen das Herz der Briten für die „Krauts“ also weiter öffnen und damit womöglich auch ihr Interesse an anderen Themen? Möglich ist es.