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Zunahme von Entführungen: Erpresser zielen auf Krypto-Manager und deren Familien

Kriminalität

„Diese Kriminellen haben keine Grenzen mehr“: Erpresser zielen auf Krypto-Manager

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    In einem Fall forderten die Verbrecher Ende Januar ein Lösegeld in Höhe von rund zehn Millionen Euro in Form von Bitcoins.
    In einem Fall forderten die Verbrecher Ende Januar ein Lösegeld in Höhe von rund zehn Millionen Euro in Form von Bitcoins. Foto: Fernando Gutierrez-Juarez, dpa

    Kürzlich mitten in Paris, in einer ruhigen Straße im 11. Arrondissement. Ein Anwohner, durch Schreie ans Fenster gelockt, filmt Verstörendes: drei vermummte Männer, die eine schwangere Frau über den Boden des Gehwegs schleifen, um sie zu einem Van zu zerren. Sie leistet heftig Widerstand, ruft um Hilfe, ein Mann hält sie fest. Der Frau gelingt es, eine Pistole auf die Straße zu werfen, die sich als Attrappe herausstellen wird. Passanten eilen herbei, schließlich droht ein Mann den Angreifern mit einem Feuerlöscher. Diese springen in den Van, der davonbraust. Der Mann, der Lebenspartner der Frau, wird am Kopf verletzt. Wie der kleine Junge des Paares, der alles mit ansehen muss. Den Van findet die Polizei später in der Nähe, von den Tätern fehlt jede Spur.

    Die Entführer hackten ihrem Opfer einen Finger ab

    Die Frau war wohl kein Zufallsopfer: Die 34-Jährige ist die Tochter von Pierre Noizat, dem Chef von Paymium, einer Plattform für den Handel mit Kryptowährungen. Noizat lobte im französischen Sender BFMTV den Mut seiner Tochter und seines „heroischen“ Schwiegersohns. Er habe gewusst, dass es „ein gewisses Risiko“ gebe, dennoch stünden er und seine Familie nicht unter Polizeischutz. Unmittelbar nach dem Fernsehauftritt hatte er einen Termin bei Innenminister Bruno Retailleau. Der, sagte er, habe „eine unmögliche Mission“ vor sich: „Das Problem wächst schneller, als er es beheben kann.“

    Die Polizei hat es mit besonders skrupellosen Verbrechern zu tun. Ein Unternehmer sagt: „Diese Kriminellen haben keine Grenzen mehr, weder Moral noch Angst“.
    Die Polizei hat es mit besonders skrupellosen Verbrechern zu tun. Ein Unternehmer sagt: „Diese Kriminellen haben keine Grenzen mehr, weder Moral noch Angst“. Foto: Loic Venance, dpa/AFP

    Tatsächlich handelt es sich bereits um den fünften Angriff in Frankreich auf Bitcoin-Unternehmer oder deren Familienmitglieder in knapp zwei Jahren. Anfang Mai entführten Vermummte den Vater eines Kryptomillionärs vor Augenzeugen in Paris und wollten mehrere Millionen Euro erpressen. Gezahlt wurde das Geld nicht, denn es gelang der Polizei, das Opfer ausfindig zu machen und zu befreien. Die Entführer hatten ihm einen Finger abgehackt. Fünf junge Männer wurden festgenommen.

    Ende Januar sorgte die Entführung von David Balland, dem Mitbegründer des erfolgreichen Kryptounternehmens Ledger, und seiner Lebensgefährtin für Aufsehen. Sein Geschäftspartner Eric Larchevêque erhielt damals ein Video von Ballands abgetrenntem Finger mitsamt der Forderung von Lösegeld in Höhe von rund zehn Millionen Euro in Form von Bitcoins, also einer computergeschaffenen Währung. In einer großangelegten Polizeiaktion konnte Balland befreit werden, seine Freundin wurde am Folgetag gefesselt in einem Kofferraum entdeckt. Sieben Tatverdächtige kamen in Haft. Zuvor, Anfang Januar, wurde ein Ehepaar in seinem Haus gefesselt und dann entführt. Der Sohn des Paares, ein Influencer im Kryptobereich, hatte in Videos mit seinen hohen Gewinnen geprahlt.

    Die Verbrecher glaubten, sie könnten das Geld gefahrlos erpressen

    Unternehmer Larchevêque klagte nun über eine seiner Meinung nach laxe Justiz, die die steigende Bedrohung für die ganze Branche bedinge: „Diese Kriminellen haben keine Grenzen mehr, weder Moral noch Angst, auch nicht vor lebenslanger Haft“, sagte er. Vonseiten der Polizei-Einheit für Cyber-Sicherheit heißt es, die Verbrecher glaubten an das Versprechen vom „schnellen Geld“ – und dass sie es gefahrlos aufgrund der Bitcoin-Technologie bekommen könnten. Dies aber sei falsch, erklärt die in diesem Bereich spezialisierte Anwältin Sarah Compani. Denn die Kryptowährungen basierten auf einer Technologie, die wie ein großes, offenes und nachvollziehbares Register funktioniere. „Man muss sich sehr gut auskennen, um Transaktionen unkenntlich zu machen.“ So konnten die Entführer des Vaters des Influencers Killian Desnos alias TeufeurS, die im August 2023 für dessen Freilassung 1,7 Millionen Euro erhalten hatten, ausfindig gemacht werden. Sie hatten versucht, auf einer Plattform mit einem Teil des Geldes zu bezahlen.

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