Keine Mehrheit für Ampel-Entwurf: Impfpflicht scheitert im Bundestag
Am Donnerstag wurde im Bundestag über eine Impfpflicht abgestimmt. Ein Entwurf der Ampel zu einer allgemeinen Impfpflicht fand keine Mehrheit. Auch ein CDU-Antrag scheiterte.
Die Ampel-Koalition hat vier Monate nach dem Regierungswechsel ihre erste schwere Niederlage erlitten. Die angestrebte Impfpflicht gegen das Coronavirus scheiterte im Bundestag. SPD, Grüne und FDP haben es nicht verstanden, eine Mehrheit zu organisieren. Hauptgrund für die Niederlage ist, dass ein gewichtiger Teil der FDP-Fraktion eine Pflicht zur Spritze ablehnte.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gelang es nicht, sein Bündnis zusammenzuhalten. Auch sein Mann für die Pandemie-Bekämpfung, Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), hatte sich vergeblich verkämpft. „Es ist eine sehr wichtige Entscheidung, denn jetzt wird die Bekämpfung von Corona im Herbst viel schwerer werden“, erklärte Lauterbach enttäuscht nach der herben Schlappe.
Kompromiss der Regierungskoalition bekommt keine Mehrheit im Bundestag
Groß war die Not der Ampel-Koalition schon, als der Bundestag am Donnerstagmorgen zur entscheidenden Sitzung zusammentrat. Die Lage war nicht nur misslich, sondern es drohte der Gesichtsverlust, der dann auch geschah. Mit Scholz (SPD) hatte sich das Haupt der Koalition für die verpflichtende Immunisierung starkgemacht, aber öffentlich wenig dafür getan. Die Glieder mussten daher mächtig strampeln. Wegen zu vieler Abweichler bei SPD, Grünen und FDP wurde sogar Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) eilig von einem Treffen der Nato-Staaten abgezogen, um im Bundestag abstimmen zu können. Es ist ja nur Krieg in der Ukraine.
Die Ampel hatte zwar einen Gesetzentwurf für eine Impfpflicht ab 60 Jahren vorgelegt, hinter dem sich die meisten ihrer Parlamentarier versammelten, aber es fehlten entscheidende Stimmen. Also blieb nur noch Flehen: „Lassen Sie uns nicht im Stich, wir brauchen heute einmal Ihre staatstragende Unterstützung“, appellierte Lauterbach an die Abgeordneten von CDU und CSU. Er hatte allerdings dem eigenen Lager einen Bärendienst erwiesen, indem er überhastet und im Alleingang den Wegfall der Quarantäne nach einer Corona-Infektion ins Spiel gebracht hatte. Abkehr von der Seuchenpolitik einerseits und Einführung der Impfpflicht andererseits passen nicht gut zusammen.
Auch der Impfpflicht-Antrag der Union scheitert
Der Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen von den Grünen ging die Union scharf an. Er warf ihr vor, in einer besonderen Gewissensfrage besonders gewissenlos zu agieren. Die Parteitaktik schädige „das Vertrauen in demokratische Institutionen“. CDU und CSU hatten einen eigenen Vorschlag ausgearbeitet, um einen weiteren Corona-Winter zu verhindern. Er sah vor, zunächst ein Impfregister aufzubauen, um überhaupt sagen zu können, wer noch ungeimpft ist. Erst wenn sich das Virus mit Wucht in der kalten Jahreszeit zurückmeldet, soll der Bundestag im Zweifel eine Impfpflicht für gefährdete Gruppen festlegen können. Die Ampel warf den Konservativen vor, damit erst auf eine Welle reagieren zu können, wenn es zu spät ist. Schließlich fand aber auch das gestufte Modell der Union keine Mehrheit.
Die Fraktionsspitze hatte vor dem Tag der Wahrheit die Weisung ausgegeben, auf keinen Fall mit der Koalition zu stimmen. Fraktionschef Friedrich Merz wollte der Regierung eine Niederlage beibringen. Er nahm dafür in Kauf, dass sein hart wahlkämpfender Parteifreund Hendrik Wüst aus Nordrhein-Westfalen argumentativ in Schwierigkeiten kommt, denn er ist für eine Impfpflicht. Wüst will NRW-Ministerpräsident bleiben und auch für Merz ist das wichtig, die Umfragen liegen aber eng. Merz legte den Kern des Ampel-Problems offen, indem er bei einer kurzen Zwischenrede auf die FDP zeigte und sprach, „dass diese Fraktion hier überhaupt keine Zustimmung zu einer Impfpflicht im Deutschen Bundestag erwägt“.
Viele FDP-Abgeordnete sprechen sich gegen eine Impfpflicht aus
Bei den Liberalen gab es eine starke Gruppe um Parteiveteran Wolfgang Kubicki, die eine Impfpflicht ablehnte und sich davon nicht abbringen ließ. „Es ist nicht die Aufgabe des Arztes, erwachsene Menschen gegen ihren Willen zum Selbstschutz zu bringen“, sagte der 70-Jährige. Seine Argumente: Eine Herdenimmunität werde durch die Impfung nicht erreicht. Das Gesundheitssystem sei nie überlastet gewesen. Der schwere Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit sei verfassungsjuristisch problematisch. Kubicki hatte einen Antrag formuliert, der die Regierung aufforderte, noch einmal stärker für das Impfen gegen Corona zu werben und für niedrigschwellige Angebote zu sorgen. Dem Vorschlag hatten sich auch Abgeordnete der Union sowie die beiden Promis der Linken, Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht, angeschlossen. „Hören Sie auf, die Menschen zu bevormunden. Die Corona-Impfung muss eine persönliche Entscheidung bleiben“, schimpfte Wagenknecht.
Am schärfsten ging wie gewohnt die AfD mit der Corona-Politik ins Gericht. „Die Impfpflicht ist nicht nur verfassungsfeindlich, sie ist eine totalitäre Anmaßung“, sagte die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel in donnerndem Ton. Man dürfe die Menschen nicht zu ihrem vermeintlichen Glück zwingen. Die AfD hatte zur Sitzung einen Antrag vorgelegt, in dem sie die Aufhebung aller Corona-Beschränkungen forderte. Als das Abstimmungsergebnis bekannt gegeben wurde, jubelten die Reihen der AfD.
Die Diskussion ist geschlossen.
Leider war diese Entscheidung zu erwarten.
Ich würde mir aber dazu wünschen, dass die Menschen, die eine Impfung ablehnen (das ist sicher ihr gutes Recht) auch die Konsequenzen ihre Entscheidung selbst tragen!
Wenn Frau Weidel, Herr Kubiki oder Frau Wagenknecht (ich hätte nicht gedacht, dass ich diese Menschen einmal in einem Atemzug nenne) an Covid erkranken, mögen sie doch auch bitte zu einem Schamanen oder einem Heilpraktiker gehen und sich dort behandeln lassen!
Und nicht zu uns ins Krankenhaus! - die wir seid fast zwei Jahren weit über unsere Belastungsgrenzen diese Verweigerer behandeln (müssen)!
Im Sommer, mit voller Schutzmontur 8 Stunden so arbeiten. Wo immer mehr Kolleginnen ausfallen.
Das ist so egoistisch!
Diese Sitzung war eine karnevalistische Veranstaltung, denn wer das GG kennt, hätte das Thema gar nicht auf die Agende gesetzt, bevor eine entsprechende GG-Änderung vorgelegen hätte.
Weit und breit nur Inkompetenz in der Politik; vielleicht kann man bei Amazon neue Protagonisten bestellen?
Es ist bezeichnend, dass die Koalition selbst keine Mehrheit für die Impfpflicht bereitstellen kann.
Der veraltete Impfstoff schützt Dritte nicht. Er schützt ich nicht vor einer Omikron Infektion. Er kann in manchen Fällen höchstens einen milderen Verlauf bieten.
Da sich aber jeder freiwillig impfen lassen kann und die meisten es sind, die aktuellen Virus Varianten aber wesentlich milder verlaufen, ist die Impfpflicht derzeit unter diesen Bedingungen ein Projekt von gestern.
Jeder sollte das selbst entscheiden dürfen impfen oder nicht, Maske auf oder nicht usw...
Sie entscheiden wohl auch gerne ob sie bei Rot über die Ampel fahren dürfen oder nicht. Im Herbst werden vermutlich die Karten wieder neu gemischt.
@Richard M.:
Dies kann wohl kaum miteinander vergleichen...
Nur damit auch Sie es begreifen: Es ist mein Körper und ich entscheide immer noch ganz allein was ich mir spritzen lasse und was nicht. Und damit keine Zweifel aufkommen: Ich bin 3 fach geimpft. Aber auf FREIWILLIGER Basis. Zwingen lasse ich mich nicht!
@ FRANZ W.
Nur damit es auch Sie begreifen:
Wenn wir im kommenden Herbst/Winter vor einem neuen Lockdown, einer neuen Virus-Mutation stehen wird der von Ihnen über alles gestellten Freiwilligkeit schon auf Druck der Wirtschaft etwas nachgeholfen werden: Entweder durch den Gesetzgeber, Behörden, Veranstalter oder per Zugangsvoraussetzungen festgelegt durch Inhaber des Hausrechts. Im Interesse der Gesundheit aller. Völlig zu recht.
Die Ampel hat keine Mehrheit mehr und dies bereits nach einem halben Jahr. Die Kubicki-Fraktion der FDP zielt auf das Ende von
BK Scholz hin. Dieser sollte die FDP-Minister schleunigst entlassen und Neuwahlen anstreben. Mit der Kubicki/Lindner-FDP gibt es
keine Gemeinsamkeiten. Die FDP ist und bleibt eine Klientelpartei für die Reichen.
Das ist das Kernproblem der derzeitigen Regierung. Der Juniorpartner schafft es tatsächlich, wie ein quengelnder Junior an der Supermarktkasse immer wieder vernünftige Entscheidungen, die sogar parteiübergreifend in der Bevölkerung eine Mehrheit hätten, zu torpedieren. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal dem Spruch vom "lieber nicht regieren als falsch regieren" zustimmen würde. Wäre die Porschefahrerpartei doch bloß bei dieser Haltung geblieben. Jetzt mischen sie überall mit und SPD und Grüne haben nicht die Eier in der Hose, sich gegen den kleinsten Partner durchzusetzen.
Schade. Eine große Chance wurde ungenutzt gelassen. Ab 50 oder 60 Jahrne hätte eine Impfpflicht gehört.
Bei den ab 60 sind fast 89 % doppelt geimpft. Die ungeimpften machen auf Intensiv bei Covid aber 60 % aus.
Diese verpasste Chance dürfen die Pflegekräfte ausbaden dürfen. Natürlich mit Applaus!
@Manuela V.
Wieso Diskriminierung? Wieso dürfen 18-jährige nicht ins Spielcasino gehen? Das ist auch alterdiskriminierend.
Wieso gibt es Rabatte für Senioren? Wieso bekommen bei FCA Dauerkarten ab Personen ab 65 Jahren ermäßigt. Ist eindeutig altersdiskriminierend für die Jüngeren.
P.S: Auch wenn ich U50 bin, ich habe mich freiwillig impfen lassen damit ich das Risiko minimiere den Beklatschten in den KH nicht zur Last zu fallen. Sowas nennt sich Eigenverantwortung.
Dr. Volker Ulrich hat gegen die Impfpflicht gestimmt. Die namentliche Abstimmung ist bereits veröffentlicht.
Vor allem eine schallende Ohrfeige für all diejenigen, die sich hinter dem coronaradikalem Gesundheitsminister versammeln. Das ist nicht mal die Regierungsmehrheit.
Und wenn ich lese, dass Frau Baerbock einen NATO-Gipfel vorzeitig verlassen hat, um für einen kruden Impfpflicht-Kompromiss, jenseits allen dessen, was darunter noch im Dezember subsumiert wurde, zu stimmen, frage ich mich, wo diese Frau die Prioritäten setzt. Ich stelle mir das Gespäch vor: „Frau Baerbock - wir beraten gerade über mehr Krieg und hoffentlich baldigen Frieden in Europa und wie wir einen durchgeknallten Massenmörder, der auf unseren Heizvorräten sitzt, besiegen können - Wo wollen Sie hin?“ „In den Bundestag, für die Impfpflicht ab 60 mit Beratung und 1000 Ausnahmen stimmen!“ - und dann die Gesichter von Spaniern, Britten, Polen oder Holländern.
Schlimm genug, dass in Deutschland erst ein blutiger Krieg in der Ukraine den Corona-Wahn beerdigen konnte. Aber ein Minister, dem so klar gesagt wird, dass nichts von dem was er zu gedenkt noch zugelassen werden wird, muss seinen Hut nehmen.
Wann macht Karl Lauterbach das Amt frei?
Herr Thomas T., das mit dem Klima beschreiben Sie sicherlich richtig. (Also gemeint: das Klima beim NATO-Treffen. Das Klima in Verbindung mit der Erderwärmung scheint dieser Tage eh kaum Bedeutung zu haben.) Nur wenn ich die Überschriften meiner Google-Ergebnisse lese, dann hat Olaf Scholz Frau Baerbock zurückgerufen. Sie hat ihre Teilnahme beim NATO-Treffen wohl auch nur unterbrochen. Klar, in Sachen Klima ist das eher unbedeutend; hat allenfalls Bedeutung hinsichtlich des Klimas innerhalb der Ampel.
Herr Thomas T.,
wenn ich mir Ihre Kommentare anschaue, dann frage ich mich, wer
ein Corona Radikaler und Corona Wahnsinniger ist ?
Interessant was Sie sich so verstellen. Nichts wissen, aber immer alles besser wissen wollen. Die miese Parteipolitik der Union übersehen Sie wohl grundsätzlich.
Jawoll!!! Ich lasse mir doch nicht vorschreiben mich zum Impfen lassen nur weil ich 60 bin - das ist Diskriminierung der Älteren! Entweder alle oder keiner!
Wer als über 60jährige(r) immer noch nicht geimpft ist, der und dem ist ohnehin nicht mehr zu helfen. Mein Mitleid für diese Leute hält sich sehr in Grenzen, wenn sie schwer erkranken. Leid tut mit allerdings das medizinische Personal auf den Intensivstationen, das ab kommenden Herbst deretwegen wieder bis zur Erschöpfung arbeiten müssen wird.
Schade, dass die durch miese Wahlergebnisse und schlechte Umfragen arg gebeutelten Unionsparteien dieses so wichtige gesellschaftliche Thema nun für Parteipolitik missbraucht haben. Aber auch der Bundestag als Ganzes hat versagt. Die Rechnung dafür werden wir im nächsten Herbst bekommen.
Wer geimpft gebooster und evtl. nochmals einen 2. Boosterimpfung hat braucht sich doch keine Sorgen diesbezüglich machen oder?
@Alfred W.
Auch einer geboosterten Pflegekraft wird das sich nicht um sich sorgen machen nichts bringen.
Im Herbst werden nochmals weniger Intensivbetten da sein. Was bringen Betten wenn niemand da ist, der die Pflege macht?
Es wird beispielweise breits nach 2 Wochen über Tankrabatt diskuttiert, weil die Spritpreise hoch gegangen sind. Ich würde sagen, dass ein abendliches Klatschen auf dem Balkon als Ausgleich für die Autofahrer reichen muss. Bei den Pflegekräften hat es jahrelang gereicht.
Eine schallende Ohrfeige für die Regierung. Wann gibt es Neuwahlen?
Ach, das was die Union eingebrockt hat wird nicht die Regierung ausbaden, sondern immungeschwächte ältere Menschen und Pflegekräfte. Es wird wohl nie ihr Ding sein, etwas über den Suppenteller zu schauen.