Russland von Sanktionen gebeutelt – doch wann ist ein Staat zahlungsunfähig?
Wegen der Sanktionen stellt sich die Frage, ob Russland bald zahlungsunfähig sein könnte. Doch wann ist ein Staat dies überhaupt? Eine Erklärung.
Die Sanktionen, die der Westen verhängt hat, machen Russland immer mehr zu schaffen. Nun gibt es erste Anzeichen dafür, dass das Land zahlungsunfähig sein könnte. Doch was bedeutet das und wann tritt dieser Fall ein? Eine Erklärung.
Wann ist ein Staat zahlungsunfähig?
Wenn sich ein Staat Geld leiht, dann muss er Zinsen zahlen – wie das bei jeder Privatperson auch der Fall ist. Wenn die Situation eintritt, dass ein Staat seine Schulden nicht mehr bedienen kann, dann gilt er als zahlungsunfähig. Das ist der Fall, wenn er seine Zinsen nicht mehr zahlen kann und Probleme mit der Schuldentilgung hat.
In der Regel tritt eine Zahlungsunfähigkeit bei Staaten auf, wenn diese Geld über ihre Verhältnisse ausgeben. Das ist häufig in Krisen- oder Kriegszeiten der Fall. Eine Überschuldung, ein Liquiditätsproblem und das Einbüßen von Kreditwürdigkeit können ebenfalls dazu führen, dass ein Staat zahlungsunfähig ist.
Welche Beispiele gibt es für eine Zahlungsunfähigkeit von Staaten?
Das jüngste Beispiel ist das Finanzproblem, welches Griechenland ab dem Jahr 2010 ersuchte. Die Euro-Krise führte dazu, dass der Staat zahlungsunfähig wurde und durch die EU-Mitglieder aus dieser Lage manövriert werden musste. Auch die Staatspleite von Argentinien Anfang des 21. Jahrhunderts ist ein modernes Beispiel für die Zahlungsunfähigkeit eines Staates.
Wer stellt fest, ob ein Staat zahlungsunfähig ist?
Die Kreditwürdigkeit von Staaten wird in der Regel von Ratingagenturen bewertet. Diese werden von Kreditgebern bezahlt, um die Situation der Schuldner aufdecken zu können. Als die drei größten Bonitätswächter gelten Fitch, Standard & Poor's und Moody's. Neben diesen gibt es auch noch das internationale Investoren-Komitee CDDC, welches sich aus großen Banken zusammensetzt. Das Komitee kann entscheiden, ob Zahlungsprobleme bestehen oder eine Kreditausfallversicherung eintritt. Derartige Fälle kommen einer Staatspleite nahe.
Könnte Russland bald zahlungsunfähig sein?
Derzeit ist Russland eigentlich kein Kandidat für eine Staatspleite. Die Finanzlage spricht dagegen, da das Land über erhebliche finanzielle Mittel innerhalb und außerhalb Russlands verfügt. Vor allem die Rohstoffe sind wie eine Versicherung für die Russen. Die Verschuldung des Landes ist mit 20 Prozent der Wirtschaftsleistung auch nicht sonderlich hoch, wenn man bedenkt, dass viele westliche Industrieländer eine höhere Schuldenquote haben.
Allerdings wird Russland durch die Sanktionen faktisch vom Finanzsystem abgeschnitten, welches von westlichen Staaten dominiert wird. Eine Folge davon ist, dass es Moskau fast unmöglich ist, seine Gläubiger zu bezahlen, obwohl das Geld vorhanden wäre. Auf dem Papier könnte Russland daher zahlungsunfähig sein, doch das würde in diesem Fall keine Staatspleite bedeuten.
Was können die Folgen einer Zahlungsunfähigkeit sein?
Wenn ein Staat zahlungsunfähig ist, dann kann das schwerwiegende Folgen haben. Zunächst einmal bricht die Kreditwürdigkeit ein, weswegen es für ein Land noch viele Jahre später kaum möglich ist, Kredite zu den üblichen Zinssätzen zu beziehen. Ein Kollaps des Bankensystems und eine Entwertung der Währung sind kurzfristige Folgen, die eine Zahlungsunfähigkeit mit sich bringen kann.
Wichtig ist der Fakt, dass ein Gläubiger die Rückzahlung von allen Schulden verlangen kann, sobald ein Ausfall der Zahlungen erfolgt. Also auch von den Schulden, die nach dem Rückzahlungsplan noch nicht fällig gewesen wären. Das Eigentum von Staatsunternehmen ist ebenfalls nicht mehr sicher, wenn der Staat zahlungsunfähig ist. Die Kläger können die Unternehmen als Gegenleistung für die ausgebliebenen Zinszahlungen fordern und einklagen.