Es geht nicht darum, ob man die Meinung der Ex-Kanzlerin über die AfD teilt – es geht ums Prinzip. Und das ist entscheidend.
Zumindest bei diesem Thema braucht sich Ex-Kanzlerin Angela Merkel gerade nicht über mangelnden Zuspruch zu beschweren. Dass sie sich vom Bundesverfassungsgericht eine Schelte einfängt, weil sie sich im Zuge einer Wahl gegen die AfD geäußert hat, halten nicht wenige für kleinkariert und weltfremd. Immerhin habe sie nur ausgesprochen, was das Land (zumindest große Teile davon) gedacht hat: Dass sich die CDU von der AfD helfen ließ, war ein schlechter Tag für die Demokratie. Und doch gelten für einen Kanzler, für eine Kanzlerin andere Regeln. Sie sind zur Neutralität verpflichtet.
Der Rechtsstaat muss politisch neutral bleiben
Deshalb ist das Urteil nicht nur richtig, sondern wichtig. Denn es zeigt: Der Zweck heiligt keineswegs die Mittel, Regeln gelten auch dann, wenn diejenigen, die gegen sie verstoßen, das im stillen Einverständnis der Mehrheit tun. Dieser rechtsstaatliche Grundsatz ist ganz entscheidend für eine Demokratie. Denn nur so wird sichergestellt, dass deren Prinzipien auch dann noch hochgehalten werden, wenn jemand an der Regierung ist, dessen Einschätzungen und dessen Vorgehen man nicht teilt.
Die Diskussion ist geschlossen.
Um dieses Urteil zu fällen hat sich der Gerichtshof so lange Zeit gelassen, bis Merkel im Ruhestand ist und somit ohne Konsequenzen bleibt. Das hat Ihr Freund Habarth schon richtig geplant.
Was soll die ganze Aufregung hier?
Was gibt es da noch zu klären?
Einerseits sagt Frau Merkel, „ich werde mich nicht entschuldigen“ (z. B. zuletzt im am 09.06.2022 von Frau Hufnagel verfassten Artikel), andererseits ist davon auszugehen, dass sie diese „Schelte“ vom BVerfG schon schmerzt und deshalb künftig nicht mehr die Neutralitätspflicht einer Bundeskanzlerin verletzt.
"Sich von der Linkspartei (Ex-SED) helfen lassen" - ist aber ok ?!
>> Dass sich die CDU von der AfD helfen ließ… <<
Einen FDP Kandidaten in geheimer Wahl zum Ministerpräsidenten zu wählen, half der CDU ??
Geheime Wahl geht ja gar nicht, es sollte alles wie im Zarenreich eine ganz transparente Führerentscheidung sein. Da kann sich die Afd dann nicht einfach dazwischen drängen. Warme Wohnungen und eine stabile Währung hätten wir dann auch…
"es sollte alles wie im Zarenreich eine ganz transparente Führerentscheidung sein."
Wie kommen Sie denn in diesem Zusammenhang ausgerechnet auf das Zarenreich? Wenn es um die AfD geht läge doch eine tausendjährige deutsche Periode bedeutend näher.
Finden Sie nicht?
@ Herrn Kr.:
So abwegig ist der Vergleich mit dem Zarenreich nicht.
Es geht hier ja nicht primär um die AfD, sondern um Frau Merkels Einschätzung der Wahl von Herrn Kämmerich, nämlich ""daß dieser Vorgang unverzeihlich ist und deshalb auch das Ergebnis wieder rückgängig gemacht werden muss".
Zar Nikolaus II. verfügte, nachdem er die Arbeit und Zusammensetzung der Duma 1907 für "unbefriedeigend" hielt, ebenfalls deren Auflösung und Neuwahl. Der durfte das damals aber noch... ;-)
Herr STEFAN R.:
Zum Glück war mit dem Zaren-Feudalismus dann 1917 Schluss . . .
@ Herrn Kr.:
Ja, ob das die Russen nach dem Putsch der Bolschewiki, dem folgenden blutigen Bürgerkrieg und schließlich Stalins Terrorregime immer noch als Glück betrachteten, kann und will ich nicht beurteilen.
Frau Merkel jedenfalls wird vermutlich über das Urteil 6 Monate nach ihrer Amtszeit achselzuckend hinweggehen. Dieses Glück war den Romanovs, wie wir wissen, nicht beschieden.
Herr STEFAN R.:
Bei politischen Entwicklungen machen wir immer wieder den großen Fehler, zu übersehen, was z. B. dem Aufkommen der Bolschewiki, der Nazis und auch dem russischen Angriff auf die Ukraine vorausging.
Bei den Bolschewiki war es das Feudalsystem des Zarismus unter dem es dem gemeinen Volk sehr dreckig ging, bei den Nazis die Millionen hungernder deutscher Arbeitslosen und die empfundene Demütigung der Deutschen nach dem verlorenen 1. Weltkrieg.
Zu den Ursachen des Ukrainekrieges und der Verantwortung der NATO hat der mutige, dafür viel gescholtene Papst Franziskus n. m. A. viel Richtiges gesagt. Er verurteilt den Angriffskrieg Russlands klar, doch ein "weiser" nicht genannter Staatschef habe ihm das kommende Unheil so prophezeit:
„Sie bellen vor den Toren Russlands und sie verstehen nicht, dass die Russen imperial sind und keiner fremden Macht erlauben, sich ihnen zu nähern. Die Situation könnte zu einem Krieg führen.“
Zumindest die Kuba-Krise 1963 zeigt: Man könnte "Russland" und "Russen" durch "USA" und "Amerikaner" ersetzen und läge nicht falsch.
@ Herrn Kr.:
Da gebe ich ihnen uneingeschränkt Recht.
Man muß allerdings auch sehen, daß es nicht die NATO war, welche die ehemaliger Warschauer-Pakt- und Sowiet-Staaten zu einem Beitritt drängte, sonden es die Staaten selbst waren, die so schnell wie möglich in das Bündnis drängten. Vermutlich aufgrund der Erfahrungen, die sie vorher mit ihrem großen Nachbarn und "Bruder" machten, und die sie sich zukünftig zu ersparen hofften.
Das mitunter großspurige Auftreten des Westens und insb. der USA, sowie das Beiseitewischen russischer Interessen (ist ja nur noch eine "Regionalmacht"...) dürfte aber, auch hier gebe ich Ihnen Recht, viel zu der heutigen Situation beigetragen haben. Vielleicht wäre das mit mehr diplomatischem Geschick vermeidbar gewesen. Ich weiß es nicht.
Wir leben in einer Demokratie und einem Rechtsstaat, insofern müssen sich unbequeme und unbeliebte Ansichten und Parteien toleriert und nach den bestehenden Gesetzen behandelt werden. Das gilt eben auch für die AFD solange sie nicht verboten ist. Zur Sicherung haben wir den Verfassungsschutz und das Bundesverfassungsgericht. Das Urteil war richtig, um den Rechtsstaat zu schützen.
Das zeigt einmal mehr die "Unabhängigkeit" des Bundesverfassungsgerichts.
Das ist nicht der einzige Richterspruch, der gegen Frau Merkel hätte gefällt werden müssen. Was solls, es wäre eine vergebene und kostspielige Liebesmüh, denn keiner vermisst sie.
Wo keine Anzeige - da auch kein Richterspruch. Es sei denn, es handelt sich um ein Offizialdelikt, das von Amts wegen verfolgt wird.
Anzeigen gibt es nicht beim Bundesverfassungsgericht. Klage wegen einer Grundrechtsverletzung muss erhoben werden. Die heißt Verfassungsbeschwerde und muss vom BVerfG überhaupt erst mal angenommen werden. Das wird sie in der Regel, wenn sie eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung hat oder wenn dies zur Durchsetzung eigener verfassungsmäßiger Rechte des Beschwerdeführers oder der Beschwerdeführerin angezeigt ist.