Mit dem Amoklauf in Buffalo ist der amerikanische Horror zurück
Der Anschlag in Buffalo war offenbar rassistisch motiviert. Und er zeigt: Mal wieder wurden Warnsignale übersehen. Zum Beispiel der "Berufswunsch" des Täters.
Was bleibt, sind Trauer, Verstörtheit und Wut. Präsident Joe Biden und seine Frau Jill wollen an diesem Dienstag nach Buffalo reisen, dem Schauplatz des jüngsten Massakers in den USA, um den Bewohnern und Bewohnerinnen Trost zuzusprechen. Einmal mehr fragen sich die Kommentatoren und Journalistinnen des Landes ratlos, wie es so weit kommen konnte. Aufgebrachte Anhänger der Black Lives Matter-Bewegung protestieren in der Stadt am Erie-See. Doch über allem liegt die bedrückende Ahnung, dass auch dieses Blutbad an den Fehlentwicklungen der amerikanischen Gesellschaft und Politik wenig ändern wird.
Am Samstag war ein 18-Jähriger mit Militärkleidung, kugelsicherer Weste und einem halbautomatischen Sturmgewehr der Marke Bushmaster in einen Supermarkt im überwiegend afroamerikanischen Ostteil von Buffalo eingedrungen. Auf dem Kopf trug der inzwischen wegen Mordes angeklagte Payton G. einen Helm mit einer Kamera, über die sein offenkundig rassistisch motivierter Anschlag auf der Plattform Twitch gestreamt wurde. Kaltblütig erschoss er zehn Menschen und verletzte drei weitere. Fast alle Opfer waren Schwarze.
Schütze von Buffalo nannte "Selbstmordattentäter" als Berufswunsch
„Diese Person ist hierhergekommen mit der ausdrücklichen Absicht, so vielen schwarzen Menschen wie möglich das Leben zu nehmen“, sagte Buffalos Bürgermeister Byron Brown. Ein 180-seitiges antisemitisches und rassistisches Pamphlet im Internet, das nach Einschätzung der Ermittler von Payton G. stammt und sich unter anderem auf den rechtsextremen norwegischen Massenmörder Anders Behring Breivik bezieht, lässt wenig Zweifel an der Motivation zu. Der Täter ist offenbar ein Einzelgänger, der trotz alarmierender Signale nicht aufs Radar der Behörden geriet. Er konnte sich dank der laxen Waffengesetze ein Schnellfeuergewehr kaufen. Und er radikalisierte sich mit Verschwörungsideologien, die in nur wenig abgeschwächter Form vom rechten Sender Fox verbreitet und von führenden Republikanern und Republikanerinnen geteilt werden.
Spätestens im vergangenen Juni war Payton G. auffällig geworden, als er im Rahmen eines Schulprojekts auf die Frage nach seinem Berufswunsch „Selbstmordattentäter“ angab. Der damals 17-Jährige wurde zu einem psychologischen Test geschickt. Doch danach passierte nichts mehr. Das Attentat hatte er nach Erkenntnis der Behörden seit Monaten geplant und war dazu aus seinem Heimatort Conklin mehr als 300 Kilometer nach Buffalo gefahren, weil hier nach seinen Recherchen der Anteil der schwarzen Bevölkerung besonders hoch ist.
Den ideologischen Überbau für das Massaker lieferte offensichtlich die Verschwörungsideologie vom „White Replacement“, also dem angeblich gezielt geplanten Austausch der weißen US-Bevölkerung durch Schwarze und Migranten. Diese Hasslehre hat nicht nur schon mehrere Attentäter in den USA angetrieben, sie breitet sich auch immer weiter aus. Fox-Moderator Tucker Carlson hat laut der New York Times in mehr als 400 Sendungen behauptet, die Demokraten wollten das Land durch Einwanderung verändern und so ihre politische Mehrheit sichern. Die New Yorker Republikanerin Elise Stefanik sprach kürzlich von einer „permanenten Wahlmanipulation“ der Demokraten durch illegale Zuwanderung.
Republikaner tauchen nach Anschlag von Buffalo ab
In einem bemerkenswerten Tweet machte die von der Partei geschasste republikanische Abgeordnete Liz Cheney die Führung der Republikaner für die Ausbreitung des gewaltbereiten Rassismus mitverantwortlich. Doch solche Warnungen verhallen in dem mehrheitlich Trump-treuen Lager ungehört. So tauchte die Parteiführung nach dem Terrorakt von Buffalo weitgehend ab. Führende Demokraten forderten schärfere Waffengesetze. Doch haben sie die schon nach dem Schul-Attentat von Parkland nicht umsetzen können. Ein für europäische Verhältnisse mildes Gesetz, das im Repräsentantenhaus beschlossen wurde, hat keine Chance auf die erforderliche Mehrheit im Senat.
Die Diskussion ist geschlossen.